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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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kaum wärmer war als die kalte Luft draußen. Er roch die Zigarre im Aschenbecher, bevor er sie sah, und dann stieg ihm auch das Aroma des Brandys in dem Kristallglas auf dem Tisch in die Nase.
    Winston Churchill sah von der Landkarte auf und blinzelte.
    »Himmeldonnerwetter!« rief er und stand auf. »Himmlers Hunnen haben mich also endlich doch noch erwischt!«
    McConnell lachte vielleicht ein wenig zu hysterisch; aber der Premierminister hatte genau die richtige Eröffnung gefunden, damit sie sich entspannten. Es geschah außerdem auch sicher nicht sehr oft, daß Winston Churchill SS-Offizieren von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Sein Grinsen, während er sie von Kopf bis Fuß musterte, schien anzudeuten, daß er es genoß. McConnell bewunderte die Vitalität, die dieser Mann ausstrahlte. Churchill war 70 Jahre alt, aber seine blauen Augen funkelten humorvoll und mit einer beinahe schon beunruhigenden Intelligenz. Als er die Zigarre zwischen die Lippen steckte und McConnell direkt ansprach, fühlte dieser sich plötzlich wie befördert, irgendwie ... geadelt.
    »Also, wie hat Ihnen Schottland gefallen, Doktor?« fragte er. Churchills Stimme klang in echt weit voller als bei seinen Radioansprachen. »Ein ziemlich rauher kleiner Ort, was?«
    Churchill stieß seinen beeindruckenden Kopf vor, was eine indirekte Herausforderung zu sein schien. »Ziemlich rauh«, bestätigte ihm McConnell.
    »Duff hat mir berichtet, daß Sie mit Glanz und Gloria bestanden haben.«
    McConnell war sich bewußt, daß der Premierminister bewußt alle Facetten seines überwältigenden Charismas einsetzte, um andere für seine Sache zu gewinnen, doch trotz dieses Wissens konnte er nicht verhindern, davon beeinflußt zu werden. Es war ihm beinahe unangenehm, als er Stern hinter sich murmeln hörte:
    »Spielerei.«
    »Was war das?« fragte Churchill, hob das Kinn und paffte an seiner Zigarre. »Sie sind Stern, stimmt's?«
    »Ich sagte >Spielerei<. Da oben in Schottland spielen sie doch nur.«
    McConnell zweifelte nicht daran, daß Brigadegeneral Smith kurz davor stand, Stern ein Messer in den Rücken zu rammen.
    »Mr. Stern«, erwiderte Churchill. »Sie spielen Spiele in Achnacarry, weil der Krieg ein Spiel ist, und zwar eines, das man mit einem Lächeln spielen muß. Wenn Sie nicht lächeln können, dann grinsen Sie. Und wenn Sie nicht grinsen können, treten Sie beiseite, bis Sie es können!«
    Er legte die Zigarre in den Aschenbecher und beugte sich über den Schreibtisch. Die Hände stützte er auf die polierte Oberfläche. »Ich wollte Sie beide aus zwei Gründen sehen: Erstens, weil Sie Zivilisten, und zweitens, weil Sie keine Briten sind. Sie unternehmen eine äußerst gefährliche Mission. Ich möchte Ihnen die ungeheure Bedeutung dieses Einsatzes klarmachen. Diese Mission, Gentlemen, darf nicht fehlschlagen!«
    Er setzte sich hinter den Schreibtisch. »Ich möchte vor allem zu Ihnen sprechen, Doktor McConnell. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Sie ein Gefolgsmann von Mr. Gandhi?«
    McConnell war überrascht, wie bereitwillig er antwortete. »Bis zu einem gewissen Grade schon.«
    »Ich hoffe nicht bis zu dem Grad einiger Ihrer Kollegen Wissenschaftler. Kennen Sie Professor Bohr?«
    »Niels Bohr? Den dänischen Physiker?«
    »Genau den.«
    »Ich habe von ihm gehört.«
    »Dieser Utopist hat die verquerste Auffassung vom Krieg, die ich jemals gehört habe. Er benimmt sich wie ein kleines Kind. Er hat hier vor mir gesessen und eine dreiviertel Stunde lang vor sich hingeplappert, und ich hatte trotzdem keine Ahnung, wovon er geredet hat. Ich denke, es drehte sich hauptsächlich darum, der Gewalt mit Humanität gegenüberzutreten. Wenigstens sagt Gandhi das in einem Zehntel der Zeit.«
    Churchill kniff die Augen zusammen und sah McConnell neugierig an. »Was ist mit Ihnen, Doktor? Glauben Sie, daß Menschlichkeit die beste Waffe gegen Herrn Hitlers Armeen ist?«
    McConnell antwortete nicht sofort. Die Erwähnung von Niels Bohr hatte ihn irritiert. Der bekannte Physiker sollte eigentlich in Schweden sein. Wie konnte er dann >vor Winston Churchill sitzen    »Doktor?« wiederholte Churchill drängend.
    »Ich glaube, daß die Ereignisse das jetzt unmöglich gemacht haben, Premierminister. Aber ich glaube auch, daß man Hitler mit wenig oder gar keiner Gewalt vor einigen Jahren hätte

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