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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Mutter in Paris kennengelernt, in einem Theater, wo sie Schauspielerin war …«
    Wieder schien Lombard sich zu fragen, wie weit er sie ins Vertrauen ziehen konnte. Er musterte Servaz eindringlich, dann gab er sich einen Ruck.
    »Meine Mutter ist in der Tat eine recht gute Schauspielerin gewesen, aber sie hat nie einen Fuß auf eine Bühne oder in ein Theater gesetzt, und sie stand auch nie vor der Kamera. Ihr Talent war es eher, eine Komödie für jeweils eine Person zu spielen: vermögende Männer reifen Alters, die sich ihre Gesellschaft einiges kosten ließen. Offenbar hatte sie einen treuen Kundenstamm von reichen Geschäftsleuten. Sie war sehr gefragt. Mein Vater war einer ihrer anhänglichsten Kunden. Wahrscheinlich wurde er schon bald eifersüchtig. Er wollte sie für sich allein. Wie überall wollte er auch hier die Nummer eins sein – und seine Rivalen auf die eine oder andere Weise aus dem Feld schlagen. Da hat er sie eben geheiratet. Oder vielmehr hat er sie, aus seiner Sicht, »gekauft«. Auf seine Weise. Er hat sie immer für eine …
Nutte
gehalten, selbst nach ihrer Heirat. Als mein Vater sie geheiratet hat, war er einundfünfzig , und sie war dreißig . Sie wiederum musste wohl einsehen, dass ihre ›Karriere‹ zu Ende ging und dass es Zeit war, an eine ›Umschulung‹ zu denken. Aber sie ahnte nicht, dass der Mann, den sie heiratete, gewalttätig war. Sie hat viel durchgemacht.«
    Auf einmal verfinsterte sich Eric Lombards Gesicht.
Er hat seinem Vater nie verziehen.
Servaz erkannte schaudernd, dass Lombard und er eine große Gemeinsamkeit hatten: Für sie beide waren die familiären Erinnerungen ein vielschichtiges Gemisch aus Freud und Leid, aus beglückenden und entsetzlichen Momenten. Aus den Augewinkeln beobachtete er Ziegler. Sie sprach noch immer in ihr Telefon, am anderen Ende des Raumes, mit dem Rücken zu den beiden Männern.
    Sie drehte sich unvermittelt um, und ihr Blick begegnete dem von Servaz.
    Er war sofort alarmiert: Irgendetwas, was sie gerade am Telefon erfahren hatte, hatte sie erschüttert.
    »Wer hat Ihnen all diese Dinge über Ihre Eltern mitgeteilt?«
    Lombard lachte kalt.
    »Vor ein paar Jahren habe ich einen Journalisten beauftragt, in der Familiengeschichte herumzuschnüffeln.« Er zögerte kurz. »Ich wollte schon lange mehr über meinen Vater und meine Mutter wissen. Natürlich wusste ich, dass sie kein harmonisches Paar waren, gelinde gesagt. Aber dass es so schlimm war, hatte ich nicht erwartet. Anschließend habe ich das Stillschweigen dieses Journalisten erkauft. Teuer. Aber es war die Mühe wert.«
    »Und seither hat kein anderer Journalist seine Nase in Ihre Familiengeschichte gesteckt?«
    Lombard schaute Servaz unverwandt an. Jetzt war er wieder der unerbittliche Geschäftsmann.
    »Doch. Natürlich. Ich habe sie alle gekauft. Einen nach dem anderen. Ich habe ein Vermögen dafür ausgegeben …
Aber jenseits einer gewissen Summe ist jeder käuflich …
«
    Er starrte Servaz an, und der Polizist begriff die Botschaft:
selbst Sie.
Servaz spürte die Wut in sich aufsteigen. Diese Arroganz empörte ihn. Doch gleichzeitig wusste er, dass der Mann recht hatte. Vielleicht besäße er die Kraft, es für sich selbst abzulehnen, im Namen des Verhaltenskodex, zu dessen Einhaltung er sich bei seinem Eintritt in den Polizeidienst verpflichtet hatte. Wäre er aber Journalist gewesen und hätte ihm der Mann, der vor ihm stand, die besten Schulen, die besten Lehrer, die besten Universitäten für seine Tochter versprochen und später eine sichere Stelle in ihrem Traumberuf: Hätte er dann die Kraft gehabt, Margot eine solche Zukunft zu verwehren? In gewisser Weise hatte Lombard recht: Jenseits bestimmter Grenzen war jeder käuflich. Der Vater hatte seine Frau gekauft; der Sohn kaufte Journalisten – und wahrscheinlich auch Politiker: Eric Lombard war seinem Vater ähnlicher, als er glaubte.
    Servaz hatte keine Fragen mehr.
    Er stellte seine leere Tasse ab. Ziegler trat zu ihnen. Er sah sie verstohlen an.
Sie war angespannt und unruhig.
    »Schön, jetzt würde ich aber erst mal gern wissen, ob Sie eine heiße Spur haben«, sagte Lombard kalt.
    Die Sympathie, die Servaz kurz empfunden hatte, war wie weggeblasen; der Kerl sprach wieder mit ihnen, als wären sie seine Domestiken.
    »Tut mir leid«, antwortete er unverzüglich mit dem Lächeln eines Steuerfahnders. »Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geben wir niemandem, der in diesen Fall verwickelt ist, Auskunft über den Stand

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