Schwarzer Rauch
Erst als er uns mit seinem »Wow, was ist das denn?« begrüßte, zuckten wir vor Schreck zusammen und sahen ihn grimmig an. Warum musste er doch gleich dabei sein?
»Das sind zwei Elfen, zwei Vampire und ein Werwolf.« Vics Sarkasmus war nicht zu überhören.
Elrics Stimme klang ähnlich: »Ach ne, woher weißt du das denn?«
»Schluss jetzt«, beendete ich diesen kindischen Dialog. Ich wollte, konnte und durfte nicht verpassen, was auf der anderen Seite der Wand passierte. Ich durfte keinen Onyx übersehen.
Die beiden sahen mich kurz an, wandten sich ebenfalls dem »Fenster« zu und beobachteten, was dort vor sich ging. Vic flüsterte ihm zu: »Sie werden jetzt das Begrüßungsritual abhalten.«
»Begrüßungsritual? Nie davon gehört.«
»Ich auch nicht«, gab Vic mit einem Schmunzeln zu.
»Du bist ja auch nicht wie ich. Schließlich bin ich mit dem allem hier aufgewachsen. Aber ein Begrüßungsritual? Das funktioniert bei uns so wie bei den Menschen. Man sagt »Hallo«, gibt sich vielleicht noch ein Küsschen auf die Wange. Das war’s dann. Also was soll das hier?«
Nun musste ich doch grinsen. So blöd war er ja gar nicht. Immerhin wusste er, oder schien zu bemerken, dass hier etwas nicht stimmte. Ich überlegte und sandte Vic meine Gedanken. Sie nickte mir nur kurz zu und so begann ich, Elric unsere Geschichte zu erzählen. Nicht die ganze. Die verräterischen Absichten meinerseits und das Buch ließ ich erstmal außen vor. Auf Nachfrage konnte ich immer noch die genaueren Hintergründe erläutern. Aber es kamen keine Rückfragen. Elric war so beeindruckt, jemanden der »alten Familien« kennenzulernen, dass er dem Rest nicht sonderlich viel Beachtung schenkte. Selbst die Hexensache schien ihn weniger zu interessieren als die Tatsache, dass er endlich jemanden gefunden hatte, der ebenso viele Geheimnisse herumtrug wie er selbst - schon sein Leben lang. Als ich ihm erzählte, dass mein Vater uns mit einem bösen Fluch belegt hatte, der unseren Tod besiegelte, klang er ernsthaft schockiert. Mein Blick glitt wieder zu dem »Fenster« und ich berichtete, was im Raum vor sich ging.
Elric schien in keiner Weise davon beeindruckt zu sein, dass er mit zwei Verdammten in einen Raum gepfercht war, die auch noch einen Schlag gegen einen der mächtigsten Hexenzirkel der Welt planten. Er fand alles aufregend. Seine Eltern hatten ihr ganzes Leben dem Kampf gegen die dunkle Seite gewidmet, ebenso der Rest seiner Familie. Sein Stammbaum wimmelte von Elfen und Feen, aber auch die anderen standen schon immer im Kampf gegen das Böse, ließen sich nur niemals dafür verpflichten.
Das Fazit: Seine Familie war so gut, wie meine böse war. Er war das Licht, ich war der Schatten. Dieser Gedanke blieb lange in meinem Kopf hängen und lenkte mich ab. Erst durch einen Stoß in die Seite, den ich Elric zu verdanken hatte, konzentrierte ich mich wieder auf das Geschehen im Konferenzraum.
»Wo sind denn nun unsere großartigen Neulinge? Kommen sie etwa zu ihrer eigenen Begrüßung zu spät?«, fragte eine Dame mit silbergrauem Haar. So wie sie aussah, im Hinblick darauf, dass wir nur ganz langsam altern, könnte sie schon beinahe zur Erstbesetzung des Rates gehört haben. Was auch ihren etwas herablassenden Ton erklärt hätte.
»Sie werden gleich eintreffen. Ich möchte euch vorher aber um etwas bitten«, sprach Aurelia in einem ruhigen und neutralen Ton. »Da die beiden so früh eine so wichtige Aufgabe übernehmen sollen, möchte ich mit euch ein unterstützendes und aufbauendes Ritual abhalten. Ich selbst weiß noch als wäre es gestern gewesen, wie viel Druck mit der Wahl zum Debütanten entsteht. Diesen möchte ich unseren Neulingen ersparen. Seid ihr dabei?«
Ein zustimmendes Nicken ging um den Tisch. Mehrere von ihnen schienen unter den Debütanten ihrer Zeit gewesen zu sein.
»Dann lasst uns beginnen. Präsentiert mir bitte eure Steine, damit wir unserem Schöpfer unsere Ehre erweisen und unsere Macht bündeln können.«
Einige der Personen um den Tisch zögerten. Die anderen schienen sie aber mit ihrem schnellen Handeln und den verachtenden Blicken zu überzeugen, ebenfalls die Mondsteine zu offenbaren. Ich blickte durch das Obst des Stilllebens und sah mir jede Kette genau an.
Es waren sehr schöne und teilweise außergewöhnlich große Mondsteine dabei, selbst der des Werwolfs war bemerkenswert. Er musste über starke Kräfte verfügen. Bislang hatte ich aber keinen Onyx entdecken können. Ich wollte Vic schon
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