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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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heran.
    Rachaela konnte nicht mehr hinsehen.
    Sie fragte sie, die Scarabae, die ihr begegneten, wo Camillo sich aufhalten könne. Sie glaubte an die Macht der Vorhersehung ihres Traumes. Camillo würde ihr den Weg in den Turm weisen. Dann konnte sie über ihn herfallen, wie er über sie hergefallen war.
    Im Moment wollte sie nicht über diesen Zeitpunkt hinaus planen. Einzig ihre Machtlosigkeit, die ihr immer bewusster wurde, störte sie.
    Wahrscheinlich war der Traum eine ihrer wilden Illusionen. Sie führte sich selbst in die Irre. Doch sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte.
    Sie ging hinunter in die Küche. Sie wollte Cheta, Carlo, Michael und Maria befragen, doch keiner von ihnen war anwesend. Sie waren ebenfalls verschwunden. Sie konnte sich ihren Aufenthaltsort gut vorstellen, in den Höhlen abgelegener Schlafzimmer oder in irgendwelchen anderen engen Zellen, wo sie in der Dunkelheit gegen die Wände lehnten.
    Das Haus war die Gruft. Diese den Tag fürchtenden Kreaturen mussten sich nicht in irgendwelche Särge verkriechen. Die Doppeltüren und überzuckerten Fenster beschützten sie. Sie fand den Korridor mit dem ertrinkenden Säugling im Schilf und dem ausgestopften Pferd wieder. Camillo hatte keine Spuren, nicht einmal seine Rüstung zurückgelassen. Sie kam wieder an dem bemalten Spiegel vorbei. Noch mehr Hügel waren darauf erschienen. Und der Ziegenbock im Frauenbauch resultierte tatsächlich daraus, dass zwei Bilder übereinandergemalt waren. In dem Raum mit dem verstaubten Klavier und der Harfe ohne Saiten hatte jemand eine gelbe Gitarre aufgehängt. Das Fenster im Musikzimmer, das sie beim ersten Mal nicht genauer betrachtet hatte, zeigte ein Orchester aus allerlei Getier: Tiger, die Flöte spielten; ein Elefant, der auf einer Orgel herumhämmerte; ein Krokodil mit Viola. Vielleicht sollte es belustigend wirken, aber das Fenster wirkte entschieden furchterregend, wie eine pubertäre Schauergeschichte.
    An anderer Stelle war eine Arche Noah abgebildet, die von der Flut überspült wurde, und einzig zwei goldene Einhörner hatten überlebt. Der Löwe und das Schaf waren jedoch ein Produkt ihres Traumes. Oder ein Hinweis, den ihr schlafendes Gehirn hervorgebracht hatte.
    Vielleicht kannte Onkel Camillo den Weg zum Turm gar nicht, hatte ihn vergessen oder würde ihn ihr nicht zeigen.
    Ein Löwe, der ein Schaf riss … Wolf und Lamm sollen weiden zugleich … der Löwe wird Stroh essen wie ein Rind … es sähe ihnen ähnlich, ein solches Fenster in ihrem Besitz zu haben. Und ein kleines Kind wird sie führen.
    Ein Kind. Wo würde sich ein Kind aufhalten?
    Rachaela hob den Kopf. Das ungezogene Kind Camillo spielte über ihr im Kinderzimmer eines Speichers. Es gab bestimmt einen. Staub und Spinnweben und die antiken Spielsachen der Scarabae, aus ihrer Jugend, vor Jahrhunderten.
    Sie hatte noch keinen Weg entdeckt, der zu einem Speicher führen könnte. Sie wollte nicht dorthin gehen. Wenn Onkel Camillo sich dort befand mit seinen Spielsachen und den Schlüsseln fürs Haus – für den Turm – musste er ungestört bleiben.
    Rachaela wartete in ihrem Zimmer, bis sie anhand der Uhren abschätzte, dass es Zeit fürs Mittagessen war. Dann ging sie hinunter ins Esszimmer.
    Irgendwie hatte sie es geahnt und war deshalb nicht überrascht, als sie die Tür öffnete. Der Tisch war voll besetzt. Nicht nur zehn, sondern mit Sicherheit mindestens sechzehn von ihnen saßen da. Sie blieb im Türrahmen stehen und zählte laut.
    Sie hoben ihre alten, silbrig glänzenden Köpfe und warfen ihr einen kurzen Blick aus ihren stechenden Augen zu.
    Rachaela stellte sich an das noch unbesetzte Kopfende des Tisches und sagte willkürlich die Namen derer auf, die sie kennengelernt hatte und an die sie sich noch erinnern konnte. Sie wirkte wie eine Lehrerin, die die Anwesenheitsliste ihrer Schüler durchging: » Anna, Stephan, Peter, Dorian, Sylvian, Alice, Unice, Miriam, Sascha, Eric, George, Miranda, Livia …«
    Und als sie nicht mehr weiterwusste, fuhren die drei, die sie vergessen hatte, wie wohlerzogene Schüler, mit schrillen Stimmen fort:
    » Teresa.«
    » Jack.«
    » Anita.«
    Auch Michael, Cheta, Carlo und Maria waren anwesend. Die beiden Frauen servierten Käseomelettes, Carlo war mit dem Kaminfeuer beschäftigt, und Michael bereitete den Salat zu. Sie bewegten sich wie Insekten. Nur Onkel Camillo, den sie eigentlich treffen wollte, war nicht erschienen. Camillo und Adamus, Alter und Jugend, denn für sie war Adamus

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