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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Sie das verstanden?«
    »Jawohl, Sturmbannführer!«
    »Schreien Sie nicht so. Sie werden den anderen Wachtposten nichts sagen. Sie werden Hauptscharführer Sturm nichts sagen.
    Ich spreche mit Herrn Doktor Brandt und sonst mit niemandem. Jeder, der diese Verhaftungen behindert, findet sich morgen früh selbst in den Kellern der Prinz-Albrecht-Straße wieder. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    Der Mann war zu verwirrt, um darauf zu antworten, aber er schlug die Hacken zusammen und nickte.
    »Gehen Sie auf Ihren Posten zurück, und öffnen Sie das Tor.«
    Der Soldat floh zu seinen Kameraden und gehorchte nur zu gerne dem Befehl.
    Stern legte den Gang ein und rollte langsam ins Lager Totenhausen. Die Kommandantur wirkte verlassen. Er fuhr darum herum auf den Appellplatz. Direkt vor ihm stand das Krankenhaus; links davon befanden sich die Häftlingsblocks. Zwei schwere Lastwagen parkten neben dem Zaun, der die große Scheune zu seiner Rechten umgab. Es war die Scheune, die laut Brigadegeneral Smith Brandts Labor und die Gasfabrik enthielt. Männer in weißen Kitteln luden Kisten in die Lastwagen.
    Stern fuhr direkt zum Krankenhaus und parkte auf der der Fabrik abgelegenen Seite. Seine Uhr zeigte 19:16 Uhr an. Er. war im Zeitplan. Er schraubte den Schalldämpfer von seiner Schmeisser und steckte ihn in den rechten Stiefel. Dann verließ er den Mercedes und ging um das Krankenhaus herum.
    Die Gasse war verlassen.
    Nachdem er sie halb durchquert hatte, drehte er sich nach links und ging zielstrebig die vier Stufen zum tiefer liegenden E-Block hinunter. Die Tür wurde von einem schweren Stahlrad bedient, das mitten auf ihr montiert war, wie das Rad in einer U-Boot-Schleuse. Es ließ sich leicht drehen. Wie Anna vorausgesagt hatte, stand die Tür offen. Die Luft aus einem Heizungsgebläse wehte Stern durchs Haar, als er hineintrat, und ein schwaches blaues Licht drang durch die Bullaugen, die hoch oben in den stählernen Wänden eingelassen worden waren. Erst jetzt wurde ihm klar, wie verzweifelt ihr Plan war. Der E-Block fühlte sich genau nach dem an, was er war: einer Todeskammer. Es war höhere Ironie, daß ausgerechnet dieser Ort in etwas mehr als 40 Minuten der einzige Platz in Totenhausen sein würde, wo Leben existieren konnte.
    Falls das britische Gas funktionierte.
    Stern schloß die Tür, überzeugte sich davon, daß die Gasse leer war, stieg die vereisten Stufen hinauf und ging zum Häftlingsblock. Wieviel der Wachtposten seinen Kameraden wohl von dem Mann im Mercedes erzählt hatte? Unter normalen Umständen würde die Anwesenheit eines SD-Offiziers sich sehr schnell innerhalb der SS herumsprechen; aber dies hier waren keine normalen Umstände. Wie lange würde es dauern, bis die Nachricht zu Wolfgang Schörner drang?
    Vor dem Tor in dem Drahtzaun, der die sechs Häftlingsbaracken umgab, stand ein Wachtposten. Als Stern sich ihm näherte, bemerkte er den verstümmelten Leichnam einer nackten Frau. Greta Müller. Er strich das groteske Bild aus seinem Kopf, zog die Lederhülle mit seinen gefälschten Papieren heraus und öffnete sie, bevor er den Wachtposten erreichte.
    »Ich muß mit einem Gefangenen sprechen«, sagte er mit arroganter Höflichkeit. »Mit einer Jüdin. Es geht um eine Frage der Reichssicherheit. Ich erwarte keinen Ärger, also können Sie auf Ihrem Posten bleiben. Wenn Sie eine Frau schreien hören, ignorieren Sie es einfach. Wenn Sie einen Mann um Hilfe rufen hören, bin ich es. Dann kommen Sie sofort.«
    Der Wachtposten blickte kaum auf die Papiere. Erneut genügten die SD-Uniform und der Rang. Stern kam schneller durch das Tor, als es dauerte, sich eine Zigarette anzuzünden.
    »Sturmbannführer?«
    Stern legte eine Hand auf die Schmeisser, als er sich umdrehte.
    »Sie werden das hier brauchen.«
    Der Wachtposten kam zu ihm und reichte ihm eine Taschenlampe.
    Stern bedankte sich mit einem knappen Nicken und betrat dann die Baracke.
    Der Raum war vollkommen dunkel. Er schaltete die Taschenlampe an, hielt sie auf Armlänge von sich und richtete ihren Strahl auf sein Gesicht.
    »Ich bin der Sohn des Schuhmachers«, flüsterte er. »Ich bin zurückgekommen. Ist mein Vater hier?«
    »Mein Sohn!« Die Antwort war ein freudiges Flüstern.
    »Zündet die Kerze an«, befahl Jonas. »Schnell.«
    Man hörte das Rascheln von Kleidern im Dunkeln. Ein abgeschirmtes gelbes Glühen erleuchtete einen Kreis auf dem Boden. Ein Schatten ging vor dem Licht her, und im nächsten Augenblick spürte Stern,

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