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Schwarzer, Wolf, Skin

Schwarzer, Wolf, Skin

Titel: Schwarzer, Wolf, Skin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hagemann
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hatte.
    »Haste das schon gesehen?« fragte er.
    Ich schaute hoch auf eine Suchanzeige. Wer hat Özan Ugür ermordet?
    Das war wohl der Türke, den wir kurzgemacht hatten. Und darunter, was sah mein entzündetes Auge? Darunter war ein Foto von einem Skin. Phantombild stand dabei. Nach Angaben des Zeugen erstellt. Also gab es doch einen Zeugen. Ich wußte es ja. Es war sogar eine Belohnung ausgesetzt. 5000 Mark. Ich stand wie vom Schlag getroffen.
    »Wart ihr das?« fragte der Skin.
    »Wieso fragste das?« Ich zuckte mit den Schultern und hob meine Faust. Ich ließ mir nichts anmerken.
    »Wie lange hängt das da?« fragte ich.
    »Weiß nicht genau«, sagte er. »Hab ich eben erst gesehen.« Er ging.
    Ich las den Text genau. Warum setzten die das Bild auf das Fahndungsplakat? Sie wollten Angst machen. Für uns begann eine gefährliche Zeit.
     
     
    Schneider war festgenommen worden. Vorübergehend, hieß es, wegen des Türken. Es herrschte gedrückte Stimmung im Bunker. Da brachte auch meine Runde Bier nichts. Und ich konnte ja noch nicht einmal offen erzählen, warum ich sie ausgab. Hatte Scheuerer mir verboten. »Und das ist ein Befehl«, hatte er gesagt. »Ist klar, nur so können wir zusammenarbeiten«, hatte ich geantwortet.
    »Wir müssen unser Aussehen ändern – und zwar ziemlich plötzlich«, sagte Dolf. »Es darf uns nicht jeder sofort ansehen, daß wir Skins sind. Die Bullen werden jetzt einiges veranstalten. Und die Türken darfst du nicht unterschätzen. Die sinnen doch auf Rache. Ich hab das so in der Nase, wenn wir nicht verflucht aufpassen, dann haben die auf einmal einen von uns und machen den platt.«
    Davor hatten wir alle Angst. Jeder allein. Jeder für sich. Das zeigte natürlich keiner. Jeder tat völlig cool. Angst? Angst haben nur die andern. Wir nicht. Wir können zulangen. Plattmachen. Peng.
    »Leute, ich hab ‘ne Idee«, sagte Kühler. »Wir müssen den Gegenangriff starten. Wir schnappen uns noch einen Türken.«
    »Toft«, sagte Jon. »Machen wir den auch platt?«
    »Sehn wir dann ja. Erst ein bißchen behandeln. Aber auf jeden Fall haben wir dann ein Druckmittel in der Hand.«
    Andy wollte etwas dagegen sagen: »Schläft der dann hier bei mir?«
    Dolf lachte. »Klar, und du schiebst Wache.«
    »Seh ich zwar ein«, sagte Fried, »daß das Jux macht, aber wir sind doch keine Fascho-Skins. Hab ich keinen Bock drauf.«
    »Dein Alter, Dolf, versucht ja mit allen Mitteln, so was aus uns zu machen. Am besten macht der uns noch zu Partei-Skins«, sagte Kühler. Kühler war ein bißchen sauer, auch über die Kameradschaftsabende. »Bis jetzt sind wir echte Oi-Skins gewesen, und ich meine, dabei sollten wir bleiben«, meinte er weiter. »Kraft durch Froide!« sagte er und haute auf den Tisch. »Wir wollen unsern Spaß, und wir wollen schließlich keine großen politischen Sachen. Hab ich auf jeden Fall nie gewollt«, meinte er.
    Alle klatschten.
    »Jetzt reicht’s aber wieder mit den hohen Worten«, rief ich. »Kommt, Kameraden, sauft mit mir!«, und ich verteilte mein Bier. Es kam echt noch Stimmung auf. Einer erzählte ein paar Türkenwitze.
    »Woran erkennt man ein türkisches Flugzeug? – Antwort: Am Dachgepäckträger.«
    »Die Firma Rittersport hat eine neue Schokoladensorte herausgebracht: Knoblauch-Trauben-Nuß.«
    »Was ist der Unterschied zwischen Juden und Türken? – Antwort: Die Juden haben es schon hinter sich!«
    Da wurde Fried sauer: »Ich denk, wir haben gerade ‘ne Abmachung getroffen. Da sollten wir uns dran halten. Wir sind Oi-Skins. Kraft durch Froide!«
    »Kameraden«, sagte ich, »keinen Streit, auch wenn Streiten manchmal Jux macht. Aber ich denke, wir müssen ernsthaft überlegen, wie wir uns tarnen. Denn so wie jetzt leben wir gefährlich.«
     
     
    Am nächsten Tag begann ein riesiger Jux. Wir hatten überall gekramt und Sachen zum Verkleiden angeschleppt.
    Fried hatte sogar einen Borsalino aus dem Kaufhaus mitgehen lassen und dazu einen Trench, der ihm drei bis vier Nummern zu groß war.
    Als wir fertig waren, erkannten wir uns selbst kaum wieder. Andy sah aus wie ein Südländer, Italiener oder Franzose.
    »Auf der Straße würde ich dich glatt anrempeln«, sagte Fried zu ihm.
    Kühler hatte mehr auf Geschäftsmann gesetzt. Er rannte jetzt mit einem Aktenkoffer und Lederjacke rum.
    Kleider machen Leute! Wir sahen einfach saugut aus. Und wir hatten unseren Spaß.

11
     
     
     
    Der alte Motte haute auf den Tisch.
    »Spielverderber«, sagte einer.
    »So geht das

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