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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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war wie Akne. Bosch kam dieses Gesicht irgendwie bekannt vor. Er konnte es aber nicht einordnen. Er drehte das Foto um. Es war zwei Jahre alt. King reichte ihm den Ausdruck, und er setzte sich an einen der leeren Tische, um sich die Unterlagen durchzusehen.
    Die schwerwiegendsten Straftaten, die der Junge, der sich Sharkey nannte, begangen und bei denen man ihn erwischt hatte, waren Ladendiebstahl, Vandalismus, Herumlungern und der Besitz von Marihuana und Speed. Als man ihn wieder einmal wegen Drogenbesitzes verhaftet hatte, wurde er für zwanzig Tage in die Sylmar Juvenile Hall eingesperrt, dann aber auf Hausarrest freigelassen. Alle anderen Male, die man ihn geschnappt hatte, war er umgehend seiner Mutter überstellt worden. Er war ein chronischer Ausreißer und ein kleines Schlitzohr.
    In den Akten stand nicht viel mehr als im Computer. Nur etwas ausführlichere Angaben zu den Verhaftungen. Bosch blätterte in den Papieren herum, bis er den Bericht über die Anzeige wegen Herumlungerns fand. Es sollte vor Gericht gehen, wurde aber zurückgewiesen, als Sharkey einwilligte, zurück zu seiner Mutter zu gehen und dort zu bleiben. Das hatte offenbar nicht lange gedauert. Es gab einen Bericht, daß die Mutter ihn zwei Wochen später seinem Bewährungshelfer als vermißt gemeldet hatte. Nach den Unterlagen zu urteilen war er seitdem nicht wieder aufgegriffen worden.
    Bosch las den Bericht des untersuchenden Officers über die Verhaftung wegen Herumlungerns. Dort stand:

    Der diensthabende Beamte hat mit Donald Smiley gesprochen, einem Verwalter am Mulholland-Damm, der aussagte, er sei heute um sieben Uhr morgens in die Röhre entlang der Zufahrtsstraße zum Reservoir gestiegen, um sie von Abfällen zu reinigen. Smiley fand einen schlafenden Jungen auf einem Lager aus Zeitungen. Der Junge war schmutzig und redete unzusammenhängend, als er geweckt wurde. Der Beschuldigte schien unter Drogeneinfluß zu stehen. Die Polizei wurde gerufen, und der diensthabende Beamte fuhr zum Einsatzort. Der Verhaftete erklärte ihm gegenüber, er habe dort regelmäßig geschlafen, weil seine Mutter ihn zu Hause nicht haben wolle. Der diensthabende Beamte meldete den Beschuldigten als Ausreißer und nahm ihn am heutigen Tag wegen des Verdachts auf Stadtstreicherei in Gewahrsam.

    Sharkey ist ein Gewohnheitstier, dachte Bosch. Vor zwei Monaten wurde er am Damm verhaftet, aber am Sonntag morgen war er trotzdem wieder zum Schlafen dorthin gegangen. Er sah die restlichen Papiere in der Akte nach Hinweisen auf weitere Gewohnheiten durch, die Bosch helfen könnten, ihn zu finden. Von einer postkartengroßen Shake Card erfuhr Bosch, daß man Sharkey im Januar auf dem Santa Monica Boulevard in der Nähe West Hollywoods angehalten und befragt, allerdings nicht verhaftet hatte. Sharkey war gerade dabei gewesen, neue Reeboks zuzuschnüren, als ihn der Officer bat, die Quittung vorzuzeigen. Er glaubte, Sharkey hätte die Schuhe gestohlen. Er tat es, und damit hätte die Sache beendet sein können. Nur als der Junge die Quittung aus einer Ledertasche an seinem Motorrad zog, fiel dem Officer eine Plastiktüte auf, und er bat darum, auch diese sehen zu dürfen. Die Tüte enthielt zehn Fotos von Sharkey. Auf allen davon war er nackt und stand in verschiedenen Posen da, befummelte sich auf einigen, hatte auf anderen einen erigierten Penis. Der Officer nahm die Fotos an sich und vernichtete sie, vermerkte jedoch auf seiner Shake Card, daß er das Büro des Sheriffs in West Hollywood darüber informieren werde, daß Sharkey auf dem Santa Monica Boulevard Fotos an Homosexuelle verkaufe.
    Das war alles. Bosch schloß die Akte, behielt nur das Foto von Sharkey. Er dankte Thelia King und verließ das kleine Büro. Er lief den hinteren Korridor des Reviers hinunter, vorbei an den Arrestbänken, als ihm einfiel, wieso ihm das Bild so bekannt vorkam. Das Haar war inzwischen länger und zu Dreadlocks geflochten, der Trotz hatte den Schmerz auf dem Gesicht verdrängt, aber Sharkey war der Junge, den sie am Morgen mit Handschellen an die Bank gefesselt hatten. Da war Bosch ganz sicher. Thelia konnte das auf ihrem Computerdurchlauf nicht finden, weil die Verhaftung noch nicht eingegeben war. Bosch trat in das Büro des Wachhabenden, erklärte dem Lieutenant, was er suchte, und wurde an einen Kasten geführt, auf dem »Frühschicht« stand. Bosch sah die Berichte durch, die sich in dem Kasten stapelten, bis er auf die Papiere über Ed ward Niese stieß.
    Sharkey war um

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