Schwarzer Tanz
die Hand von Adamus und band sie mit einer weißen Seidenschleife zusammen, eine alte Schleife, deren Reinheit durch ihr hohes Alter schon ganz fleckig geworden war.
» Erinnert euch jetzt daran, dass ihr einander vor Zeugen versprochen wurdet, egal was kommen mag. Ihr dürft keinen anderen Menschen zu euch lassen, müsst euch bis zur Stunde der Hochzeit und Vereinigung die Treue halten. Also seid ihr verbunden.«
Ruth hob den Kopf und blickte in Adamus’ Gesicht.
Sie lächelte verschlagen.
» Ihr müsst nun sagen, ob ihr dieser Verbindung die Treue halten werdet und damit einverstanden seid. Ruth, antworte du zuerst.«
» Ich bin einverstanden und werde treu sein«, sagte Ruth.
» Und Adamus.«
» Ich bin einverstanden«, sagte Adamus, » und werde treu sein.«
Dorian löste die weiße, fleckige Schleife.
» Und sei die Schleife auch gelöst, so besteht das Gelübde doch weiter fort. Alle hier Anwesenden werden das bezeugen.«
Ich bezeuge es, dachte Rachaela, sie sind miteinander verbunden. Sie wird größer sein, wenn sie ihn heiratet. Dann wird es nicht mehr so pervers aussehen. Oder vielleicht wird es dadurch nur noch schlimmer.
Sie dachte: Was denkt er sich jetzt? Ist sein Verstand völlig ausgeschaltet?
Adamus beugte sich herab und hauchte einen Kuss auf Ruths Lippen. Sie hatte ihre Augen nicht geschlossen und nahm seinen Anblick gierig in sich auf. Cheta, diesmal mit Brosche, trat nach vorn. Sie trug eine kleine Torte auf einer Platte. Adamus brach sie in der Hälfte durch. Ruth aß eine Hälfte und er die andere.
Michael kam mit einem Glas Rotwein. Sie nahmen beide einen Schluck aus dem Glas.
» Schreibt eure Namen in das Buch.«
Adamus tauchte den Federhalter in das Tintenfass und unterzeichnete, Ruth nahm den Federhalter und schrieb ebenfalls in das Buch.
Hat sie aus der Macht der Gewohnheit mit Ruth Day unterschrieben?
Doch Dorian hatte an dem Eintrag nichts auszusetzen.
Adamus und Ruth verließen den Tisch Hand in Hand. Ruth überreichte Adamus die zweite Rose, die er sich sogleich ins Knopfloch steckte.
Wie fürchterlich sie aussahen, wie irrsinnige Figuren auf einem Hochzeitskuchen, der kalte, aalglatte Bräutigam und der winzige Kobold einer Braut in scharlachrotem Gewand.
Anna ging auf Ruth zu und überreichte ihr ein Päckchen.
Adamus ließ Ruths Hand los.
Sie öffnete das Geschenk auf ihre eigene gierige Art.
Ein Medaillon aus Bergkristall – es waren doch gewiss keine Diamanten. Ruth hielt Adamus das Medaillon hin, und er legte es um ihren Hals.
Auch die anderen traten an Ruth heran. Sie überbrachten ihr Geschenke: Ohrringe und Bücher, meterweise Stoff, Ornamente und Objekte aus buntem Glas.
Nur ich habe kein Geschenk. Rachaela stellte sich vor, wie sie als die dreizehnte böse Fee nach vorn trat, um Dornröschen ihre todbringende Gabe zu überreichen.
Verlangte es sie in diesem Moment nach Ruths Tod? Waren sie wirklich so schlimm, diese idiotische Zeremonie und das wie eine Braut gekleidete kleine Mädchen?
Das kleine Mädchen stapelte gerade seine Trophäen auf dem Tisch. Hin und wieder zeigte sie ihre Ausbeute Adamus, der besten Trophäe von allen. Er nickte ihr jedes Mal ernsthaft zu. Nun war die Reihe an Camillo. Sein Geschenk war ebenfalls verpackt. Ruth riss das Papier ungeduldig auf. Sie benahm sich äußerst habgierig und schenkte der seltsamen Gestalt in ihrer Rüstung keinen Blick.
Ein merkwürdiges Gebilde aus Metall und Holz kam unter der Verpackung zum Vorschein.
Adamus sagte: » Sei vorsichtig«, und beugte sich vor, um ihr das Ding aus der Hand zu nehmen. Es war eine Mausefalle.
Camillo kicherte.
Anna sprach mit klarer Stimme: » Onkel Camillo ist sehr ungezogen, Ruth. Kümmere dich nicht um ihn.«
» Onkel Camillo«, sagte Ruth. Sie betrachtete ihn mit ihren kohlschwarzen Augen. Ihr Gesicht wirkte etwas spitz. Er hatte versucht, ihre Verlobung zu verderben.
Anita trat an Ruth heran und überreichte ihr ein mit roten Blumen besticktes Kissen.
Als die Vorstellung zu Ende war, begaben sich die Scarabae ins Esszimmer.
Es hatte vorher kein Abendessen gegeben, doch jetzt war der Tisch wie bei einem mittelalterlichen Gelage beladen mit Pasteten und Braten, Hähnchen und allen möglichen anderen Speisen, die man zweifelsohne im Supermarkt des Dorfes erworben hatte.
Auch dieser Raum war angefüllt mit Kerzen, und Rosen verströmten ihren Duft.
Ruth saß an einem Ende des Tisches, Adamus am anderen. Rachaela hatte man den Platz zwischen Dorian und
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