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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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diesem Lager. Alle werden am Baum durchgeführt, und alle drei können tödlich enden. Es gibt die Peitsche, das Tau und die Hunde. Mit der Peitsche wird man bestraft, wenn man die Regeln das erste Mal verletzt hat. Man bringt dich zum Baum, bindet deine Hände zusammen und zieht dir vor allen anderen Gefangenen die Hose runter oder den Rock hoch. Dann mußt du dich über den niedrigen Balken beugen, und sie schlagen dich mit der Gerte. Sie prügeln dich solange, bis Blut fließt, und das ganze Lager schaut dir derweil auf den Hintern. Die Harten überleben das, andere nicht. Einige erfrieren; andere sterben am Schock.
    Schlimmer ist das Tau. Sie fesseln dir die Hände auf den Rücken, binden dann ein starkes Seil um das erste und ziehen dich daran zum oberen Querbalken hoch. Deine Schultergelenke springen sofort heraus. Wenn du das Bewußtsein verlierst, und das tun die meisten, nachdem sie 15 Minuten lang diese Qualen haben ertragen müssen, gießt dir die SS Eimer mit eiskaltem Wasser ins Gesicht, um dich wiederzubeleben. Das Tau kann dich verrückt machen oder dich umbringen, und im Winter tötet es dich sehr schnell.«
    Rachel starrte furchtsam auf ihre Kinder, die still an der gegenüberliegenden Wand saßen und mit großen Augen zu ihr hinüberblickten.
    »Und die Hunde?« fragte Benjamin Jansen.
    Frau Hagan lachte bitter. »Ich denke, das könnt ihr euch selbst ausmalen. Am unteren Querbalken des Baumes sind ein paar Handschellen befestigt. Man zieht euch nackt aus, und dann hetzt Hauptscharführer Sturm seine Hunde auf euch.« Die Polin machte eine schnappende Bewegung mit der Hand, wie die zuschnappenden Kiefer eines Hundes. Benjamin Jansen zuckte zurück. »Niemand überlebt die Hunde, alter Mann. Hauptscharführer Sturm füttert und trainiert sie, und er hat sie zu regelrechten Tötungsmaschinen erzogen. Es ist ein grauenvoller Anblick. Sturm war Hundeführer bei einer Einsatzgruppe im Osten. Einer der SS-Jäger. Seine Pflicht war es, halsstarrige Juden in Kellern und Scheunen aufzuspüren und sie zu töten. Er hat sogar damit geprahlt, einen seiner Schäferhunde soweit gebracht zu haben, Frauen zu vergewaltigen, die gefesselt auf der Erde lagen.«
    Rachel zog sich der Magen zusammen.
    Frau Hagans Miene verhärtete sich. »Wenn ihr in der Nacht Schreie hört, steht nicht auf. Und wenn der Morgen kommt, dann laßt eure Kinder nicht in die Nähe des Baumes. Was sie dort sehen, ist schlimmer als alles, was ihr euch selbst in euren schrecklichsten Alpträumen ausmalen könntet.«
    Rachel schlug die Hände vors Gesicht. »Warum in Gottes Namen hat man uns hierhergebracht?«
    »Gott kannst du vergessen«, riet ihr Frau Hagan. »Er jedenfalls hat dich bestimmt vergessen. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Dieses Lager ist besser als so manches andere. Wir sind hier Versuchskaninchen, keine Arbeitssklaven. Man hat euch hergebracht, damit Doktor Brandt mit euch herumexperimentieren kann, und Brandt will seine Versuchskaninchen in guter Verfassung haben. Das bedeutet, man kann die Nahrung essen, die man uns gibt, und wir müssen nicht in unserer eigenen Scheiße schlafen. Natürlich dauern diese paradiesischen Zustände nur so lange an, bis ihr selektiert werdet oder eine Regel verletzt. Sturm und seine Leute lauern immer auf Verstöße. Die Regelbrecher sind ihre Quelle für Unterhaltung.«
    »Aber wie lauten die Regeln? Wo stehen sie?«
    »In den Köpfen der Deutschen!« Frau Hagan lachte verbittert. »Deshalb ist es auch so schwer, sie nicht zu übertreten! Du hast schon eins, was gegen dich spricht, Meisje.«
    »Was meinen Sie?«
    »Du bist viel zu hübsch. Du hast noch nicht richtig gehungert; also hast du noch deine Brüste.« Die große Polin streckte die Hand aus und strich über Rachels Schädel. Dort zeigte sich bereits eine feine Schicht schwarzer Borsten. Rachel wich instinktiv zurück. Frau Hagan lachte wieder. »Ja, vielleicht läßt sich sogar jemand was einfallen, um dich ins Bett zu bekommen. Schörner ist zwar die meiste Zeit über betrunken, aber manchmal lebt er auch wieder auf. Sein Trinken ist das Beste und gleichzeitig Schlimmste an ihm. Vor Hauptscharführer Sturm mußt du dich hüten. Er ist ein Schwein. Du solltest dich lieber so schnell du kannst häßlich machen, obwohl ich sicher bin, daß du ihnen schon bei der medizinischen Untersuchung aufgefallen bist.«
    Rachel erschauerte bei der Erinnerung.
    »Die SS-Männer mögen Tiere sein, aber vergiß eins nicht.« Frau Hagan warf Benjamin

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