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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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er, daß auf der anderen Seite des Tisches jemand war.
    »Was willst du?« sagte er ohne aufzusehen.
    »Was ich will?« sagte der Detective vom Dienst. »Ich will wissen, was zum Teufel Sie da machen, Bosch. Das hier ist nicht mehr Ihre Dienststelle. Sie können nicht einfach hier reinplatzen und so tun, als würden Sie den Laden schmeißen. Stellen Sie den Scheiß wieder zurück, und wenn Sie was suchen, kommen Sie morgen wieder und fragen nach, verdammt. Und erzählen Sie mir nicht wieder den Blödsinn mit der Autopsie. Sie sind schon eine halbe Stunde da.«
    Bosch blickte zu ihm auf. Er schätzte ihn auf achtundzwanzig, vielleicht neunundzwanzig, noch jünger als Bosch gewesen war, als er beim Morddezernat angefangen hatte. Entweder waren die Ansprüche gesunken, oder das Morddezernat war nicht mehr, was es mal war. Bosch wußte, daß beides stimmte. Er widmete sich wieder dem Bulletin-Ordner.
    »Ich rede mit dir, Arschloch!« bellte der Detective.
    Bosch streckte seinen Fuß unter dem Tisch aus und trat gegen den Stuhl, der ihm gegenüber stand. Der Stuhl schoß unter dem Tisch hervor, und seine Lehne traf den Detective zwischen die Beine. Er klappte zusammen, gab ein Uumpf von sich und tastete nach dem Stuhl, um sich abzustützen. Bosch wußte, daß sein Ruf für ihn arbeitete. Harry Bosch: Einzelgänger, Kampfmaschine, Killer. Komm schon, Junge, sagte er damit, tu was.
    Aber der junge Detective starrte Bosch nur an, hielt Wut und Erniedrigung im Zaum. Er war ein Cop, der die Waffe ziehen, aber nicht abdrücken konnte. Und als Bosch dies wußte, wußte er auch, daß der Bengel kneifen würde.
    Der junge Cop schüttelte den Kopf, wedelte mit den Armen, als wollte er sagen, jetzt ist es aber genug, und kehrte an seinen Tisch zurück.
    »Mach schon, schreib mich auf, Jungchen«, sagte Bosch seinem Rücken zugewandt.
    »Du kannst mich mal«, gab der Junge kraftlos zurück.
    Bosch wußte, daß er sich keine Sorgen machen mußte. Das IAD, das Department für Innere Angelegenheiten, würde sich die Beschwerde eines Officers über einen anderen ohne Zeugen oder Bandaufzeichnung nicht einmal ansehen. Das Wort eines Cops gegen das eines anderen war etwas, bei dem man in diesem Dezernat nichts unternehmen würde. Tief in ihrem Inneren wußten sie, daß das Wort eines Cops nichts wert war. Deshalb arbeiteten die Leute vom IAD immer paarweise.
    Eine Stunde und sieben Zigaretten später hatte Bosch es gefunden. Die Fotokopie eines Polaroids von dem jadebesetzten Goldarmband gehörte zu einem fünfzig Seiten dicken Packen von Beschreibungen und Fotos von Gegenständen, die bei einem Raub in der WestLand National Bank an der Ecke Sixth und Hill verschwunden waren. Endlich konnte Bosch die Adresse einordnen und erinnerte sich an das dunkel getönte Glas des Gebäudes. Im Inneren der Bank war er nie gewesen. Ein Banküberfall, bei dem Schmuck geraubt wurde, dachte er. Das machte nicht viel Sinn. Er betrachtete die Liste. Bei fast allen Gegenständen handelte es sich um Schmuckstücke, doch für einen Banküberfall waren es zu viele. Allein Harriet Beecham hatte acht alte Ringe, vier Armreifen, vier Ohrringe verloren. Außerdem hatte man die Stücke als gestohlen, nicht als geraubt vermerkt. Er ging die Fahndungsmeldungen durch, konnte aber nichts finden. Nur einen Kontakt zum FBI: Special Agent E. D. Wish.
    Dann fiel ihm auf, daß in einem Feld auf dem Fahndungsblatt drei Tage als Datum des Einbruchs angegeben waren. Ein Einbruch, verteilt über eine Spanne von drei Tagen in der ersten Septemberwoche. Das Wochenende um den Labor Day herum. Da waren die Banken in der Innenstadt drei Tage geschlossen. Jemand hatte ein Ding in einer Bank mit einem Tresorraum gedreht. Ein Tunneljob? Bosch lehnte sich zurück und dachte darüber nach. Wieso erinnerte er sich nicht daran? So ein Einbruch wäre doch tagelang durch die Medien gegangen. Im Dezernat hätte man sogar noch länger davon gesprochen. Dann fiel ihm ein, daß er am Labor Day in Mexiko gewesen war, und die drei darauffolgenden Wochen ebenfalls. Der Bankraub war geschehen, als er seine einmonatige Suspendierung wegen des Dollmaker-Falles verbüßt hatte. Er beugte sich vor, nahm einen Hörer ab und wählte.
    »Times, Bremmer.«
    »Hier ist Bosch. Sie arbeiten immer noch jeden Sonntag, was?«
    »Von zwei bis zehn, jeden Sonntag, ohne Bewährung. Also, was gibt’s? Seit … mh … Ihrem Problem mit der Dollmaker-Sache haben Sie nichts mehr von sich hören lassen. Gefällt Ihnen die

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