Schwarzer Tod
seiner Burg.
Sergeant McShane blickte Stern tief in die Augen. »Wissen Sie etwas von einem vermißten Fahrrad?«
Schweigend erwiderte Stern den Blick.
»Gut«, sagte McShane. »Machen wir uns an die Arbeit. Im Winter haben wir nicht viel Tageslicht.«
Während der Sergeant sie über das Gelände führte, beugte sich McConnell zu Stern hinüber und flüsterte: »Wo haben Sie das Fahrrad versteckt?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, erwiderte Stern.
Sergeant McShane blieb vor einem kleinen Hügel stehen. Davor saß ein stämmiger Mann auf einem Klappstuhl und rauchte mit sichtlichem Genuß eine Zigarette. Neben ihm auf dem Boden lag eine Mappe mit einer Klammer und ein Stift.
»Meine Befehle lauten, herauszufinden, was Sie beide in Sachen Selbstschutz wissen«, erklärte McShane. »Wir müssen also erst Ihre eigenen gottgegebenen Fähigkeiten zur Selbstverteidigung testen. Die Waffen kommen später dran. Zunächst wollen wir mal sehen, was Sie machen würden, sollte man Sie ohne Waffe erwischen.«
Der Ausbilder auf dem Stuhl grinste McShane an. »Ist schon merkwürdig, wie oft das vorkommt, was, Ian?«
»Das stimmt wohl, John. Bist du beschäftigt? Die beiden sind nur ein paar Tage bei uns.«
»Ich habe Zeit. Ich hetze gerade nur ein paar Polen durch die Übungen.«
»Sie sind der Ausbilder für den unbewaffneten Kampf?« fragte Stern.
Der Mann auf dem Stuhl runzelte beim Klang von Sterns Stimme die Stirn. Einen deutschen Akzent hörte man selten in den Hügeln von Lochaber.
»Wir sind alle so ausgebildet, daß wir jeden Teil des Kurses unterrichten können; aber Sergeant Lewis hat sich ein wenig spezialisiert. Dieser Teil des Kursus nennt sich tatsächlich lautloses Töten.«
Sergeant Lewis stand auf und grinste, doch diesmal erreichte das Lächeln seine Augen nicht. »Wenn ich Sie in meinen Salon bitten darf?«
»Ich lasse meinem Freund den Vortritt, damit er Sie aufwärmt«, erwiderte Stern.
McConnell drehte sich zu MacShane um. »Ist das wirklich nötig?«
»Fangen Sie an, Mr. Wilkes.«
McConnell ging langsam den Hügel hinunter. Er spürte, wie sich sein Pulsschlag beschleunigte. Seine ganze Kampferfahrung bestand aus einer Runde Boxen in einem improvisierten Boxring in der Sporthalle der Fairplay Highschool. Es war in der Woche gewesen, in der Tunney Jack Dempsey den Titel in Philadelphia aus dem Leib geprügelt hatte. Alle Highschool Jungs waren in ein siebentägiges Boxfieber gefallen. Sein Gegner war einen Kopf kleiner und 15 Pfund leichter gewesen als er. McConnell erinnerte sich noch so gut daran, weil der kleinere Junge ihn in weniger als drei Minuten harter, schneller und häufiger geschlagen hatte, als er je in seinem ganzen Leben zuvor verprügelt worden war. Diese drei Minuten waren eine Lehrstunde gewesen, und er vermutete, daß ihn jetzt etwas Ähnliches erwartete.
»Nur keine Scheu«, meinte Sergeant Lewis. »Kommen Sie her.«
McConnell hob die Fäuste in klassischer Boxhaltung: rechter Arm am Ellbogen leicht gebeugt, linke Faust unter dem Kinn. Lewis spürte sein Zögern, trat vor und lächelte, während er seinen Kopf als Ziel darbot.
McConnell versuchte die einzige Finte, die er kannte. Er ließ den Blick zum Bauch des Gegners sinken, täuschte einen linken Körperhaken an und schlug mit der rechten Faust nach Lewis Kinn.
Als er die Bewegung beendete, saß er einen Meter von Lewis entfernt auf dem Hintern. Der Ausbilder hatte offenbar die Geschwindigkeit seines Schlages für eine Art Judogriff genutzt.
»Sie sind kein Kämpfer, Mr. Wilkes«, bemerkte Lewis. »Soviel steht fest. Ich will also nicht mal versuchen, Ihnen zu erklären, was ich da gemacht habe, weil wir soviel Zeit nicht haben.« Er drehte sich zu McShane um. »Ich werde tun, was ich kann, Ian. Aber ich würde sagen, gebt ihm eine Pistole und betet, daß er nicht ohne sie erwischt wird.«
McShane nickte zustimmend, und winkte dann McConnell, der dankbar beiseite trat und ein Stück den Hang zu den anderen hinaufstieg.
Stern ging behende hinunter; seine langen Arme schwangen locker an den Seiten.
Sergeant Lewis trat einen Schritt auf ihn zu. »Sind Sie bereit?«
»Mehr oder weniger.«
Der Ausbilder schüttelte den Kopf. »Hörst du seinen Akzent, Ian? Ich habe ihn auf den ersten Blick für einen Juden gehalten, aber er ist bis auf die Knochen ein verdammter Deutscher.« Er drehte sich zu Stern um. »Sagen Sie noch einmal etwas.«
Stern richtete sich auf. »Gern, Sergeant. Halt dein verdammtes
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