Schwarzer Schwan
ist darunter sicher auch Helios Investments? «
Die Kollegin senkte die Stimme und rückte näher: »Dieser Fonds wird sozusagen der Kern des Ganzen. Es gibt sogar Überlegungen, die neue Firma Helios zu nennen. Wäre doch super, oder? Jeder in der Branche würde das sofort mit Wahnsinnsrenditen assoziieren.«
»Klar.«
»Aber Dingendorff geht das angeblich zu weit. Es läuft jetzt offenbar auf RheinBank Premium Invest hinaus.«
Für einen Moment war Hanna versucht, ihrer Freundin zu verraten, wer hinter Helios Investments steckte. Dass Dingendorff in diesem Fall also mit sich selbst dealte – vermutlich würde die RheinBank den Fonds zu einem völlig überzogenen Preis erwerben. Erneut ein Fall für die Staatsanwaltschaft.
Dann fielen ihr Ahrendts Worte ein: Du bringst nur dich und mich in Gefahr.
Das Hühnercurry war längst verspeist, Marita sah auf die Uhr. Hanna bestellte die Rechnung und bestand darauf, das Essen und den Jasmintee der Kollegin mitzubezahlen.
»Wenn du erst einmal Abteilungsleiterin der neuen Firma bist«, sagte sie, »dann lädtst du mich ein, und zwar in den Breidenbacher Hof. «
Marita lachte, dann legte sie den Finger an die Lippen.
Hanna zwinkerte ihr zu.
Als sie ins Freie trat, ließ sie ihren Blick zuerst nach links und rechts über die Straße schweifen – keiner schien sie zu beschatten. Dann checkte sie ihr Handy.
Nichts Neues über Leonie in der Mailbox.
Um drei Uhr kutschierte Hanna ihre Schwester in die Suitbertusstraße, wo sie den Fotografen des Blitz trafen. Britta sollte auf die Stelle zeigen, an der das Fahrrad gelegen hatte –, als habe sie es gefunden.
Während der Mann seine Aufnahmen schoss, erinnerte sich Hanna an Willi Böhmer, den Wirtschaftsfuzzi der Morgenpost. Sie fand Böhmers Kärtchen in ihrem Portemonnaie und tippte die Redaktionsnummer in ihr Handy.
Er meldete sich.
»Was macht die Story?«, fragte Hanna.
»Bitte?«
»Sie wissen schon. Das Thema, das Ihre Schreibblockade kurieren sollte.«
»Meine … äh … Recherchen haben noch nicht viel ergeben.«
»Aber meine. Raten Sie mal, wer letztlich hinter Pelican Trust … «
»Lassen Sie uns darüber reden, Frau Kaul, wenn ich aus China zurück bin. In acht Tagen fliegt die Bundeskanzlerin ins Reich der Mitte und ich werde sie für die Morgenpost begleiten.«
Der Mann will gar nicht wissen, was abgeht, schoss es Hanna durch den Kopf. Sie fragte: »Ist das nicht die Aufgabe des Berliner Korrespondenten?«
»Ach, wissen Sie, meine Liebe, für die großen Geschichten greift man lieber auf den alten Haudegen Willy Böhmer zurück. Und wenn es um China geht, steht natürlich die Ökonomie im Vordergrund. Tibet, Ai Weiwei, Liu Xiaobo und wie sie alle heißen, der ganze Menschenrechtskram – letztlich nur Kokolores, nüchtern betrachtet.«
Hanna war sprachlos und legte einfach auf.
Der Redakteur hatte mit ihr wie mit einem Kind geredet. Meine Recherchen haben noch nicht viel ergeben . Geheuchelt und gelogen. Alter Haudegen – welch ein Mist!
Idiot.
Der Blitz – Fotograf war fertig und Hanna brachte Britta nach Hause. Der nächste Termin stand an. Jeden Moment würde der WDR auf der Matte stehen.
Hanna setzte Kaffee auf. Dabei fiel ihr ein, dass auch ihr Freund Helmut in die Vorbereitung der Kanzlerreise eingebunden war – der Grund, warum er sich gestern in Berlin aufgehalten hatte.
Ein Verdacht drängte sich ihr auf: Willi Böhmer und Helmut Frantzen – wie nahe standen sich die beiden? Der Wirtschaftsredakteur, der oft über die RheinBank schrieb, hatte für seinen Artikel Haifischbecken Hochfinanz nicht irgendeine Bankerin porträtiert, sondern die Mitarbeiterin aus der Structured-Corporate-Finance-Abteilung namens Hanna Kaul, die zufällig Helmuts Geliebte war. Und der wiederum war für das Pflegen der Pressekontakte zuständig. Ein Geben und Nehmen, vermutete Hanna.
Was daraus folgte, gefiel ihr ganz und gar nicht.
Sie wählte Helmuts Nummer. Es war ihr egal, ob sie ihn störte.
»Hast du mir diese Detektive auf den Hals gejagt?«, fragte sie, nachdem er sich gemeldet hatte.
Ein kleiner Moment der Stille. Hanna wusste Bescheid.
»Nein«, antwortete Helmut. »Natürlich nicht.«
»Und meine Wohnung verwanzt?«
»Du bist ja paranoid.«
Wut pochte in ihr, aber sie bemühte sich, ruhig zu klingen. »Du gehst mir aus dem Weg und lässt mich überwachen. Was habe ich dir getan?«
»Kleines, wir …«
»Du sollst mich nicht so nennen!«
»Wir können uns heute Abend treffen,
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