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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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vier Uhr morgens bei einem Zeitungsstand an der Vine aufgegriffen worden. Ein Streifenpolizist ha tte gedacht, der Junge würde nach Freiern Ausschau halten. Nachdem er ihn einkassiert hatte, machte er einen Computercheck und fand heraus, daß es sich um einen Ausreißer handelte. Bosch sah sich die Verhaftungsliste des Tages an und stellte fest, daß man den Jungen bis neun Uhr hierbehalten hatte und dann sein Bewährungshelfer gekommen war, um ihn abzuholen. Bosch rief den Mann in der Sylmar Juvenile Hall an, erfuhr aber, man habe bereits vor einem Jugendgericht Anklage gegen Sharkey erhoben und ihn in den Gewahrsam seiner Mutter überstellt.
    »Und das ist das größte Problem«, sagte der Bewährungshelfer. »Heute abend ist er wieder weg, wieder auf der Straße. Dafür kann ich garantieren. Ich habe es dem Richter gesagt, aber der wollte den Jungen nicht in den Affenstall stecken, nur weil er herumgelungert hatte und seine Mutter zufällig eine Telefonnutte ist.«
    »Eine was?« fragte Bosch.
    »Es müßte eigentlich in der Akte stehen. Ja, während sich Sharkey auf der Straße rumtreibt, sitzt die Mutti zu Hause und erzählt Typen am Telefon, wie sie ihnen in den Mund pißt und Gummibänder um ihre Schwänze wickelt. Annonciert in Herrenmagazinen. Kassiert vierzig Dollar pro Viertelstunde. Akzeptiert MasterCard, Visa, stellt die Typen auf eine Nebenleitung, während sie über einen anderen Anschluß sichergeht, daß die Nummer stimmt und sie kreditwürdig sind. Soweit ich weiß, macht sie das schon fünf Jahre. Edwards entscheidende Jahre bestanden darin, sich diesen Dreck anzuhören. Ist doch kein Wunder, daß der Junge Scheiße baut und wegrennt. Was soll man da erwarten?«
    »Wie lange ist es her, daß er mit ihr weggegangen ist?«
    »Gegen Mittag. Wenn Sie ihn da erwischen wollen, fahren Sie besser los. Haben Sie die Adresse?«
    »Ja.«
    »Und, Bosch, eins noch: Erwarten Sie keine Nutte, wenn Sie da ankommen. Seine Mom, sie sieht nicht so aus wie die Type, die sie am Telefon spielt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ihre Stimme mag es vielleicht bringen, aber wenn man sie sieht, könnte man blind werden.«
    Bosch bedankte sich für die Warnung und legte auf. Er nahm die 101 raus zum Valley und dann die 405 nördlich zur 118 und nach Westen. Er bog in Chatsworth ab und fuhr durch die rauhen Klippen des oberen Valley. Dort gab es eine Anlage von Eigentumswohnungen, von der er wußte, daß es sich dabei früher mal um eine Filmranch gehandelt hatte. Es war eine dieser Anlagen, in der sich Charles Manson und seine Anhänger versteckt hatten. Körperteile von einem seiner Anhänger wurden angeblich nach wie vor vermißt und waren hier irgendwo vergraben. Es dämmerte fast, als Bosch dort war. Die Leute kamen von der Arbeit nach Hause. Eine Menge Verkehr für die schmalen Straßen der Gegend. Eine Menge verschlossener Türen. Eine Menge Anrufe bei Sharkeys Mutter. Bosch war spät dran.
    »Ich hab’ keine Zeit, schon wieder mit der Polizei zu sprechen«, sagte Veronica Niese, als sie an die Tür kam und sich seine Marke ansah. »Kaum daß ich ihn zu Hause hatte, war er wieder zur Tür raus. Ich weiß nicht, wo er hin ist. Sagen Sie’s mir. Das ist Ihr Job. Ich hab’ drei Anrufe in der Leitung, einer davon ein Ferngespräch. Ich muß gehen.«
    Sie war Ende Vierzig, fett und faltig. Ganz offensichtlich trug sie eine Perücke, und ihre Pupillen waren ungleich groß. Sie roch nach alten Socken, wie alle Speedsüchtigen. Die Anrufer waren mit ihren Phantasien besser dran, wenn sie nur die Stimme hörten und sich Gesicht und Körper dazu vorstellen mußten.
    »Mrs. Niese. Ich suche Ihren Sohn nicht, weil er etwas angestellt hat. Ich muß ihn sprechen, weil er etwas beobachtet haben könnte. Möglicherweise ist er in Gefahr.«
    »Ach, Unsinn. Den Spruch hab ich doch schon mal gehört.«
    Sie schlug die Tür zu, und er stand da. Einige Augenblicke später konnte er sie am Telefon hören, und er glaubte, einen französischen Akzent zu erkennen, war sich aber nicht sicher. Er konnte nur ein paar Sätze verstehen, aber die ließen ihn rot werden. Er dachte über Sharkey nach und kam zu dem Schluß, daß er eigentlich gar kein Ausreißer war, denn hier war ja nichts, vor dem er hätte ausreißen können. Er trat von der Tür zurück und ging zum Wagen. Soviel zu diesem Tag. Seine Zeit war abgelaufen. Inzwischen mußten Lewis und Clarke ihren Bericht über ihn fertig haben. Am nächsten Morgen würde er beim IAD am

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