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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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eingeklemmt sein, doch war es erstaunlich, wie sie ihren
Oberkörper noch bewegen konnte, obwohl sie so fest in dem Ziegelhaufen steckte.
Die Dachziegel flogen ganz schön weit. Sie zerbrach sie, damit sich die Stücke
leichter werfen ließen...

Drittes Kapitel
     
     
    Als Shigematsu gegen drei zum Nachmittagstee in
die Küche ging, tönte aus dem Kieferngehölz am Fuße des Hügels das Gezirp der
Zikaden, die ihren ersten Frühlingsgesang versuchten. Shigeko machte gerade
einen kleinen Imbiß zurecht.
    „Sag mal, dein Tagebuch von der Bombe“, fing sie
an. „Du willst es doch der Bücherei schenken, für die Nachwelt, nicht wahr; das
stimmt doch, oder?“
    „Ganz recht. Der Schulleiter hat mich darum
gebeten. Das ist mein Stück Geschichte.“
    „Dann müßtest du es schon etwas sorgfältiger
machen. Warum schreibst du mit gewöhnlicher Tinte anstatt mit richtiger Tusche?
Mit Tinte Geschriebenes verblaßt doch im Laufe der Zeit, nicht wahr?“
    „Red keinen Unsinn. Ein bißchen verblassen mag
es ja, aber so stark nun wieder auch nicht.“
    „Ich hab einen mit Tinte geschriebenen Brief von
1870 gesehen, einen Brief, den Großvater aus Tokio erhalten hatte, und die
Schrift war ganz hellbraun.“
    „Wann hast du den denn gesehen?“
    „Na, das muß über zwanzig Jahre her sein. Am Tag
nach der Hochzeit zeigte Mutter mir ihn oben im Vorratshaus. Nach dem alten
Kalender kam ich hier am 1. Juli an, also hat sie ihn mir am 2. Juli gezeigt.
Ich erinnere mich noch genau an das Datum.“
    „Das möchte ich selber sehen, ob Tinte wirklich
hellbraun werden kann. Komm, gehen wir zum Vorratshaus und sehen nach.“
    Er brachte eine Taschenlampe und ging mit
Shigeko zum Speicher, ohne gegessen zu haben. Das Vorratshaus war unten in zwei
Räume geteilt; der eine Raum hatte einen gestampften Lehmboden, und im anderen
befand sich die Reiskammer mit einer Tür aus starken Brettern. Vor der
Aufteilung des Ackerlandes nach dem Kriege hatte die Reiskammer immer voller
Säcke mit Reis gestanden. Wenn die Pächter in manchen Jahren besonders viel
ablieferten, wurden die Vorräte auch in dem Raum mit dem Lehmboden gelagert.
    Das obere Stockwerk war mit schon sehr
wurmstichigen Dielenbrettern aus Kiefernholz ausgelegt. Dort gab es ein Regal
mit eingebauten Schubladen, in denen sich eine Kollektion verschiedener Drucke
und kalligraphisch gestalteter Blätter befand, und verschiedene Truhen. Die
Truhen, die große Familienwappen zierten, sollte Urgroßmutter als Aussteuer
mitgebracht haben. Unter anderem enthielten sie ein Merkbuch des Urgroßvaters
und verschiedene andere Dokumente, die ihm aufhebenswert erschienen waren.
Früher hatte Shigematsu das regelmäßige Lüften der Sachen im Speicher völlig
seiner Mutter überlassen, seit ihrem Tod aber dieses Amt an Shigeko übertragen.
    „Der Brief ist im Schreibkasten dieser Truhe“,
sagte Shigeko. „Urgroßvater muß gerade dieser Brief viel bedeutet haben.“ Sie
öffnete den Deckel der Truhe und zog beim Licht der Taschenlampe ein Bündel
Papiere heraus, knüpfte das Band auf und fand unter Schreiben vom Bezirksamt
und vom Bezirksvorsteher, einer Mitgliedsbescheinigung vom Roten Kreuz und
vielen anderen Papieren den betreffenden Brief. Der Absender war ein gewisser
Ichiki aus Surugadai in Tokio, und als Anschrift stand der Name von Shigematsus
Urgroßvater, zu Händen von Herrn Sonoda in Uchiyamashita beim Schloß Okayama in
der Provinz Bizen. Das Datum bezeichnete „einen glückverheißenden Tag im elften
Monat des sechsten Jahres der Meiji-Ära“.
    „Mutter behauptete, daß im sechsten Jahr der
Meiji-Regierung die ersten Briefe in die Dörfer kamen“, sagte Shigeko. „Man
schickte sie an eine Adresse in Fukuyama oder Okayama und dann brachte sie irgend jemand von dort mit.“
    „Mutter hat recht gehabt: Im sechsten Jahr der
Meiji-Regierung, 1873, wurde der amtliche Postverkehr auf alle größeren Städte
des Landes ausgedehnt. Urgroßvater muß der Brief wirklich viel bedeutet haben“,
meinte Shi-gematsu. „Lesen wir doch mal, was drin steht.“
    Außer dem langen, zusammengefalteten Briefbogen
steckte in dem Umschlag noch ein geknicktes Tabakblatt; jetzt natürlich
dunkelbraun und brüchig geworden. 1873 war Tabak wohl noch kein
Regierungsmonopol, und die Bauern bauten ihn an, um Ungeziefer damit
auszuräuchern. Im Kasten lagen noch etwa zehn oder zwanzig Blätter zwischen den
Schriftstücken.
    „So eine Verschwendung“, sagte Shigematsu.
„Hätte ich die nur im

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