Schwarzer Rauch
anklopfte. Tom, unser Pilot, stand mit meinem Vater auf dem Flur.
Tom begrüßte mich förmlich und teilte mir mit, dass Aurelia nicht auffindbar war.
Mein Vater verhielt sich nicht ganz so höflich: »Du siehst nicht gut aus, Elric.« Das hörte doch jeder gerne. Typisch mein Vater.
»Danke, Papa, du auch.«
»Nein, das meine ich nicht. Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
»Nicht ganz. Aber komm doch rein. Ich hatte gerade sowieso an dich gedacht. Ich wollte etwas mit dir besprechen. Danach kann ich dir auch erzählen, was eben passiert ist.«
Mein Vater trat in den Raum und Tom verabschiedete sich. Er würde den Rest der Familie auf ihre Zimmer begleiten.
Mein Vater setzte sich sofort auf den einzigen Stuhl im Zimmer. Also blieb mir nur das Bett. Ich setzte mich und fühlte mich sofort wie ein kleiner Junge, der zu seinem Vater aufschauen musste.
Ganz wie in typischen Vater-Sohn-Gesprächen sah er mir tief in die Augen und drängte mich, ihm alles zu erzählen.
Ich suchte lange nach den richtigen Worten. »Ich … Ich glaube, mit mir stimmt etwas nicht. Vorhin ist etwas geschehen. Ich bin total ausgerastet, war nicht ich selbst. Und das sage ich nicht, weil ich bereue, was passiert ist. Obwohl ich das tue.«
Mein Vater sah mich erstaunlicherweise nicht hasserfüllt, sondern sehr verständnisvoll an. Daher erzählte ich ihm, was am Waldrand passiert war, dass Darian mich ertappt hatte und was direkt vor seiner Ankunft mit mir geschehen war.
»Das klingt für mich aber nicht nach einem Fluch«, bemerkte er nach kurzem Überlegen. »Es muss etwas anderes, etwas Größeres sein. Gefühle zu manipulieren ist bis zu einem gewissen Grad möglich. Aber es ist unmöglich, vorhandene Gefühle komplett auszulöschen. Insbesondere wenn, wie du sagtest, diese Gefühle schon bei deinem ersten Zusammentreffen mit dieser Victoria vorhanden waren.«
Mein Vater dachte noch eine ganze Weile laut vor sich hin, ehe ihm einfiel, mich zu fragen, ob ich noch Schmerzen hätte. Als ich dies verneinte, sinnierte er weiter. Doch er verwarf jede Idee beinahe sofort wieder und so sprachen wir weiter über »die Sache« wie er es nannte. Er war nach wie vor voller Verständnis und erzählte mir sogar von seiner Jugend, als die unterschiedlichsten Gefühle auf ihn eingebrochen waren und er lernen musste, die Wut, die stärkste Verbündete der dunklen Magie, unter Kontrolle zu bekommen.
Mein Vater hatte eine dunkle Vergangenheit, ging aber sehr offen damit um.
»Es war eine schwere Zeit. Dein Großvater hatte mir später einmal erzählt, dass es für die Dunkelheit eine große Versuchung darstellen musste, jemanden aus einer Familie wie der Unseren zu sich zu ziehen. Erst dann konnte ich mir erklären, was die Wut mit uns macht. Mit jedem Mal, in der ich ihr Zugang zu meinem Körper und meinem Geist gewährt hatte, zog sie mich ein wenig weiter auf die dunkle Seite. Von da an lernte ich, sie zu kontrollieren, nicht ihr die Kontrolle über mich zu überlassen.« Papa schwelgte weiter in Erinnerungen. Stolz war auf sein Gesicht geschrieben.
Ich sah auf die Uhr. Stunden waren vergangen, ich konnte gar nicht glauben, dass es bereits nach Mitternacht war.
Es klopfte an der Tür. Ohne auf eine Antwort zu warten, traten meine Tante und meine Mutter ein.
»Die junge Dame ist wieder bei Bewusstsein«, unterrichtete uns meine Tante sofort. Tante Katharina war zu einem kleinen Teil Telepathin. Der größere und mächtigere jedoch war die Heilerin in ihr. »Deine Mutter meinte, dass du das zu allererst wissen wollen würdest.« Tante Katharina - wie immer sehr direkt.
»Mein Schatz, wie siehst du denn aus?«, meine Mutter schien erst jetzt bemerkt zu haben, dass etwas mit mir nicht stimmte. »Katharina, würdest du ihm bitte helfen?«
Meine Tante nickte ihr nur kurz zu und griff dann sofort nach meiner Hand. Schon bei der ersten Berührung zuckte sie zusammen und zog ihre Hand zurück.
»Kind, was ist passiert?«, schrie sie mich an und meine Mutter echote beinahe im selben Moment ihr »Was ist passiert?«.
Dann erzählte mein Vater ihr die Kurzversion meiner Erlebnisse - die Geschichte am Waldrand ließ er aber freundlicherweise aus. Zum Glück. Was ich im Moment definitiv nicht gebrauchen konnte, waren besorgte Blicke meiner Mutter und ihrer Schwester.
»Das muss diese Macht gewesen sein, die ich gespürt habe. Von der ich dir vorhin erzählt habe. Kannst du dich noch erinnern, wie ich zusammengezuckt bin,
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