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Schwarzer Tanz

Schwarzer Tanz

Titel: Schwarzer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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Frau, » Emma Watt. Mrs. Nicht, dass das noch eine Rolle spielt. Mein armer, alter Liebling ist vor zwei Jahren gestorben. Ich habe das Haus verkauft und mir die Wohnung genommen. Habe versucht, mich richtig klein zu machen. Wir haben doch alle unsere eigenen seltsamen Mittelchen, mit denen wir versuchen, den Schmerz zu überwinden.«
    Und die Schmerzen. Jesus …
    » Nun ja«, schloss Mrs. Emma Watt schließlich doch eilends, » ich nehme an, Sie sind beschäftigt. Nochmals vielen Dank für die Milch. Morgen stelle ich Ihnen eine Flasche vor die Tür.«
    » Das ist nicht nötig.«
    » Doch, ich muss es einfach.« Sie verließ die Wohnung und lief mit einem freundlichen, zuvorkommenden Lächeln in Rachaelas Richtung die Treppe hinunter.
    Wie wäre es, Emma Watt zu sein, fünfzig Jahre alt, traurig und allein, eingequetscht in eine viel zu kleine Wohnung?
    Wie wäre es, das purpurfarbene Mädchen zu sein, vor lauter Angst frigide, das Kinderkriegen schon hinter sich?
    Es gab kein Entkommen. Sie war Rachaela, hier und jetzt. In ihrem Bauch lag das Ding, eingebettet, zusammengekringelt.
    Der Pizza Eater stellte Rachaela ein, gab ihr ein rotes Kleid und eine blassgrüne Schürze und bat sie, ihr Haar hochzubinden. Sie flocht es, was ihn ebenso zufriedenzustellen schien. Sie arbeitete von zehn Uhr morgens bis sechs Uhr abends oder von drei Uhr nachmittags bis elf Uhr dreißig. Einige der späten Gäste waren betrunken, benahmen sich aber normalerweise ordentlich. Wegen der langwierigen Aufräumarbeiten wurde es oft zwölf, bevor sie gehen konnte. Zusätzlich zu dem Bedienen der Plastikholztische schnitt sie Brot, grillte Steaks, füllte Eiscreme in Becher, stapelte Pizzas zum Mitnehmen in Pappkartons, und hin und wieder spülte sie auch ab. Wie schon zuvor, gewöhnte sie sich an die schmerzenden, brennenden Füße, an die Grobheit und den Geiz vieler Gäste und an das kameradschaftliche Geschnatter ihrer männlichen und weiblichen Arbeitskollegen. Sie erhielt ein kostenloses Mittag- oder Abendessen, das ihr jedoch eigentlich nicht schmeckte. Manchmal schaffte sie ein seltenes Steak, ansonsten aß sie Salat und Eiscreme. Auf diese Weise konnte sie sich das Kochen sparen. Sie machte sich sogar allmählich mit der Kasse vertraut. An einem Nachmittag gab sie auf den Betrag, der in smaragdfarbenen Zahlen vor ihrem Gesicht aufleuchtete, ein Pfund zu wenig Wechselgeld heraus. Der Kunde merkte es nicht; und als sie es selbst feststellte, war er schon verschwunden. Da sie allein an der Kasse stand, holte Rachaela das überschüssige Pfund heraus und steckte es in ihre Tasche. Sie konnte den Pizza Eater in zwanzig Minuten zu Fuß von ihrer Wohnung aus erreichen.
    Während der ersten sieben Wochen war sie äußerst pünktlich. Wenn sie danach zu spät kam, waren es nie mehr als zehn oder fünfzehn Minuten, was die anderen Angestellten bei weitem übertrafen, die wegen U-Bahnverspätungen oder Verkehrsstaus oft eine halbe Stunde überfällig waren.
    Rachaela sah den Job als etwas Vorübergehendes an. Irgendwann würde sich etwas Ruhigeres finden. In der Zwischenzeit war das Gehalt nicht schlecht, und das gelegentlich vergessene Pfund Wechselgeld eine einträgliche Nebeneinnahme. Nur einmal hatte ein Gast sein Geld nachgezählt und sich über die fehlende Summe beschwert. Rachaela hatte peinlich berührt dreingeblickt, sich entschuldigt und den fehlenden Geldschein aus der Kasse gefischt.
    » Ist schon in Ordnung«, hatte er vergnügt gesagt. » Jeder kann mal einen Feh-feh-heler machen.« Seinen Fehler ignorierte sie.
    Als die Zeit kam, in der den meisten Frauen übel wurde, was sie aus einem der Bücherei entliehenen Buch erfahren hatte, ging es Rachaela besser. Bei ihr zeigten sich überhaupt keine Symptome, außer dass ihre monatliche Blutung ausblieb. Ihre Taille und ihre Hüften wurden ein wenig breiter, und sie versetzte die Knöpfe an ihren Röcken. Dann kaufte sie ihre Kleider eine Nummer größer. Sie beschaffte sich weite T-Shirts. Da das rote Kleid von Anfang an zu groß gewesen war, passte es noch.
    Aus dem trübsinnigen Frühling wurde ein regnerischer Mai. Den entfernten Bäumen vor ihrem Fenster wuchsen Strubbelköpfe aus schillerndem Grün. Das graue stürmische Wetter schien sie, wenn überhaupt, noch grüner werden zu lassen. Hornkraut bohrte sich durch den Asphalt der Bürgersteige.
    Die Stadt bestand nur noch aus feuchtgrünen, knospenden Ritzen und Spalten. Das Wetter log. Es war fast Sommer.
    Sie dachte jetzt

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