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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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aber es könnte ...«
»Machen Sie sich keine Sorgen um das Geld«, sagte sie. »Erzählen Sie mir noch mal, wo die Küstenwache das Boot
zuerst ausgemacht hat und was da losgewesen ist.« Stiles hörte zu, nickte und stellte von Zeit zu Zeit eine Frage.
»Offen gesagt, vielleicht kann ich Ihnen überhaupt nicht helfen«, sagte er schließlich. »Aber man kriegt so einiges mit. Ich
will mich mal umhören.«
»Sehr vorsichtig.«
»Das wissen Sie doch.«

15
    H ARRY L OGAN FUHR mit seinem verbeulten Lieferwagen den Maschinenpark der United Coal Company ab, um seine stündliche Wachrunde zu absolvieren, und musterte die Reihen der Bulldozer und Räumwagen. Er sollte auf Diebe und wildgewordene Umweltschützer achten, aber es kam nie jemand. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Alles war in Ordnung, er konnte sich also einen Augenblick verdrücken.
    Er bog in den Schlackenweg ein, der an der riesigen Wunde entlangführte, die das Bergwerk in die Hügel von Pennsylvania gerissen hatte. Roter Staub wirbelte hinter seinem Lieferwagen auf. Die Grube war zwölf Kilometer lang und drei Kilometer breit, und sie wurde immer länger, da die großen Räummaschinen sich täglich weiter in die Hügel hineinfraßen. 24 Stunden am Tag, an sechs Tagen in der Woche, schlugen zwei der größten Räumfahrzeuge der Welt ihre Stahlzähne in die Hänge. Nur am Sonntag standen sie still, denn der Präsident der United Coal war ein sehr frommer Mann.
    Heute war Sonntag, und nichts rührte sich hier außer dem Wind, der über das Ödland fegte. Sonntags verdiente sich Harry Logan ein kleines Extrageld. Er sammelte in dem verlassenen Gebiet, das die Grube in Kürze verschlingen würde, Altmetall. Jeden Sonntag verließ Logan seinen Posten am Maschinenpark und fuhr zu dem kleinen, verlassenen Dorf auf dem Hügel, auf den sich die Abraumbagger zubewegten.
    Die verfallenden Häuser standen leer. In den Zimmern roch es nach Urin, und alle Fensterscheiben waren eingeschlagen. Bei ihrem Auszug hatten die Hausbewohner alles mitgenommen, was ihnen wertvoll schien. Aber Logans Augen fanden immer noch etwas, das sich verkaufen ließ. Die altmodischen Dachrinnen und Installationen enthielten gutes Blei. Man konnte Schalter aus den Wänden reißen, und überall fanden sich Duschdüsen und Kupferdraht. Er verkaufte diese Dinge an seinen Schwiegersohn, der Schrotthändler war. An diesem Sonntag wollte Logan noch möglichst viel aus den Häusern herausholen. Die offene Grube war inzwischen bis auf zweihundert Meter an das Dorf herangekommen. In spätestens zwei Wochen würden das Dorf und das kleine Stück Wald davor verschwunden sein.
    Rückwärts fuhr er seinen Transporter in den Garagenanbau eines der Häuser. Es war sehr still, nachdem er den Motor abgestellt hatte. Man hörte nur den Wind, der durch die fensterlosen Häuser pfiff. Logan lud gerade einen Stapel Gipsfaserplatten auf, als er das Flugzeug hörte.
    Es war eine rote, viersitzige Cessna. Sie flog zweimal auffallend niedrig über das Dorf hinweg. Als Logan durch die Bäume den Hügel hinunterblickte, sah er, wie die Maschine zur Landung auf dem Schlackenweg ansetzte. Hätte er etwas davon verstanden, dann hätte er in diesem Schauspiel einer großartigen Seitenwind-Landung seine Freude gehabt - ein kurzes, seitliches Abrutschen, ein rasches Einschwenken, und die kleine Maschine setzte elegant auf und rollte aus, wobei der Staub nach der einen Seite wegstob.
    Er kratzte sich am Kopf und dann am Hintern. Was wollten die denn da? Inspektoren der Firma? Falls sie ihn zur Rede stellten, würde er sagen, daß er hier oben das Gelände inspiziert hätte. Das Flugzeug befand sich jetzt außerhalb seines Blickfelds hinter einer Baumgruppe. Vorsichtig ging Logan durch den Wald nach unten. Als er das Flugzeug wieder sah, war es leer, und die Räder waren festgekeilt. Links hörte er Stimmen zwischen den Bäumen, und er ging leise in diese Richtung. Dort drüben stand eine große, leere Scheune auf einem großen Feld. Logan wußte genau, daß es in der Scheune nichts zu stehlen gab. Vom Rand des Waldes konnte er auf dem Feld zwei Männer und eine Frau sehen, die bis zu den Knöcheln im leuchtend grünen Winterweizen standen.
    Der eine Mann war groß und trug eine Sonnenbrille und einen Ski-Anorak. Der andere war von dunkler Hautfarbe und hatte eine Narbe im Gesicht. Die Männer entrollten eine lange Schnur und maßen eine bestimmte Entfernung von der Seite der Scheune bis in das Feld ab. Die Frau

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