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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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dieses Gerücht nicht stimmt.«
    »Sturmbannführer, ich glaube, daß eine kleine Geste von Ihnen im richtigen Moment meinen Sohn retten könnte, und vermutlich auch meine Tochter.«
    Schörner seufzte müde. »Frau Jansen, ich kann Ihnen nur einen Rat geben: Halten Sie den Jungen vom Appellplatz fern, außer natürlich beim Namensappell. Sorgen Sie dafür, daß er krank aussieht. Reiben Sie seine Haut mit etwas ein, das einen Ausschlag verursacht. Sorgen Sie dafür, daß er Läuse hat. Es wird ihn nicht umbringen, könnte ihn aber retten. Machen Sie seine Haut gelb, als hätte er Gelbsucht.«
    »Aber was ist mit der medizinischen Untersuchung? Ich habe gehört, daß man periodisch die Kranken entfernt und ... « Sie hielt inne.
    »... und sie einer Sonderbehandlung zuführt«, beendete Schörner den Satz. »Manchmal macht man das, ja. SS-Doktoren sind blutrünstig, selbst wenn Sie an ihren eigenen Waffengefährten arbeiten. Sie würden ein Bein eher absägen als versuchen, es zu retten.« Schörners rechte Hand glitt unwillkürlich zu seiner Augenklappe. »Kommen Sie heute abend zu mir?«
    »Sturmbannführer, bitte. Versprechen Sie mir wenigstens, daß Sie es versuchen werden. Dann ... komme ich.«
    Als Schörners Blick sich in ihre Augen bohrte, kam Rachel sich armselig und lächerlich vor. Was konnte sie ihm schon anbieten? Um ihren Körper zu bekommen, mußte der Sturmbannführer nur die Tür abschließen und sie über den Schreibtisch legen. Sie konnte es sich nicht leisten zu schreien, ganz zu schweigen davon, sich zu wehren. Aber anscheinend wollte er nicht, daß es so ablief.
    »Vielleicht«, erwiderte Schörner vorsichtig, »könnte ich Ihnen bei den medizinischen Untersuchungen helfen. Ich werde Sie kurz zuvor benachrichtigen. Sie können Ihren Jungen dann ein bißchen saubermachen, damit er nicht wegen Krankheit selektiert wird.«
    Rachel schlug die Hand vor den Mund. »Aber dann wird Doktor Brandt ihn sauber und aus der Nähe sehen. Vielleicht überlegt er sich dann, ihn für seine medizinischen Experimente zu verwenden, oder für ... Sie wissen schon!«
    Schörner hob die Hände. »Mehr kann ich nicht tun! Das ist das System. Ich habe es nicht erfunden; ich bin genauso darin gefangen wie Sie.«
    Rachel ließ diese bemerkenswerte Behauptung unwidersprochen. Außerdem hatte Schörner in gewisser Weise sogar recht. Er konnte nicht mehr tun, um die Pläne seines Vorgesetzten zu vereiteln. Es war schon ein Wunder, daß er ihr überhaupt dieses Angebot gemacht hatte. Natürlich mußte er sein Wort nicht halten, und überdies würde er ihrer nach einigen Nächten vermutlich überdrüssig werden. Und was sollte sie dann tun?
    »Frau Jansen!«
    »Entschuldigen Sie, Sturmbannführer!«
    »Reißen Sie sich bitte wieder zusammen. Sind wir uns einig? Kommen Sie heute abend in mein Quartier?«
    Rachel wurde eiskalt. »Heute abend«, erwiderte sie.
    Natürlich war es Weitz, der Rachel in Schörners Quartier begleitete. Im Lager herrschte Verdunkelung, um es vor den alliierten Bombern zu verbergen. Nachdem sie erst einmal in Schörners Räumen war, ging der körperliche Akt schnell vonstatten. Der Sturmbannführer hatte offenbar schon an der Tür gewartet. Rachel zog sich nicht vollständig aus. Sie wurde einfach für einige Minuten körperlos und richtete ihre Gedanken auf die Umgebung. Schörner besaß einige sehr schöne Kirschholzmöbel, die er sich vermutlich Gott weiß woher zusammengesucht hatte, und einen Phonograph, ein altes Grammophon, das ständig klickte, was andeutete, daß das Ende einer Schallplatte erreicht war. An der Wand hing ein Bild: die obligatorische strengblickende Mutter, mit Schörner in Zivilkleidung davor. Neben ihm stand ein großer, lächelnder junger Mann in der Hauptmannsuniform der Wehrmacht. Natürlich sein älterer Bruder. Außerdem war auf dem Bild noch ein kleines, blondes Mädchen zu sehen, das Schörner bis zur Hüfte reichte und lächelte. Im Rahmen eines Bürospiegels steckten noch andere Bilder: eine Gruppe von grauuniformierten Männern im tiefen Schnee, und dahinter ein weißer, dunstiger Himmel, in den kahle, schwarze Bäume ragten. Der Haufen brennenden Metalls hinter den Männern war ein Panzer, der sich niemals wieder aus eigener Kraft bewegen würde. Die Gesichter der Männer waren grimmig, aber alle berührten einen Kameraden auf eine Art, als wollten sie sich vergewissern, daß sie auf der großen, weißen Ebene nicht allein waren.
    Rachel hatte angenommen, daß

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