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Schwarzer, Wolf, Skin

Schwarzer, Wolf, Skin

Titel: Schwarzer, Wolf, Skin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hagemann
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Einwanderungsland«, sagte er immer wieder.
    Ich dachte nur: Hoffentlich sagt der Andy nicht gleich: »Mensch ist Mensch.« Hoffentlich hatte er das kapiert. Ich zog mir noch ‘ne Pulle Bier rein. Es wurde mir schon wieder zu politisch. Aber es kam dann noch schärfer. Der Alte erklärte, wenn er uns den Bunker zur Verfügung stellte, dann nur unter einer Bedingung: daß wir wenigstens alle zwei Wochen einen Kameradschaftsabend machten – mit ihm, versteht sich. Er würde Material mitbringen. Uns auch gut versorgen mit Bier und allem. Er grinste.
    Das ließ sich hören.
    Schneider war natürlich sofort dafür. Er fände das ohnehin besser, wenn das Ganze eine straffere Organisation bekäme.
    Müller nickte.
    Und wir andern?
    Ich stand nicht so auf Organisation. Ich wollte lieber kommen und gehen, wann ich wollte. Aber immerhin hatten wir wieder einen Bunker. Andy war schon deswegen dafür.
     
     
    Ich glaub, der Andy wußte noch nicht so richtig, was da auf ihn zukam. Aber er konnte hier wenigstens wohnen und schlafen. Hatte wieder einen Unterschlupf. Oder ahnte er es doch, was da auf ihn zukam, mit den Kameradschaftsabenden? Andy wirkte auf mich schon damals irgendwie komisch. Als gäbe es zwei Andy.
    Der eine Andy war so: Zartes Gesicht. Sah gut aus. Ging zur Schule. Das war auch der Andy, der sagte: »Mensch ist Mensch.«
    Und der andere Andy war der, der schon oft unheimlich geprügelt hatte. Brutal. Vor allem mit Mädchen. Brutal, ein anderes Wort gibt es dafür nicht. Das war auch der, der Hakenkreuze sprühte. Machte Jux.
    Andy war mal so, mal so. Und er war halt noch ziemlich neu in unsrer Truppe. Irgendwie konnte man ihn nicht richtig blicken. Aber wahrscheinlich mußte der das Ganze überhaupt mal kennenlernen.
     
     
    Dolf sagte plötzlich, er wolle unser Führer sein. Wer dagegen wäre. Schneider meldete sich. Er wäre dagegen, weil er der Führer sein wolle. Er rempelte Dolf dabei an. Das ist bei uns so üblich. Dann schlägt man sich kurz, boxt. Danach ist es wieder vorbei. Aber diesmal war es härter.
    Schneider ging zum Klo. Dolf hatte ihm ins Auge geschlagen. Es schwoll sofort zu. Dolf kann zulangen. Das muß bei einem Führer auch so sein.
    »Wir wollen das alles so machen, wie es im Nationalsozialismus war«, sagte er. »Auch das mit dem Führer.«
    Schneider hielt die Schnauze. Er sagte kein Wort mehr. Ich glaube, Dolfs Vater war unheimlich stolz auf seinen Sohn. Vor allem, daß er so eine Führernatur war.
    Mir war das im Prinzip völlig egal, wer mir sagte, wo es langging. Ich war nur froh, daß einer da war, der es mir sagte.
    Dolf richtete sich auf. »Kameraden«, sagte er ziemlich feierlich. »Wir sind hier zusammen, weil wir zusammen für eine Sache sind.«
    Alle mußten lachen, weil sich das so komisch anhörte.
    Dolf reagierte ein bißchen gereizt und sprach hastig weiter. »Im Prinzip wollen wir doch nur das eine: Wir wollen die alte Ordnung wiederhaben, wie sie in Deutschland schon einmal bestand!«
    Schneider machte sich eine Zigarette an. Seine Hände zitterten noch. Sein Auge sah übel aus. »Das zahl ich dir heim«, hatte er gemurmelt. Und wenn Schneider so was sagte, dann war das auch so.
    »Wir müssen was machen gegen die Ausländer«, fuhr Dolf fort. »Wir müssen einfach wieder was tun!«
    Das Gefühl hatte ich auch, und das Gerede reichte mir im Augenblick.
    Dolf fühlte das. »Heil Hitler!« sagte er nur und: »Sieg Heil!«
    »Heil Hitler!« sagte der Alte, der stand ja auch voll dahinter. Dann zeigte er uns den Keller.
    Mensch, waren wir baff, als wir den sahen. Rundherum alles braun angestrichen. Die Hakenkreuzfahne an der Wand. In der Mitte der Kameradschaftstisch. Ein Regal mit Zeitschriften, in der Ecke Matratzen. Da konnte man sich wohl fühlen. Da konnte man auch mal nachts bleiben. Ein Kühlschrank mit was zu trinken und zu essen. Aus dem Lautsprecher unsere Musik. Dafür konnte man gut alle zwei Wochen einen Kameradschaftsabend über sich ergehen lassen.
    Und damit fing Dolfs Vater auch sofort an. Er hatte uns Material zum Holocaust mitgebracht. »Das ist alles erfunden«, sagte er. »In den Konzentrationslagern sind gar nicht so viele Juden umgebracht worden. Das alles sind böse Lügen. Die wollen sich heute nicht mehr unterordnen. Und deswegen wird alles, was früher war, schlechtgemacht.«
    Das meiste von dem, was da über den Holocaust erfunden worden sei, stamme von Juden, damit sie ordentliche Reparationszahlungen erhielten, sagte der alte Motte.
    Ich saß

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