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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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Hiroshima zu fahren und unterwegs weiter nachzudenken.
    Es war immer noch früher Morgen, kein Lüftchen
regte sich, und der Rauch von den Leichenverbrennungen am Fuße der Anhöhen und
am Flußufer stieg kerzengerade in die Höhe. Die Rauchsäulen wurden weniger, als
wir näher ans Stadtgebiet kamen; dafür gab es einen einfachen Grund: Die
Schwerverwundeten, die aus der Stadt bis in die Außenbezirke geflohen waren,
hatte der Tod schnell ereilt, während die Opfer, die aus den Außenbezirken
weiter aufs Land geflohen waren, gestern abend den Tod gefunden hatten.
    Ein Mann mittleren Alters, der im Zug neben mir
saß, war voller neuester Nachrichten. Die Sowjetarmee hatte nicht nur die
sowjetisch-mandschurische Grenze überschritten, sondern war in einer großen
Welle südlich gerollt und hatte auch die Grenze zwischen der Mandschurei und
Korea überquert. Und: Die Sowjetunion besaß möglicherweise eine ähnliche Bombe
wie die von Hiroshima. Und: Wenn die amerikanischen Streitkräfte Japan
besetzten, würden vermutlich alle Japaner kastriert werden. Und: Gesunde
Menschen, die nach dem Bombenabwurf nach Hiroshima kamen, starben, weil die
Bombe Giftgas enthielt. Tatsächlich sei ein Fallschirm mit Giftgas versehen
gewesen, der andere mit der Bombe. Und: Von den hundertneunzig Ärzten, die es
vor dem Bombenabwurf in Hiroshima gab, waren über hundertzwanzig gestorben...
    Er war ein einfach aussehender Mann in
abgetragenen dunkelblauen Reithosen, aber er hatte für alles, was ich fragte,
eine Antwort parat. (Später allerdings stellte es sich heraus, daß seine
Informationen viele Irrtümer enthielten.)
    Die Sonne reflektierte so stark in den
Glasscherben auf der Straße zwischen den Ruinen, daß man nur mit Mühe den Kopf
beim Gehen aufrecht halten konnte. Der Leichengeruch war etwas schwächer als am
Tag vorher, aber dort, wo die Häuser sich in ziegelbedeckte Haufen verwandelt
hatten, stank es widerlich, und große schwarze Fliegenschwärme schwirrten
darüber. Die Bergungstrupps, die die Ruinen durchsuchten, schienen Verstärkung
bekommen zu haben, denn ich sah Männer, deren Kleidung zwar durch häufiges
Waschen ausgebleicht, aber noch nicht von Schweiß und Schmutz befleckt war.
    Ich streifte ziellos umher und kam zu den Ruinen
des Kohlenerfassungsamtes. Mehrere Zettel waren auf dem Platz angebracht, und
immer wurde nach dem „provisorischen Sitz“ des Amtes gefragt. Aber nirgends der
geringste Hinweis auf eine Auskunft. Da war nichts zu machen, und doch mußte
ich etwas unternehmen. Ich zerbrach mir den Kopf, und plötzlich fiel mir ein,
daß ich an der Strecke nach Hesaka einen Kohlenberg gesehen hatte, und zwar bei
Oda, ungefähr auf halbem Wege zwischen den Stationen Hesaka und Yaguchi. Ich
war diese Strecke im Frühjahr und Frühsommer dieses Jahres dreimal hin- und
hergefahren, und jedesmal hatte ich ihn gesehen — einen großen Haufen guter
Qualitätskohle.
    Als Rohmaterial für die Bekleidung, die unsere
Firma herstellte, benutzten wir Hanf, der vor der Verarbeitung gebrüht und
getrocknet werden mußte, und im Materiallager gab es immer einen so großen
Vorrat, daß es für die Arbeit von einer Woche oder zehn Tagen reichte. Folglich
war noch genügend Hanf vorhanden, um den Betrieb bis nach dem zwanzigsten des
Monats in Gang zu halten, aber die Kohlenvorräte hatte man fast verbraucht.
Inzwischen neigte sich der Tag seinem Ende zu, und es hatte keinen Sinn mehr,
weiter herumzulaufen und herauszufinden, was mit dem Leiter des Erfassungsamtes
geschehen war, und so beschloß ich, den Besitzer der Kohle an der Hesaka-Straße
ausfindig zu machen, um eventuell mit ihm ins Geschäft zu kommen.
    Das Dorf Oda liegt am Hauptarm des Ota-Flusses,
auf der anderen Seite von Furuichi, wo unsere Fabrik steht. An sich lag es
nicht auf meinem Wege, aber ich konnte in dem schattigen Gelände am Fuße der
Anhöhen der Eisenbahnlinie nach Geibi folgen und dann den Fluß direkt gegenüber
dem Betrieb in Furuichi überqueren. Ich entschloß mich für diesen Weg,
kletterte auf den Bahndamm und begann meinen Marsch.
    Unterwegs merkte ich, daß ich das Bündel mit
meinem Essen auf einem Fundamentsockel am Erfassungsamt liegengelassen hatte,
aber ich konnte es mir nicht leisten, noch einmal zurückzugehen. Neben den
Schienen, unter Bäumen, auf freien Stellen und an den Ecken von Feldern traf
ich auf provisorische Hütten, die sich Flüchtlinge errichtet hatten. Man hatte
alles mögliche Material, das sich finden ließ,

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