Schwarzer Rauch
mein Okay geben, als meine Augen noch einmal ihre Runde zogen und bei einem Mann verharrten.
Er hatte seinen Mondstein wie gewünscht auf seiner Handfläche liegen, doch der Rest der Kette wurde von seinen langen dunkelbraunen Haaren bedeckt, die entgegen dem Codex, unserer Art Knigge, für einen offiziellen Anlass nicht zusammengebunden waren. In Windeseile sandte ich die Beschreibung des Mannes und meinen Verdacht an Vic. Sie lief sofort zu dem Ornament zwischen den Bildern und schickte die Gedanken an Aurelia weiter.
Diese reagierte sofort. »Ronaldo, hast du vor lauter Eile etwa vergessen, dass es sich hier um einen offiziellen Anlass handelt oder machst du neuerdings Werbung für Shampoo?«
Zwei der weiblichen Ratsmitglieder kicherten verhalten und schauten verlegen zur Seite. Dieser Ronaldo jedoch fand die Bemerkung nicht sehr amüsant. Für einen winzigen Augenblick verzog er sein Gesicht, ehe er sich wieder fing und ein vermutlich charmantes Lächeln aufsetzte. »Für euch mache ich doch alles, meine Damen.«
In dem Moment, in dem er sein Haar hinter seinem Kopf zusammenfasste und flink ein kleines Haarband drapierte, sah ich ihn. Ein noch beinahe unsichtbarer Onyx, der in der Fassung eines bisher nicht aufgestiegenen Hexers baumelte. Mein Puls schnellte in die Höhe. Vic trat sofort neben mich und ich deutete auf den Verräter. »Dieser Ronaldo ist ein Abgesandter der Dunkelheit. Er hat einen niederen Stand und muss recht neu dabei sein. Aber er gehört definitiv zu den Hexen.«
Victoria sandte unsere Entdeckung an Aurelia. Diese reagierte in Sekundenschnelle und warf einen Bannkäfig auf Ronaldo, dem sofort ein schmerzvolles Keuchen entfuhr. Alle Anwesenden waren schockiert von Aurelias Verhalten und sahen sie fragend und teils vorwurfsvoll an.
»Nun, liebe Freunde, möchte ich euch gleich die Wahrheit über unser heutiges Treffen erzählen. Aber da wir unser Geheimnis gut hüten müssen, muss ich vorher noch eine traurige Mitteilung machen: Unser guter alter Freund Ronaldo hier ist Mitglied eines Hexenzirkels.«
Schockierte und erstaunte Gesichter unterstrichen die »Was?«- und »Nein!«-Rufe, die die Runde machten. Die silberhaarige Frau fand ihre Sprache zuerst: »Wie kommst du darauf? Ronaldo gehört seit Dekaden zu unseren wichtigsten Informanten, wenn es um die Aufdeckung von Hexenmachenschaften geht.« Der Ton der Alten klang, als würde sie an Aurelias Verstand zweifeln.
»Dann scheint es mir wohl, dass er diese Informationen aus erster Hand hat, teuerste Sofia«, gab diese barsch zurück. »Er ist noch nicht lange einer von ihnen, aber er gehört dazu. Frag ihn doch einfach selbst.«
Sofia wandte sich an Ronaldo und musterte ihn lange Zeit. Dann setzte sie eine Miene auf, die den Verhörton, den sie anschlug, nur unterstrich. »Ronaldo, Gesandter aus Rom, was sagst du zu den Vorwürfen?« Sie blickte ihn mit ihren silberblauen Augen an, als wäre die Antwort auf seine Stirn geschrieben. Da er zögerte, sprach sie weiter: »Bevor du mir antwortest, möchte ich dir nur noch einmal erzählen, wen du vor dir hast, sofern es dir entfallen sein sollte. Ich bin Sofia, Wächterin des Lichts und – so werde ich hinter meinem Rücken genannt – der menschliche Lügendetektor. Ich bevorzuge ja die Bezeichnung Polygraf, aber die scheint sich nicht durchzusetzen. Ganz gleich, welche Lüge deine Worte enthalten, ich werde sie sehen. Also hüte dich, meinen Zorn auf dich zu ziehen und antworte mir. Jetzt.«
Sie sah Ronaldo weiterhin hypnotisch an. Dieser schluckte mehrmals und begann zu sprechen. Leider konnten wir nichts hören.
»Oh, Verzeihung.« Aurelia deutete kurz mit ihrer Hand auf den Bannkreis und dieser wurde etwas durchlässiger.
»… ich kann nur sagen, dass ich diese Anschuldigung nicht nachvollziehen kann. Was habe ich denn getan?« Ronaldo schlug einen Ton an, der an ein getretenes Tier erinnerte. Er wirkte plötzlich nicht mehr so lässig und cool wie zuvor.
»Bislang sagt er die Wahrheit«, flüsterte Sofia Aurelia zu.
Diese schüttelte nur den Kopf und gab zurück: »Du stellst die falschen Fragen! Klar kann er nicht nachvollziehen, warum wir ihn verdächtigen.«
»Ronaldo, bist du Mitglied eines Hexenzirkels?« Sofias Stimme wurde lauter und machtvoller.
»Nein!« war seine knappe Antwort darauf.
Sofias Augen weiteten sich, als hätte sie ein Gespenst gesehen. Dann lief alles wie in Zeitlupe ab. Kaum hatte sie das Wort »Lüge« auf den Lippen, entflammte plötzlich ein
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