Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
Vom Netzwerk:
solle selbst
wählen, und nach dem Mittagessen erklärt sie, sie fühle sich wohl, ihre Temperatur
sei normal und sie werde einen Doktor suchen gehen. Ich will sie begleiten,
bestehe aber nicht darauf, als sie sagt, daß sie nicht überall einen Begleiter
braucht.
    Mein Mann verläßt das Haus, um nach dem
Fischteich unten am Damm zu sehen. Ich beneide ihn, wie er so fröhlich
losziehen kann. Die erste Paarung der Karpfen war mißlungen, wie er sagte. Das
zweite Mal hatten sie Glück, als sie die Männchen und Weibchen aus dem
Reservebecken nahmen.
    Ich mache einen der Aale sauber und brate ihn
so, wie er ist.
    Zuvor bringe ich noch Yasukos Decken an die
Luft.
    Gegen vier Uhr kommt der alte Mann vom Dorfladen
rasch herübergelaufen.
    „Da war gerade ein Anruf von der jungen Dame“,
sagt er. „Sie bat uns, Ihnen etwas auszurichten. Sie hat beschlossen, daß es
das beste sei, in ein Krankenhaus zu gehen, in das
Kuishiki-Krankenhaus im nächsten Dorf. Aber es sei nichts besonders Ernstes,
Sie sollen sich keine Sorgen machen, hat sie gesagt.“
    „Sind Sie sicher, daß sie es selbst war?“
    „Ja, es war Fräulein Yasuko.“
    Es traf mich wie ein Schlag aus heiterm Himmel.
Ich fasse mich und schicke ein Telegramm an ihre Eltern mit der Bitte, daß sie
gleich jemand im Krankenhaus besuchen sollte. Dann gehe ich zum Fischteich und
erzähle es meinem Mann. Der macht sich sofort auf den Weg zum
Kuishiki-Krankenhaus.
    Es wird schon dunkel, da kommt wieder der alte
Mann vom Laden angelaufen.
    „Anruf von Ihrem Mann. Er hat es mit Yasukos
Vater besprochen, sie sind übereingekommen, sie im Krankenhaus zu lassen, wie
sie möchte. Ich soll Ihnen sagen, daß es heute abend spät werden kann.“
    „Wie geht es ihr?“
    „Er hat nichts gesagt. Aber ich glaube, es geht
ihr gut.“ Ich erinnere mich jetzt, daß heute morgen mein Herz seltsam zu pochen
begann, als sollte irgend etwas Furchtbares geschehen.
     
    29. Juli. Schön.
    Mein Mann kam gestern abend spät nach Hause. Die Diagnose im Kuishiki-Krankenhaus sah ganz anders aus als
die von Dr. Kajita. Das Fieber, sagen sie, käme von den Abszessen. Die Abszesse
sind nicht auf einen einzigen Bazillus zurückzuführen, sondern auf eine
kombinierte Infektion, verursacht durch ein Zusammenwirken verschiedener
Erreger. Kurz gesagt, sie haben neben einer milden Form von Strahlenkrankheit
andere Komplikationen festgestellt und ihr eine Tuberkulinspritze gegeben.
    Vormittags gehe ich auf meinem Weg zum
Krankenhaus kurz in den Laden, um mich zu bedanken, daß sie gestern abend rübergekommen sind. Der alte Mann erzählt, er habe
gestern nachmittag Yasuko aus der Kuroda-Klinik kommen
sehen. Sofort fügt Frau Yoshimura, die zufällig auch im Laden ist, hinzu:
„Jetzt, wo Sie es sagen, fällt mir ein, ich habe sie auch gesehen. Sie trug
doch einen gelben Sonnenschirm, nicht? Ich habe gesehen, wie sie in die
Omura-Klinik ging.“
    Das einzige Mädchen im Dorf mit einem gelben
Sonnenschirm ist Yasuko. Frau Yoshimura sah den Sonnenschirm um halb drei, und
der Mann aus dem Laden ungefähr um eins. Sie muß also zuerst zur Kuroda-Klinik
gegangen sein, dann zur Omura-Klinik und schließlich zum Kuishiki-Krankenhaus.
Es ist schon so, wie man sagt: Krankheit bringt einen völlig durcheinander. Man
schwankt und ändert seine Meinung von einem Augenblick zum ändern, ist voller
Zweifel, grämt sich, klammert sich an jeden Strohhalm, egal, welchen...
    Das Kuishiki-Krankenhaus ist mit Mörtel und
Holzfachwerk gebaut und wirkt dadurch wie ein Gebäude im westlichen Stil. Das
Zimmer, wenn auch ziemlich klein, ist hell und gut durchlüftet. Ein Vorhang
verdeckt das Bett zur Hälfte. Sowie Yasuko mich sieht, fängt sie an zu weinen.
Sie setzt sich nicht auf. „Es tut mir leid, daß ich nur an mich gedacht habe“,
sagt sie und verbirgt das Gesicht im Kissen. Ich gehe nicht darauf ein, spreche
nur von dem gebratenen Aal, den ich mitgebracht habe, und erzähle ihr, was ich
so von der Karpfenaufzucht aufgeschnappt habe. Ich hätte mir den Atem sparen
können, denn ich erreiche damit nur, daß sie völlig die Beherrschung verliert.
    Um zehn Uhr macht der Chefarzt Visite.
Tuberkulinreaktion negativ, Temperatur 37,8. Ich verlasse das Zimmer, solange
er mit der Behandlung des Abszesses zu tun hat. Ich beobachte eine Weile die
Karpfen im Zierteich, dann gehe ich wieder hinein. Im Flur treffe ich Dr.
Kuishiki, halte ihn an und spreche mit ihm.
    Er erzählt mir, in der vergangenen Nacht habe
eine Schwester auf

Weitere Kostenlose Bücher