Schwarzes Echo
Bosch.
»Wir sehen uns nur um«, sagte Avery. Er trat an das Röntgengerät, schaltete ein und erklärte, daß es fünfzig Sekunden dauere, bis es warm sei. Die Zeit verstrich ohne ein Wort. Schließlich legte Avery seine Hand auf das Lesegerät. Es erkannte die Knochenstruktur, und das Schloß an der ersten Tür der Schleuse schnappte auf.
»Da mein Wachmann nicht im Tresor ist, muß ich den Code an der zweiten Tür löschen«, sagte Avery. »Meine Herren, wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich Sie bitten, wegzusehen, wenn wir drinnen sind.«
Zu viert schoben sie sich in die winzige Schleuse, und Avery drückte eine Reihe von Ziffern am Kombinationsschloß der zweiten Tür. Es schnappte auf, und sie traten in den Tresorraum. Außer Stahl und Glas gab es hier nichts zu sehen. Bosch stand an der Tresortür und lauschte, hörte aber nichts. Er trat an die Glaswand und spähte den Wilshire hinauf. Er konnte sehen, daß Eleanor oben auf dem ersten Deck des Parkhauses im Wagen saß. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Avery zu, der neben ihn trat, als wolle er ebenfalls aus dem Fenster sehen. Statt dessen gab er sich verschwörerisch.
»Denken Sie daran, daß ich den Tresor öffnen kann«, flüsterte er.
Bosch sah ihn an und schüttelte den Kopf. Dann sagte er: »Nein. Das will ich nicht. Zu gefährlich. Sehen wir zu, daß wir hier rauskommen.«
Avery verzog erstaunt das Gesicht, aber Bosch machte sich auf den Weg. Fünf Minuten später war das Beverly Hills Safe & Lock verlassen und verriegelt. Die beiden Cops setzten ihre Streife fort, und Avery fuhr davon. Bosch kehrte zum Parkhaus zurück. Inzwischen war auf der Straße mehr los, und der Lärm des Tages setzte ein. Das Parkhaus füllte sich mit Autos und dem Gestank von Abgasen. Im Wagen erklärte Wish ihm, daß Hanlon, Houck und das SWAT-Team auf ihren Positionen blieben. Er sagte, Orozco sei auf dem Weg.
Bosch fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis sich die Männer im Tunnel sicher genug fühlten und mit dem Bohren anfingen. Orozco würde erst in zehn Minuten da sein. Bis dahin konnte viel passieren.
»Also, was machen wir, wenn er kommt?« sagte sie.
»Es ist sein Revier, also seine Entscheidung«, sagte er. »Wir klären ihn über die Lage auf und tun, was er sagt. Wir erklären ihm, daß unsere Operation hier aus dem Ruder läuft und wir nicht wissen, wem wir trauen können. Dem Verantwortlichen jedenfalls nicht.«
Schweigend saßen sie ein paar Minuten da. Bosch rauchte eine Zigarette, und Eleanor sagte nichts dazu. Sie war in Gedanken versunken und sah ziemlich ratlos aus. Etwa alle dreißig Sekunden sahen beide nervös auf ihre Uhren.
Lewis wartete, bis der weiße Cadillac, den er verfolgte, nach Norden vom Wilshire abgebogen war. Sobald man seinen Wagen vom Beverly Hills Safe & Lock aus nicht mehr sehen konnte, nahm Lewis das blaue Blinklicht vom Boden und setzte es auf das Armaturenbrett. Er schaltete es ein, aber der Fahrer des Cadillac fuhr schon vor dem Darling’s an den Straßenrand. Lewis stieg aus und ging nach vorn zu dem Cadillac. Avery kam ihm auf halbem Weg entgegen.
»Was gibt’s, Officer?« sagte Avery.
»Detective«, sagte Lewis und klappte sein Etui mit der Marke auf. »Abteilung für Innere Angelegenheiten, LAPD. Ich habe ein paar Fragen an Sie, Sir. Wir stellen Ermittlungen gegen Detective Harry Bosch an, mit dem Sie gerade im Beverly Hills Safe & Lock gesprochen haben.«
»Wen meinen Sie mit ›wir‹?«
»Ich habe meinen Partner am Wilshire zurückgelassen, damit er ein Auge auf Ihr Geschäft hat. Aber ich möchte Sie bitten, mit in meinen Wagen zu kommen, damit wir uns ein paar Minuten unterhalten können. Irgendwas geht da vor sich, und ich muß wissen, was.«
»Dieser Detective Bosch … hey, woher soll ich wissen, daß Sie echt sind?«
»Woher wissen Sie, daß er es ist? Wir observieren Detective Bosch schon seit einer Woche, Sir, und wir wissen, daß er in Aktivitäten verstrickt ist, die, sollten sie nicht illegal sein, so doch sehr unangenehm für das Department sein könnten. Im Augenblick sind wir nicht sicher, um welche Aktivitäten es geht. Dafür brauche ich Sie, Sir. Würden Sie bitte mitkommen?«
Avery machte zwei zögerliche Schritte zum IAD-Wagen, dann schien er zu denken: Was soll’s? Zielstrebig trat er an die Beifahrerseite und stieg ein. Avery wies sich als Besitzer des Beverly Hills Safe & Lock aus und erklärte Lewis knapp, was während seiner beiden Begegnungen mit Bosch und Wish
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