Schwarzes Echo
Hollywood Division?«
»Geht so. Muß ja.« Er sprach leise, damit der Detective vom Dienst ihn nicht belauschen konnte.
Bremmer sagte: »So schlimm? Na, ich habe gehört, Sie hätten heute morgen die Leiche vom Damm gekriegt.«
Joel Bremmer schrieb schon länger für die Times über die Polizeiarbeit als die meisten Cops bei der Truppe waren, Bosch eingeschlossen. Es gab nicht viel, was er über das Department nicht hörte oder nicht mit einem Anruf herausfinden konnte. Vor einem Jahr hatte er Bosch angerufen, ob er einen Kommentar zu seiner Suspendierung abgeben wollte, ohne Bezahlung. Bremmer hatte früher als Bosch davon gewußt. Normalerweise haßte das Department die Times, und die Times sparte nie mit ihrer Kritik am Department. Aber mitten drin saß Bremmer, dem jeder Cop trauen konnte, was viele, wie Bosch, auch taten.
»Ja, das ist mein Fall«, sagte Bosch. »Bisher gibt es da nicht viel. Aber Sie müssen mir einen Gefallen tun. Wenn es so läuft, wie ich annehme, dürfte es etwas werden, was Sie interessiert.«
Bosch wußte, daß er ihn nicht zu ködern brauchte, aber der Reporter sollte wissen, daß es später noch etwas geben konnte.
»Was brauchen Sie?« sagte Bremmer.
»Wie Sie wissen, habe ich am Labor Day im letzten Jahr meinen verlängerten Urlaub genommen, dank des IAD. Deswegen ist mir diese Sache entgangen. Aber da gab es …«
»Der Tunneljob? Sie wollen mich doch nicht nach der Tunnelsache fragen, oder? Hier unten in Downtown? Der ganze Schmuck? Verkäufliche Pfandbriefe, Aktien, vielleicht Drogen?«
Bosch hörte, wie die Stimme des Reporters eine Spur eindringlicher wurde. Er hatte recht gehabt. Es war ein Tunnel gewesen, und die Geschichte war lang und breit ausgeschlachtet worden. Wenn Bremmer sich so sehr dafür interessierte, handelte es sich um einen wichtigen Fall. Trotzdem überraschte es Bosch, daß er nichts davon gehört hatte, als er im Oktober wieder an seine Arbeit gegangen war.
»Ja, genau die Sache«, sagte er. »Ich war weg, deshalb habe ich es verpaßt. Irgendwelche Festnahmen?«
»Nein, nichts dergleichen. Zuständig ist das FBI, soweit ich weiß.«
»Ich möchte mir heute abend die Ausschnitte ansehen. Ginge das?«
»Ich kümmere mich um Kopien. Wann kommen Sie?«
»Ich mach’ mich bald auf den Weg.«
»Ich gehe recht in der Annahme, daß es etwas mit der Leiche von heute morgen zu tun hat?«
»Sieht so aus. Vielleicht. Ich kann jetzt nicht reden. Und ich weiß, daß die Spinner vom FBI den Fall haben. Mit denen treffe ich mich morgen. Deshalb möchte ich die Ausschnitte heute abend noch sehen.«
»Ich bin da.«
Als er aufgelegt hatte, betrachtete Bosch die FBI-Fotokopie des Armbands. Es gab keinen Zweifel, daß es sich um das Stück handelte, das Meadows versetzt hatte und das auf Obinnas Polaroid zu sehen war. Das Armband auf dem FBI-Foto lag um ein mit Leberflecken übersätes Handgelenk. Drei kleine, geschnitzte Fische schwammen auf einer Woge aus Gold. Bosch nahm an, daß es sich um Harriet Beechams einundsiebzigjähriges Handgelenk handelte und man das Foto aus Versicherungsgründen aufgenommen hatte. Er sah zu dem Detective vom Dienst hinüber, der noch immer in seinem Waffenkatalog blätterte. Er hustete laut, wie er es in einem Film mit Nicholson gesehen hatte, und riß gleichzeitig das Fahndungsblatt aus dem Ordner. Der Junge sah zu Bosch herüber, dann widmete er sich wieder Waffen und Munition.
Als er das Fahndungsblatt in seine Tasche schob, ging Boschs elektronischer Pieper los. Er nahm den Hörer ab und rief das Revier in Hollywood an, rechnete damit, daß ihn eine weitere Leiche erwartete. Ein wachhabender Sergeant namens Art Crocket, den alle nur Davey nannten, nahm den Anruf entgegen.
»Harry, bist du immer noch draußen?« sagte er.
»Ich bin im Parker Center. Mußte ein paar Sachen nachsehen.«
»Gut, dann bist du ja schon in der Nähe vom Leichenschauhaus. Ein gewisser Sakai hat angerufen und gesagt, er muß dich sprechen.«
»Mich sprechen?«
»Er hat gesagt, ich soll dir ausrichten, daß sich was ergeben hätte und sie die Autopsie schon heute machen. Genauer gesagt, sind sie im Augenblick dabei.«
Bosch brauchte fünf Minuten zum County-USC-Hospital und eine Viertelstunde, um einen Parkplatz zu finden. Das Büro des Gerichtsmediziners lag hinter einem der Krankenhausgebäude, die nach dem Erdbeben 1987 für abbruchreif erklärt worden waren. Es war ein gelbes, zweistöckiges Fertighaus ohne architektonischen Reiz oder
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