Schwarzes Echo
einem Angebot hätte. Er hat abgelehnt. Er sagte – in sehr gepflegtem Englisch – ›Ich kaufe, ich verkaufe nicht.‹ Dann hat er mich hinausbegleitet. Ich glaube, es war Tran. Er hatte so etwas an sich.«
»Ja, ich hab’ es gesehen«, sagte Bosch. Dann nahm er das Funkgerät und bat die Vermittlung, den Namen Jimmie Bok durch die Computer von NCIC und Verkehrsbehörde laufen zu lassen.
Eleanor beschrieb das Innere des Büros. Eine zentrale Empfangshalle, dahinter ein Korridor mit vier Türen, einschließlich einer am hinteren Ende, die – nach dem Doppelschloß zu urteilen – wie ein Ausgang aussah. Keine Frauen. Mindestens vier Männer außer Bok. Zwei davon sahen aus wie Leibwächter. Sie standen von der Couch am Empfang auf, als Bok aus der mittleren Tür des Korridors trat.
Bosch fuhr vom Parkplatz und um den Block. Er bog in die Lieferantengasse hinter dem Einkaufszentrum ein und hielt, als er einen goldenen Stretch-Mercedes vor einer Hintertür des Komplexes stehen sah. Die Tür hatte ein Doppelschloß.
»Das muß seine Kutsche sein«, sagte Wish.
Sie beschlossen, den Wagen zu beobachten. Bosch fuhr daran vorbei ans Ende der Gasse und parkte hinter einem Müllcontainer. Als er merkte, daß der voller Abfälle aus dem Restaurant war, setzte er zurück und fuhr ganz hinaus. Er parkte so in der Seitenstraße, daß sie beide aus dem Beifahrerfenster das Heck des Mercedes sahen. Außerdem konnte Bosch gleichzeitig Eleanor ansehen.
»Dann warten wir also«, sagte sie.
»Scheint so. Schwer zu sagen, ob er nach Binhs Warnung etwas unternimmt. Vielleicht hat er schon was unternommen, nachdem Binh im letzten Jahr ausgeraubt wurde, und wir laufen hier ganz umsonst heiß.«
Bosch bekam einen Rückruf von der Vermittlung: Jimmie Bok stand nicht in der Verkehrssünderkartei. Er wohnte in Beverly Hills und hatte keine Vorstrafen. Das war alles.
»Ich geh’ wieder zur Telefonzelle«, verkündete Eleanor. Bosch sah sie an. »Ich muß mich melden. Ich werde Rourke sagen, daß wir diesen Mann an der Angel haben, und sehen, ob er nicht vielleicht jemanden abstellen kann, der ein paar Banken anruft und den Namen durchgibt. Um zu sehen, ob er Kunde bei ihnen ist. Außerdem würde ich ihn gern in den Grundbuchcomputer eingeben. Er sagte: ›Ich kaufe, ich verkaufe nicht.‹ Ich möchte wissen, was er kauft.«
»Schieß einmal in die Luft, wenn du mich brauchst«, sagte Bosch und lächelte, als sie die Tür öffnete.
»Möchtest du was essen?« fragte sie. »Ich überlege, ob ich aus einem der Restaurants vorne was zum Lunch hole.«
»Nur Kaffee«, sagte er. Vietnamesisch gegessen hatte er seit zwanzig Jahren nicht. Er sah, wie sie zur Vorderseite der Anlage ging.
Etwa zehn Minuten später, Bosch beobachtete den Mercedes, sah er am anderen Ende der Gasse einen Wagen vorbeifahren. Augenblicklich erkannte er ihn als Polizeiwagen. Ein weißer Ford LTD ohne Radabdeckungen, nur mit den normalen Radkappen und Weißwandreifen. Er war zu weit weg, um erkennen zu können, wer drin saß. Abwechselnd behielt er den Mercedes und den Rückspiegel im Auge, um zu sehen, ob der LTD um den Block kam. Nach fünf Minuten hatte er ihn noch immer nicht gesehen.
Zehn Minuten später kam Wish zurück. Sie trug eine fettverschmierte, braune Tüte, aus der sie einen Kaffee und zwei Kartons holte. »Gekochter Reis und Crab Boh«, sagte sie. Er lehnte dankend ab und kurbelte sein Fenster herunter. Er probierte seinen Kaffee und verzog das Gesicht.
»Schmeckt, als hätten sie ihn in Saigon gekocht und dann importiert«, sagte er. »Hast du Rourke erreicht?«
»Ja. Er will jemanden auf Bok ansetzen und mich anpiepen, wenn sie was finden. Wir sollen ihm über Funk Bescheid geben, wenn der Mercedes abfährt.«
Zwei Stunden vergingen schnell, während sie plauderten und den goldenen Mercedes im Auge behielten. Schließlich kündigte Bosch an, er wolle die Zelte abbrechen und zur Abwechslung einmal um den Block fahren. Was er für sich behielt, war, daß er sich langweilte, ihm der Hintern einschlief und er den weißen LTD suchen wollte.
»Meinst du, wir sollten anrufen, um zu sehen, ob er noch da ist, und auflegen, wenn er rangeht?« sagte sie.
»Falls Binh ihn gewarnt hat, könnte ihn ein solcher Anruf mißtrauisch machen, ihm zeigen, daß irgendwas vor sich geht.«
Er fuhr den Wagen zur Ecke und an der Front des Einkaufszentrums entlang. Ihm fiel nichts Ungewöhnliches auf. Er kurvte um den Block und parkte wieder an derselben Stelle
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