Schwarzes Echo
Nummer. Mit dem Rücken zu Eleanor und Binh blieb er stehen. Er sah an der Wand hoch, als bewunderte er die Seidentapeten. Er hörte, wie Binh Eleanor seine Einreise- und Einbürgerungspapiere beschrieb, die aus dem Fach verschwunden waren. Bosch schob den Pieper in seine Manteltasche und nahm ein kleines Taschenmesser, die T-9-Telefonwanze und die kleine Batterie heraus, die er von seinem eigenen Telefon abgeklemmt hatte.
»Hier ist Bosch, wer ruft mich?« sagte er ins Telefon, als Edgar abnahm. Nachdem Edgar den Hörer beiseite gelegt hatte, sagte er: »Ein paar Minuten vielleicht, aber sagen Sie ihm, ich wäre mitten in einem Gespräch. Was ist so wichtig?«
Mit dem Rücken zur Couch gewandt, drehte sich Bosch leicht nach rechts und neigte den Kopf, als klemmte er den Hörer an sein linkes Ohr, wo Binh, der noch immer redete, ihr nicht sehen konnte. Bosch brachte den Hörer auf Bauchhöhe, löste den Deckel der Hörmuschel – räusperte sich dabei – und holte dann das Abhörgerät hervor. Einhändig verband er die Wanze mit der Batterie – das hatte er vorher geübt, während er beim Fahrdienst an der Wilcox auf den neuen Wagen warten mußte. Dann schob er Wanze und Batterie in den Griff des Hörers. Er baute ihn wieder zusammen, klappte den Deckel drauf und hustete laut, um das Geräusch zu übertönen.
»Okay«, sagte Bosch ins Telefon. »Na gut, sag ihm, ich ruf zurück, wenn ich hier fertig bin. Danke, Mann.«
Er stellte das Telefon auf den Tisch zurück, während er das Messer wieder in seine Tasche schob. Dann kehrte er zur Couch zurück, wo Eleanor etwas in ihr Notizbuch schrieb. Als sie fertig war, sah sie Bosch an, und ohne jeden weiteren Hinweis wußte Bosch, daß das Gespräch jetzt eine Wendung nehmen würde.
»Mr. Binh«, sagte sie. »Sind Sie sicher, daß das alles ist, was Sie in Ihrer Box hatten?«
»Ja, sicher, warum fragen Sie mich soviel?«
»Mr. Binh, wir wissen, wer Sie sind, und wir kennen die Umstände Ihrer Einreise in dieses Land. Wir wissen, daß Sie Polizeibeamter waren.«
»Ja, und? Was heißt das?«
»Wir wissen noch andere Dinge …«
»Wir wissen«, ging Bosch dazwischen, »daß Sie als Polizeibeamter in Saigon hochbezahlt waren. Wir wissen, daß Ihre Arbeit zum Teil mit Diamanten vergütet wurde.«
»Was soll das bedeuten, was er sagt?« sagte Binh, sah Eleanor an und deutete mit der Hand auf Bosch. Er versteckte sich hinter der Sprachbarriere. Sein Englisch schien immer schlechter zu werden, je länger das Gespräch dauerte.
»Es bedeutet genau das, was er sagt«, antwortete sie. »Wir wissen von den Diamanten, die Sie aus Vietnam mitgebracht haben, Captain Binh. Wir wissen, daß Sie sie in ihrem Schließfach im Tresor aufbewahrt haben. Wir glauben, daß diese Diamanten das Motiv für den Einbruch waren.«
Die Neuigkeit erschütterte ihn nicht weiter. Soweit schien er es sich schon gedacht zu haben. Er rührte sich nicht. Er sagte: »Das nicht richtig.«
»Mr. Binh, wir haben Ihre Akten«, sagte Bosch. »Wir wissen alles über Sie. Wir wissen, daß Sie in Saigon waren, was Sie getan haben. Wir wissen, was Sie mitgebracht haben, als Sie herkamen. Ich weiß nicht, was Sie jetzt treiben – es sieht alles legal aus, aber das ist uns auch egal. Nicht egal ist uns, wer diese Bank ausgeraubt hat. Und man hat sie Ihretwegen ausgeraubt. Man hat Ihnen die Sicherheit für alles, was Sie besitzen, geraubt. Ich glaube nicht, daß wir Ihnen etwas sagen, was Sie sich nicht schon selbst überlegt und zusammengereimt hätten. Vielleicht haben Sie sogar schon daran gedacht, daß Ihr alter Partner Nguyen Tran dahinterstecken könnte, weil er wußte, was Sie hatten und wo es war. Kein schlechter Gedanke, aber wir glauben es nicht. Wir glauben, er ist der nächste auf der Liste.«
Nichts rührte sich auf dem Stein, der Binhs Gesicht war.
»Mr. Binh, wir möchten mit Tran sprechen«, sagte Bosch. »Wo ist er?«
Binh starrte durch den gläsernen Kaffeetisch auf den dreiköpfigen Drachen hinab. Er legte seine Hände in den Schoß, schüttelte den Kopf und sagte: »Wer ist dieser Tran?«
Eleanor funkelte Bosch an und versuchte, von dem Verhältnis, das vor Boschs Eingreifen zwischen ihr und dem Mann bestanden hatte, zu retten, was zu retten war.
»Captain Binh, wir haben keinerlei Interesse daran, irgend etwas gegen Sie zu unternehmen. Wir wollen nur einen weiteren Bankraub verhindern. Würden Sie uns bitte helfen?«
Binh antwortete nicht. Er starrte seine Hände an.
»Hören
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