Schwarzes Echo
wie vorher. Den LTD hatte er nicht gesehen.
Gleich, als sie wieder standen, ging Wishs Pieper los, und sie stieg aus, um zur Telefonzelle zu gehen. Bosch konzentrierte sich auf den goldenen Mercedes und vergaß den LTD für einen Moment. Nur als Eleanor zwanzig Minuten wegblieb, wurde er nervös. Es war drei Uhr nachmittags, und Bok/Tran war noch nicht weggefahren, wie sie es erwartet hatten. Irgendwas stimmte da nicht. Aber was? Bosch betrachtete die vordere Ecke des Einkaufszentrums, sah sie sich genau an, wartete, daß Eleanor um die verputzte Seitenwand kam. Er hörte ein Geräusch, ähnlich wie ein gedämpfter Aufprall. Zwei- oder dreimal. Schüsse? Er dachte an Eleanor, und eine Faust schlug ihm das Herz bis in die Kehle. Oder wurden nur Autotüren zugeschlagen? Er sah zum Mercedes hinüber, konnte aber nur den Kofferraum und die Rücklichter erkennen. Da war keiner. Wieder zur Ecke. Keine Eleanor. Dann wieder zum Mercedes, und er sah, daß die Bremslichter leuchteten. Bok fuhr ab. Bosch ließ den Wagen an und fuhr zur Ecke. Die Hinterräder spuckten Kies, als er voranpreschte. An der Ecke sah er Eleanor auf dem Bürgersteig in seine Richtung kommen. Er hupte und winkte, daß sie sich beeilen sollte. Eleanor spazierte zum Wagen und stieg gerade ein, als der Mercedes in Boschs Rückspiegel auftauchte und aus der Gasse in ihre Richtung kam.
»Runter«, sagte er und riß Eleanor auf den Sitz.
Der Mercedes schwebte vorbei und bog auf die Bolsa ein. Er ließ ihren Nacken los. »Was soll das eigentlich werden?« fluchte sie, als sie wieder hochkam.
Bosch deutete auf den Mercedes, der sich entfernte. »Sie hätten dich erkannt, weil du heute bei ihnen im Laden warst. Wieso hast du so lange gebraucht?«
»Sie mußten Rourke suchen. Er war nicht in seinem Büro.«
Harry fuhr an und folgte dem Mercedes in einem Abstand von etwa zwei Blocks. Als sie sich nach einiger Zeit wieder gefangen hatte, sagte Eleanor: »Ist er allein?«
»Ich weiß nicht. Ich hab’ nicht gesehen, ob er eingestiegen ist. Ich habe die Ecke beobachtet und nach dir gesucht. Ich glaube, ich hab’ mehr als eine Autotür gehört. Eigentlich bin ich mir sicher.«
»Aber du weißt nicht, ob Tran eingestiegen ist?«
»Stimmt. Ich weiß es nicht. Aber es wird spät. Ich glaube, er müßte es sein.«
Bosch merkte, daß er in die älteste aller Fallen getappt war. Bok oder Tran, oder wer immer er sein mochte, konnte einfach einen seiner Handlanger in dem Hunderttausenddollarwagen weggeschickt haben, um Verfolger abzulenken.
»Was meinst du? Zurück?« sagte er.
Wish antwortete erst, als er sie ansah. »Nein«, sagte sie. »Halten wir uns an das, was wir haben. Zweifle nicht an deiner Intuition. Du hast recht mit der Uhrzeit. Eine Menge Banken schließen vor dem langen Wochenende um fünf. Er mußte los. Binh hat ihn gewarnt. Ich glaube, er ist es.«
Bosch fühlte sich besser. Der Mercedes bog nach Westen ab und dann nordwärts auf den Golden State Freeway nach Los Angeles. Der Verkehr kroch langsam in Richtung Innenstadt. Der goldene Wagen fuhr dann westwärts auf den Santa Monica Freeway und bog um zwanzig vor fünf an der Ausfahrt Robertson ab. Sie wollten nach Beverly Hills. Am Wilshire Boulevard reihte sich von Downtown bis zum Meer eine Bank an die andere. Als der Mercedes nach Westen abbog, spürte Bosch, daß sie nah dran sein mußten. Tran wird seinen Schatz in einer Bank nahe seinem Haus aufbewahren, dachte er. Er hatte richtig getippt. Er entspannte sich etwas und fragte Eleanor endlich, was Rourke gesagt hatte.
»Mit Hilfe des Ordnungsamts im Orange County konnte er bestätigen, daß Jimmie Bok Nguyen Tran ist. Die haben eine Liste mit falschen Namen. Er hat seinen Namen vor neun Jahren geändert. Wir hätten beim Orange County fragen sollen. Little Saigon hatte ich ganz vergessen.
Außerdem«, sagte sie, »falls dieser Tran Diamanten hatte, könnte es sein, daß er sie vielleicht schon aufgebraucht hat. Im Grundbuch steht, daß er noch zwei weitere Einkaufszentren besitzt. In Monterey Park und Diamond Bar.«
Bosch hielt es trotzdem für möglich. Die Diamanten konnten seine Sicherheit für das Immobilienimperium sein. Genau wie bei Binh. Er konzentrierte sich auf den Mercedes, der nur noch einen Block weit vor ihnen war, weil der Feierabendverkehr zugenommen hatte und Bosch sich nicht abhängen lassen wollte. Er beobachtete, wie die schwarzen Scheiben des Wagens über die Straße schwebten, und er war sicher, daß sie auf dem Weg
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