Schwarzer Sonntag
zusammen, das Dahlia Iyad sehr ähnlich war. Als die Fünfzehn-Uhr-Schicht den Dienst antrat, hatte jeder Streifenpolizist und jeder Kriminalbeamte einen Abzug des Phantombilds in der Tasche. Die Frühausgabe der Daily News brachte das Bild auf der zweiten Seite.
Sechs Polizisten vom Erkennungsdienst und vier Beamte von der Einwanderungsbehörde durchforschten, jeder mit einem Abzug des Bildes versehen, die Kartei, in der alle in die Vereinigten Staaten eingereisten Araber verzeichnet waren.
Nur Oberschwester Emma Ryan, die FBI-Agenten, die den Fall bearbeiteten, und die höchsten Beamten der New Yorker Polizei wußten, daß zwischen Kabakov und dem Vorfall im Krankenhaus ein Zusammenhang bestand. Emma Ryan konnte schweigen.
Washington wünschte keine Terroristenpanik, und das gleiche galt für die Justizbehörden. Bei den Ermittlungen in einem Fall, der so schlimm enden konnte wie dieser, wollte man nicht auch noch die Massenmedien auf dem Hals haben. Die Polizei erklärte der Öffentlichkeit gegenüber, der Eindringling habe es wahrscheinlich auf Narkotika und wertvolles radioaktives Material abgesehen. Diese Erklärung befriedigte die Presse zwar nicht ganz, doch bei der erdrückenden Flut von Meldungen über Ereignisse in New York City vergessen die Journalisten leicht die Nachrichten von gestern. Die Behörden hofften, das Interesse der Medien würde nach ein paar Tagen nachlassen.
Und Dahlia hoffte, Landers Zorn würde nachlassen. Er war außer sich vor Wut, als er ihr Phantombild in der Zeitung sah und erfuhr, was sie getan hatte. Einen Augenblick glaubte sie, er würde sie umbringen. Sie nickte kläglich, als er ihr verbot, noch irgend etwas gegen Kabakov zu unternehmen. Fasil blieb zwei Tage in seinem Zimmer.
Kabakovs Genesungsaufenthalt in ihrer Wohnung war für Rachel Bauman eine merkwürdige, fast unwirkliche Zeit. Ihre Wohnung glänzte vor Sauberkeit und Ordnung, und er bewegte sich darin wie ein zerzauster Kater nach einer Balgerei im Regen. Wenn Kabakov und Moschevsky in ihrer Wohnung waren, kamen Rachel die Räume und Möbel klein und wie verändert vor, dabei machten die beiden riesigen Männer erstaunlich wenig Lärm. Anfangs war sie froh darüber, doch schließlich wurde es ihr beinahe etwas unheimlich. Größe und Stille, fand sie, waren eine bedrohliche Kombination.
Moschevsky tat sein Bestes, um sich anzupassen. Nachdem er Rachel einige Male zu Tode erschreckt hatte, wenn er plötzlich mit einem Tablett in der Küche erschien, räusperte er sich jetzt jedesmal, um sein Kommen anzukündigen. Rachels Freunde auf der anderen Seite des Flurs waren auf den Bahamas und hatten ihr die Schlüssel dagelassen. Sie brachte Moschevsky in der anderen Wohnung unter, als ihr sein Schnarchen auf ihrem Sofa unerträglich wurde. Kabakov befolgte respektvoll ihre therapeutischen Anordnungen. Die einzige Ausnahme war der Besuch an Sullivans Krankenbett. Zunächst redeten sie und Kabakov nicht viel miteinander. Er wirkte abwesend, und Rachel wollte ihn nicht in seinen Gedanken stören.
Rachel hatte sich seit dem Sechs-Tage-Krieg verändert, aber nicht grundsätzlich. Sie widmete sich jetzt noch entschiedener ihrem Beruf. Sie hatte eine lebhafte Praxis, sie führte ein geordnetes Leben. In all den Jahren hatte es nur zwei Männer in ihrem Leben gegeben. Zwei Verlobungen. Abende in eleganten, langweiligen Restaurants, wo die Küchenchefs ihren einfallslosen Gerichten auf der Speisekarte kokette Namen gaben - Restaurants, die ihre Begleiter ausgesucht hatten. Diese Erlebnisse hatten ihr keinen großen Eindruck gemacht. Männer, die ihre Leidenschaften hätten wecken können, wies sie zurück. Ihre einzige Leidenschaft war ihre Arbeit - und die Arbeit gab ihr Kraft. In ihrer Freizeit widmete sie sich ehemaligen Rauschgiftsüchtigen, auf Bewährung entlassenen Strafgefangenen und seelisch gestörten Kindern. Im Oktober-Krieg von 1973 hatte sie im New Yorker Mount Sinai Hospital täglich die doppelte Zeit gearbeitet, damit ein Kollege mit neueren chirurgischen Kenntnissen nach Israel gehen konnte.
Sie war immer sehr elegant gekleidet. Bloomingdale’s and Bonwit Teller, Lord & Taylor und Sachs waren die Etappen ihrer Samstagsrunden. Auf den ersten Blick wirkte sie wie eine schick, aber nicht modisch angezogene vornehme, kultivierte junge Frau. Bei näherem Hinsehen störten ein Schuß Burschikosität und ein bißchen zuviel Make-up ein wenig das Bild. Eine Zeitlang hatte sie ausgesehen wie eine Frau, die mit den
Weitere Kostenlose Bücher