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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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niedergebrannt. Es herrschte völlige
Dunkelheit. Sie tasteten sich auf der Straße vorwärts und kamen schließlich an
die Bahnstrecke nach Sanyo. Auf den Gleisen gingen sie nach Westen, bis sie ein
bahnhofähnliches Gebäude erreichten. Sie wollten Fahrkarten kaufen, aber weit
und breit war kein Bahnbeamter zu finden. In der pechschwarzen Finsternis
prallten sie auf einen Fremden, mit dem sie sich eine Weile unterhielten.
Seiner Stimme nach mußte er ein Mann von etwa fünfzig Jahren sein, und er
sprach mit Tokioer Akzent, wie sie meinten. Er war vor einem Monat nach
Fukuyama gezogen, um den Luftangriffen zu entgehen, und jetzt doch ausgebombt,
wie er ihnen erzählte.
    Er berichtete vom Angriff auf Fukuyama. Um
Mitternacht waren sechzig B-29-Maschinen gekommen, hatten über den Hügeln rund
um die Stadt große Mengen Leuchtsignale gesetzt und dann in mehreren Wellen die
Stadt angegriffen.
    „Brandbomben verursachen so ein schwirrendes
Geräusch beim Fallen“, sagte der Mann. „Und wenn sie aufschlagen, entsteht kein
richtiger Knall, sondern es bumst ein paarmal hintereinander. Dann leuchtet es
gleißend hell auf. Eine solche Bombe, weiß ich noch, war von einem klirrenden
Geräusch begleitet, wie wenn eine Fensterscheibe zerspringt.“
    Nach den Schilderungen des Mannes wurden die
Brandbomben in Bündeln abgeworfen, in eine Art Wellblech gehüllt und mit
Messingdraht zusammengehalten. Beim Fallen schmolz das Messing, das Wellblech —
oder was immer es war — gab nach, die Bomben lösten sich in halber Höhe
voneinander und fielen dann einzeln herunter, wodurch das Schwirren entstand.
Das Klirren, meinte er, mußte von dem Draht herrühren, der auf die Felsbrocken
in seinem Garten aufschlug.
    Das Schloß von Fukuyama hatte auch einige
Treffer erhalten. Eine Brandbombe war in ein Fenster im dritten Stock des
Hauptturmes gefallen; alle fünf Stockwerke hatten lichterloh gebrannt und waren
dann zusammengestürzt. Auch der Trakt mit dem Badezimmer der Dame Yodogimi, das
man eigens aus dem berühmten Schloß Fushimi in Kyoto hergebracht hatte, war
zerstört worden, ebenso der angrenzende Korridor und die Terrasse; die
Steinbrüstung des Schutzwalls hatten die Flammen weiß verfärbt, und die
Oberfläche blätterte ab. Als einziges standen noch ein dreistöckiges Türmchen
und ein Torbogen, bekannt als „Eisernes Tor“.
    „Eigentlich sind Flakstellungen auf dem Schloß
und an der Brücke über den Ashida“, fuhr er fort, „aber von unserer Seite wurde
nicht eine Granate abgefeuert, selbst dann nicht, als der Himmel schwarz war
von B-29. Wie tief die B-29 auch flogen, wir schossen nicht auf sie, nicht ein
einziges Mal. Hier unten herrschten Dunkel und Stille wie im Wald. Die
erhabenen, schweigenden Berge und all das... Naja, man sagt, der weise Habicht
verbirgt seine Krallen!“ Schwer zu sagen, ob er auf seiten der Armee stand oder
es sarkastisch meinte.
    Viele Ausgebombte suchten Zuflucht auf dem
Bahnhof, aber bei der Finsternis konnte man nichts Genaues feststellen. Sie
zogen auf den Gleisen weitet; im Westen, wo das kleine Dorf Gobun lag, und auf
dem Bahnhof Akasaka sah man Lichter — wahrscheinlich von Leuten, denen jetzt
schon alles egal war und die sich nicht mehr um Verdunklungsvorschriflen
kümmerten. Sie wollten versuchen, in Akasaka Fahrkarten zu kaufen, und tappten
vorsichtig die Bahngleise entlang. Auf der Eisenbahnbrücke über den Ashida
mußten sie auf allen vieren kriechen und immer eine Schwelle nach der anderen
ertasten. Sie krochen nebeneinander, einer auf dem linken ,
der andere auf dem rechten Gleis, damit sie sich gegenseitig herüberziehen
konnten, falls ein Zug kam. Sie riefen einander immer wieder, um sich zu
vergewissern, daß keiner verlorenging. Das größte Hindernis waren ihre
Rucksäcke, die ihnen in den Nacken rutschten, wenn sie den Kopf nach unten
beugten, und unter die Arme oder an die Seite, wenn sie den Rücken
geradehielten. Bei jedem Verrutschen des Gepäcks verloren sie fast das Gleichgewicht
und klammerten sich an den Schienen fest. Immer wieder brach ihnen der kalte
Angstschweiß aus, aber schließlich erreichten sie den Bahnhof Akasaka ohne
weiteres Mißgeschick.
    Ein Bahnbeamter mittleren Alters hörte sich ihre
Geschichte an und verkaufte ihnen Fahrkarten nach Hiroshima, konnte aber nicht
sagen, wann ein Zug fuhr. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich zu
gedulden. Sie begannen, so langsam und bedächtig wie möglich, ihren Proviant zu
verzehren, und kauten

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