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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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Morgens dem
Schädel des Abends. Ein Hauch vom Wind der Veränderung, und die hellen Augen
schließen sich...“
    Ich nahm meine Gamaschen ab und zog mir Stiefel
und Hosen aus. Ich wickelte alles in mein Unterhemd und band es mit meinem
Gürtel zusammen, damit es sich leichter durchs Wasser tragen ließ.
    Wir hatten lange heißes, sonniges Wetter gehabt,
und selbst an der tiefsten Stelle reichte mir das Wasser nur bis zu den Hüften;
aber mehr als einmal rutschte ich auf einem Stein aus und setzte mich ins
Wasser.
    Im Gegensatz zum linken Flußufer war die rechte
Seite übersät von unzähligen behelfsmäßigen Krematorien. Von meinem Standort
aus konnte ich sie stromaufwärts und stromabwärts sehen; sie schwelten noch,
und ihr Rauch trieb zum Wasser. Ich eilte geradeaus über den Sand, stieg die
Böschung hoch und kletterte neben einem Reisfeld inmitten des warmen, schweren
Duftes von Sommergräsern wieder bergab. Meine Unterhosen waren naß, deshalb zog
ich meine anderen Kleidungsstücke nicht an und wanderte den Weg zwischen den
Feldern entlang, überquerte die Straße von Furuichi und ging zu unserem Heim
zurück. Es war noch hell, aber niemand, dem ich begegnete, nahm Anstoß an
meinem bloßen Körper. Man hatte genügend andere wie mich gesehen, Flüchtlinge,
die praktisch mit nichts auf dem Leibe geflohen waren.
    „Ich bin wieder da!“ rief ich. „Bin über den
Fluß gekommen. Die Strömung ist erstaunlich stark, wenn man erst mal drin ist.
Shigeko! Ich bin am Verhungern!“ Ich sagte Shigeko nicht, daß ich mein Essen
zwischen den Ruinen hatte liegenlassen; das hätte das Gefühl des Verlustes nur
verstärkt.
    Wenn ich hungrig bin, wird meine Stimme leicht
heiser, jedenfalls lauter als gewöhnlich. Während ich mich in dem Bach hinterm
Haus wusch, beschrieb ich Shigeko mit lauter Stimme meinen Rückweg auf den
Gleisen der Geibi-Linie. Ich erzählte ihr auch von den Leuten, die ein Bad in
der Ölpapiergrube zubereiteten wie die Bergbewohner.
    Ich war noch nicht fertig, als sie aus dem Haus
kam und ein Paar Unterhosen, einen Baumwollkimono und eine Schärpe brachte.
„Der Geschäftsführer ist da und will mit dir sprechen“, sagte sie mit wichtiger
Miene.
    Ich vermutete gleich, daß er gekommen war, mich
zu drängen, irgend etwas wegen der nächsten Kohlenlieferung
zu unternehmen. Das mußte es sein, dachte ich — das war zu erwarten. Hastig zog
ich den Kimono über und ging zurück ins Haus, wo ich Herrn Fujita im Eingang
auf der Stufe sitzend vorfand. Er trug, was bei ihm sonst nicht üblich war,
japanische Kleidung, und neben ihm stand ein viereckiger Holzkasten, innen mit
Fächern versehen, wie man ihn zum Transportieren von Mahlzeiten benutzt.
    „Es freut mich, Sie zu sehen, Herr Fujita!“
sagte ich. „Ich wollte nach dem Abendbrot zu Ihnen kommen. Dabei hatte ich auch
heute wieder kein Glück mit der Kohle.“
    „Sehen Sie, Shizuma“, begann er, ohne von meinen
Bemerkungen Notiz zu nehmen. „Ihre Frau erzählte mir heute früh, daß sie mit
Ihrer Nichte nach Hause aufs Land zurückkehren will. Sie sind ausgebombt,
folglich wird es keine Schwierigkeiten geben, die Genehmigung zu bekommen. Aber
ich dachte, das wenigste, was ich tun könnte, wäre, ein Essen für heute abend
rumzubringen. Ich dachte, wir könnten hier alle zusammen essen. Es ist
natürlich das Übliche aus der Kantine, also einigermaßen spärliche Kost ..
    Ich wußte sofort, worum es ging. Yasuko und ich,
die in der Firma arbeiteten, aßen in der Kantine. Aber Yasuko — und auch mir — war
es unangenehm, Shigeko mit in die Kantine zu nehmen. Andrerseits gab es so
wenig Lebensmittel, daß jemand ohne solche Beziehungen nirgends etwas zu essen
auftreiben konnte. Auch wußte niemand, wie lange der Krieg noch dauern würde;
in letzter Zeit hatte es sogar Gerüchte gegeben, daß man den Krieg auf
japanischem Boden weiter ausfechten würde, bis zum letzten Mann. Deshalb hatte
sich Shigeko entschlossen, für eine Weile nach Hause aufs Land zurückzukehren
und Yasuko mitzunehmen, und mir auch gesagt, sie würde das heute irgendwann dem
Geschäftsführer mitteilen. Ich war natürlich einverstanden. Für mich bedeutete
deshalb der Speisenbehälter und der förmliche Kimono des Geschäftsführers nur
eins: Yasuko wurde von der Firma in Ehren entlassen.
    Ich geleitete den Geschäftsführer hinein und
dankte ihm in aller Form für das, was er für Yasuko getan hatte. Shigeko und
auch Yasuko bedankten sich auf ihre Weise.
    Der

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