Schwarzes Echo
sagte Lewis. »Sie haben Händchen gehalten, als sie aus dem Restaurant kamen. Wir verlieren sie nicht. Die gehen nur in ihre Wohnung. Ich wette mit dir um eine Woche Fahrdienst, daß wir sie da finden.«
Clarke schüttelte die Hand ab und stieß einen langen Seufzer aus. Seine Miene entspannte sich etwas. Er sagte: »Ist mir egal. Die ganze Scheiße gefällt mir nicht.«
Am Ocean Park Boulevard fand Bosch einen Parkplatz gegenüber von Eleanors Wohnung. Er parkte ein, machte aber keine Anstalten, auszusteigen. Er sah sie an, spürte die W ärme der Minuten vorher, unsicher, wohin das alles führen sollte. Sie schien es zu wissen, fühlte vielleicht sogar genauso. Sie legte ihre Hand auf seine und beugte sich herüber, um ihn zu küssen. Si e flüsterte: »Komm mit rein.«
Er stieg aus und kam auf ihre Seite. Sie war schon draußen, und er schloß die Tür. Sie gingen um die Front des Wagens herum, blieben stehen und wollten einen herankommenden Wagen vorbeilassen. Der Wagen hatte Fernlicht eingeschaltet. Bosch drehte sich weg und sah Eleanor an. Daher war sie es, die als erste bemerkte, daß das Fernlicht mit hoher Geschwindigkeit in ihre Richtung kam.
»Harry?«
»Was?«
»Harry!«
Da drehte sich Bosch dem heranrasenden Wagen zu und sah die Scheinwerfer: zwei Paar quadratische Doppelscheinwerfer. In den wenigen Sekunden, die blieben, wurde Bosch eindeutig klar, daß der Wagen auf sie zuhielt. Zeit war das, was sie am wenigsten hatten, und doch schien die Zeit stehenzubleiben. Bosch kam es vor, als drehte er sich im Zeitlupentempo nach rechts zu Eleanor. Aber sie brauchte keine Hilfe. Gleichzeitig sprangen sie auf die Haube von Boschs Wagen. Er rollte über sie, und beide stürzten auf den Gehsteig, als sein Wagen einen Satz machte und das Kreischen von berstendem Metall zu hören war. Bosch sah im Augenwinkel, wie blaue Funken nach allen Seiten stoben. Sie landeten aufeinander auf dem schmalen Rasenstreifen zwischen Bordstein und Gehweg. Bosch spürte, daß sie in Sicherheit waren. Erschrocken, aber für den Augenblick in Sicherheit.
Er rappelte sich hoch, hielt seine Waffe mit beiden Händen. Der Wagen, der es auf sie abgesehen hatte, hielt nicht an. Er war schon fünfzig Meter weiter östlich, raste davon, wurde immer schneller. Bosch gab einen Schuß ab und meinte, die Kugel wäre an der Heckscheibe abgeprallt. Auf diese Entfernung konnte sie kein Glas zerschlagen. Er hörte, wie Eleanors Waffe neben ihm zweimal abgefeuert wurde, sah aber keinen Schaden am flüchtenden Wagen.
Ohne ein Wort stürmten beide in Boschs Wagen. Bosch hielt den Atem an, während er den Zündschlüssel drehte, aber der Motor startete, und mit quietschenden Reifen fuhr der Wagen an. Bosch riß das Lenkrad von einer Seite zur anderen, während sie an Geschwindigkeit zunahmen. Die Aufhängung fühlte sich etwas schwammig an. Er hatte keine Ahnung, wie groß der Schaden war. Als er in den Außenspiegel sehen wollte, merkte er, daß es keinen mehr gab. Er machte das Licht an, aber nur der Scheinwerfer auf der Beifahrerseite funktionierte.
Der flüchtende Wagen war fünf Blocks voraus, fast schon dort, wo der Ocean Boulevard hinter dem Hügel verschwand. Die Rücklichter des anderen Wagens verschwanden, als er über den Kamm des Hügels fuhr. Er will zum Bundy Drive, dachte Bosch. Von da war es nur ein kurzes Stück zur 10. Er wäre weg, und sie würden ihn nie mehr kriegen. Bosch schnappte sich das Funkgerät und bat um Unterstützung. Aber er konnte keine Beschreibung des Wagens abgeben, nur die Fahrtrichtung nennen.
»Er fährt zum Freeway, Harry«, schrie Eleanor. »Bist du okay?«
»Ja, Und du? Hast du die Automarke?«
»Alles klar. Hab’ mich nur erschrocken. Keine Marke. Amerikanisch, glaub’ ich. Mh, eckige Scheinwerfer. Keine Farbe, nur dunkel. Die Farbe hab’ ich nicht gesehen. Wir kriegen ihn nicht, wenn er es zum Freeway schafft.«
Sie fuhren Richtung Osten auf dem Ocean Park, parallel zur 10. Sie kamen zum Kamm des Hügels, und Bosch schaltete den Scheinwerfer aus. Als sie drüber waren, sah er, wie der unbeleuchtete Wagen über die beleuchtete Kreuzung an der Lincoln fuhr. Ja, er wollte zum Bundy. An der Lincoln bog Bosch links ein und trat das Gas durch. Er machte das Licht wieder an. Und während der Wagen schneller wurde, hörten sie ein Rumpeln. Der linke Vorderreifen und die Spur waren beschädigt.
»Wo willst du hin?« rief Eleanor.
»Ich will zuerst auf dem Freeway sein.«
Kaum hatte Bosch es gesagt,
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