Schwarzes Echo
zwischen Binh und dem unbekannten Mann hielt an. Er stellte ab und nahm das Funkmikro. Er gab die Telefonnummer an die Vermittlung weiter und bat um den dazugehörigen Namen und die Adresse. Es würde ein paar Minuten dauern, bis jemand im umgekehrten Telefonbuch nachgesehen hatte. Inzwischen ließ Bosch den Wagen an und fuhr auf der 10 Richtung Süden. Er war schon im Orange County, als die Vermittlung ihn rief.
Die Telefonnummer gehörte einem Geschäft namens Tan Phu Pagoda in Westminster. Bosch sah Eleanor an, die sich abwandte.
»Little Saigon«, sagte er.
Nach einer Stunde Fahrzeit waren Bosch und Wish an der Tan Phu Pagoda. Es war ein Einkaufszentrum an der Bolsa Avenue, einer Gegend ohne englischsprachige Straßenschilder. Das Gebäude war weiß und stuckverziert. Schaufenster von einem halben Dutzend Läden säumten den Parkplatz. Fast alle verkauften so unnötiges Zeug wie elektronische Geräte oder T-Shirts. An beiden Enden gab es vietnamesische Restaurants. Neben einem der Restaurants befand sich eine Glastür, die entweder zu einem Büro oder einem Laden ohne Schaufenster führte. Da weder Bosch noch Wish die Worte an der Tür entziffern konnten, hielten sie dies für den Eingang zum Büro des Einkaufszentrums.
»Wir müssen reingehen und sicherstellen, daß es sich um Trans Laden handelt, sehen, ob er da ist und ob es noch andere Ausgänge gibt«, sagte Bosch.
»Wir wissen nicht mal, wie er aussieht«, erinnerte ihn Wish.
Er überlegte kurz. Falls Tran nicht unter seinem richtigen Namen lebte, wäre er gewarnt, wenn man nach ihm fragte.
»Ich hab’ eine Idee«, sagte Wish. »Such dir eine Telefonzelle. Dann geh’ ich ins Büro. Du wählst die Nummer vom Tonband, und wenn ich drinnen bin, weiß ich, ob es klingelt. Wenn ich das Telefon höre, sind wir richtig. Gleichzeitig kann ich nach Tran und den Notausgängen sehen.«
»Könnte sein, daß da drinnen alle zehn Sekunden Telefone klingeln«, sagte Bosch. »Könnte ein Drogenlabor oder eine Sklavenfabrik sein. Woher willst wissen, daß ich dran bin?«
Sie schwieg einen Moment.
»Höchstwahrscheinlich sprechen sie kein Englisch oder zumindest nicht gut«, sagte sie. »Also bittest du darum, Englisch zu sprechen oder jemanden zu holen, der es kann. Wenn du jemanden dran hast, der dich versteht, sag irgendwas, das eine Reaktion provoziert, die ich erkennen kann.«
»Du meinst, falls das Telefon in dem Raum klingelt, in dem du zufällig gerade bist.«
Sie zuckte mit den Achseln, hatte genug davon, daß er jeden ihrer Vorschläge ablehnte. »Es ist das einzige, was wir tun können. Komm, da ist ein Telefon. Wir haben nicht viel Zeit.«
Er fuhr vom Parkplatz und ein Stück weit zu einer Telefonzelle vor einem Schnapsladen. Wish lief zurück zur Tan Phu Pagoda, und Bosch sah hinterher, bis sie an der Tür zum Büro war. Er warf einen Quarter ein und wählte die Nummer, die er auf seinem Block notiert hatte. Die Leitung war besetzt. Er drehte sich zur Bürotür um. Wish war nicht zu sehen. Wieder warf er den Quarter ein und wählte. Besetzt. Er tat es noch zweimal kurz hintereinander, bis das Freizeichen kam. Er glaubte schon, er hätte sich verwählt, als abgenommen wurde.
»Tan Phu«, sagte eine männliche Stimme. Jung, asiatisch, Anfang Zwanzig, dachte Bosch. Nicht Tran.
»Tan Phu?« fragte Bosch.
»Ja, bitte.«
Bosch wußte nicht, was er tun sollte. Er pfiff ins Telefon. Die Reaktion war eine heftige Verbalattacke, von der Bosch kein einziges Wort verstand. Dann wurde der Hörer am anderen Ende aufgeknallt. Bosch ging zum Wagen, fuhr zurück auf den kleinen Parkplatz vor dem Einkaufszentrum. Er fuhr Schrittempo, als Wish in Begleitung eines Mannes an der Glastür erschien. Ein Asiate. Wie Binh hatte auch er graues Haar und diese gewisse Aura natürlicher Überlegenheit. Er hielt Eleanor die Tür auf und nickte ihr zu, als sie sich bedankte. Er sah ihr hinterher und verschwand wieder in der Tür.
»Harry«, sagte sie, als sie in den Wagen stieg, »was hast du zu dem Mann am Telefon gesagt?«
»Kein Wort. Also, war es das Büro?«
»Ja, ich glaube, es war unser Mr. Tran, der mir die Tür aufgehalten hat. Netter Mensch.«
»Was hast du angestellt, daß er so nett zu dir war?«
»Ich habe gesagt, ich wäre Maklerin. Ich habe darum gebeten, den Chef sprechen zu dürfen. Da kam Mr. Grauhaar aus einem Büro. Er sagte, sein Name wäre Jimmie Bok. Ich habe gesagt, ich würde japanische Investoren vertreten und gefragt, ob er Interesse an
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