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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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ständiger Kampf. Sie hat mich dafür bezahlen lassen.«
    » Das tut mir leid«, seine Stimme klang ausdruckslos. » Aber jetzt ist es vorbei, oder nicht?«
    » Warum hast du mich nicht in Frieden gelassen?«
    » Du hast deinen Frieden lange genug gehabt.«
    » Du Bastard.« Aber er war nicht ihr Vater. Er war ein Mann aus dem Dunkel, der sie festhielt, ohne sie zu berühren; und das Feuer, das an den Holzscheiten emporklomm, vergoldete ihre Gesichter.
    Sie konnte nicht gehen. Sie stand auf.
    » Ich kann ebenso gut zu Bett gehen.«
    » Ja«, sagte er. » Schlaf gut, Rachaela.«
    Zu ihrer Bestürzung brannten plötzlich Tränen in ihren Augen. Er sprach ohne Zärtlichkeit, und er war nichts für sie, und doch war ihr, als ob während der ganzen neunundzwanzig Jahre ihres Lebens, dieser einfache und unehrliche Wunsch in ihr gelauert, und echte Gefühle hervorgebracht hätte.
    Sie konnte nicht antworten.
    Sie nahm die Lampe und ließ ihn am Kaminfeuer zurück, während der Kater irgendwo durch die pechschwarze Nacht jagte.
    Sie betrachtete ihr Ebenbild hinter den Lilien und dem flammenden Sonnenuntergang des Flügelspiegels.
    Sie war nackt, umrahmt von schwarzem Haar. Ihr weißer Körper, bar jeglichen Schmucks, nur das weiche, schwarze Dreieck schimmerte in ihrem Schoß. Lang und schlank, wie aus Elfenbein geschnitzt, die Brüste voll und rund, mit kleinen zartrosa Knospen. Ein blaugrüner Schatten lag über der Blässe wie etwas auf dem Grund des Meeres.
    Sie starrte auf ihren Körper, darauf, was sie davon im Spiegel sehen konnte, und versuchte, ihn als ihren eigenen zu erkennen.
    Rachaela hatte ihre Mutter nie nackt gesehen. Ihre schlaffe, geschlagene Gestalt war immer in Kittelschürzen oder Nachthemden und zeltartige Morgenmäntel gehüllt. Einmal, als sie an der Badezimmertür klopfte, hatte die harte, furchtsame Stimme ihrer Mutter geantwortet: » Du kannst nicht reinkommen.«
    Ihre Mutter war entrüstet gewesen, dass Rachaela nackt schlief. Ebenso wie sie entrüstet über das häufige Haarewaschen und Rachaelas ständiges Zuspätkommen zu ihren verschiedenen Arbeitsstellen war. Alles dasselbe, alles verdammenswert.
    Ihre Tochter war ein Geschöpf der Venus. Sie hatte Rachaela vernünftige Nachthemden gekauft, die Shampooflasche markiert, und den Wecker in ihrem eigenen Schlafzimmer gestellt, um Rachaela rechtzeitig wachrütteln zu können.
    » Sie werden sich das nicht bieten lassen. Weißt du eigentlich, dass du fast die ganze Flasche aufgebraucht hast, als du dir dein Haar gewaschen hast? Warum lässt du sie nicht abschneiden und trägst eine anständige Frisur?«
    Eine Lilie zeichnete sich auf Rachaelas Nabel ab, deren grüner Glasstängel das Dreieck ihres Schamhaares teilte.
    Sie wandte sich vom Spiegel ab und ging nackt zu Bett. Sie hatte einen Stuhl unter den Türknauf geklemmt.
    Das war närrisch. Er hatte sie gesehen.
    Sie schlief lange Zeit nicht ein, und zweimal hörte sie gedämpfte Schritte auf dem Flur, die sie an den riesigen Kater erinnerten, der vorbeischlich und die Tür mit seiner Flanke streifte, etwas Totes im Maul.
    Rachaela stand am Fuß des Turmes.
    Es war dunkel, und zwischen den mit Federn bedeckten Stufen, die scharlachrot und feucht glänzten, wuchsen Lilien aus Glas. Er reichte ihr die Hand. Sie griff nicht danach. Sie stieg weiter hinauf in den Turm. Der Aufstieg war endlos. Die ganze Zeit über drückte unbändige Furcht ihre Kehle zu. Sie wollte zu ihm – und hatte Angst davor. Schließlich erreichte sie einen großen Raum unter der Dachspitze. Zu ihrer Verwunderung waren dort Fenster aus durchsichtigem Glas. Sie blickte auf die Wälder, die Klippe, und das Meer. Adamus, wenn sie ihn so nennen musste, war nicht da. Der Raum war verlassen. Rachaela begann zu weinen.
    Das Bild im Korridorfenster war furchtbar; ein Löwe, der ein Schaf riss, und seine lebendigen Farben wurden von dem ausgesperrten Sonnenlicht überall verstreut.
    Rachaela durchstreifte ziellos das Haus.
    Der Korridor war endlos lang, und es schien ihr, als müsse er in die Bibliothek führen, aber sie konnte sich nicht mehr genau erinnern. Sylvian würde in der Bibliothek beschäftigt sein, Wörter ausstreichen, oder Alice würde mit ihrer Hutnadel auf dem Globus herumkratzen.
    Sie sah die Scarabae, wie sie über die Oberfläche der Weltkugel gescheucht wurden. Hinter ihnen loderten brennende Häuser, als sie durch den Schnee flüchteten, und der Schnee wurde vom Schein des Feuers blutrot gefärbt.
    Jemand

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