Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Narbe?«
    »Welche Narbe?«
    »Sie hat eine alte Operationsnarbe von oben nach unten über die ganze Bauchdecke. Vermutlich hat sie einmal einen Unfall gehabt, mit inneren Verletzungen. Und es muss kurz vor knapp gewesen sein, so wie der Kollege geschnitten hat.«
    »Wann dürfte das gewesen sein?«
    Die Ärztin hob ihre schmalen, schönen Hände. »Vor zehn Jahren? Oder fünfzehn? Vielleicht länger?«
    »Ihr Haar hilft uns leider nicht weiter«, erklärte mir die hochgewachsene, flachsblonde und für meinen Geschmack ein wenig zu dürre Laborantin in der Polizeidirektion. Sie hatte unzählige Aknenarben im Gesicht und sprach mit sächselndem Akzent. Erst nach einigem Durcheinander verstand ich, dass nicht von meinen eigenen Haaren die Rede war, sondern von dem blonden Haar aus dem Ärmelumschlag der Unbekannten.
    »Im Mikroskop sieht es aus wie ein menschliches Haar, okay, und wir könnten zur Not einen genetischen Fingerabdruck davon machen. Aber würde Ihnen das weiterhelfen? Ich meine, das kostet natürlich.«
    »Solange ich den Menschen dazu nicht habe, können wir uns das wohl sparen.«
    »Nur eines ist komisch. Ich habe im REM eine merkwürdige organische Substanz daran gefunden. Die will ich noch analysieren. Ansonsten ist es aber ein ganz normales Haar, wie gesagt. Ich könnte Ihnen nicht mal sagen, ob von einer Frau oder einem langhaarigen Kerl.«
    Ich stieg die Treppen zu meinem Büro hinauf, obwohl ich angesichts der Temperatur lieber den Fahrstuhl genommen hätte. Aber ein bisschen Bewegung musste sein. Inzwischen war später Nachmittag, und die ganze Stadt lag wieder einmal in Hitzestarre.
    Als ich meine Bürotür öffnete, schlug mir brüllend heiße Luft entgegen. Ich hatte vergessen, die Jalousien herunterzukurbeln. Heute verfluchte ich den Umstand, dass alle meine Fenster nach Süden gingen. Ich riss zwei davon auf, aber was hereinkam, war noch heißer als das, was schon drin war. Hoffentlich dachten meine Töchter daran, genug zu trinken in ihrer Pferdebegeisterung.
    Das Telefon schlug Alarm. Es war Runkel, aber offenbar war es zu keiner neuen Krise gekommen.
    »Die Ärzte lassen fragen, wann sie das Zimmer wieder belegen können. Die werden hier langsam stinkig.«
    »Sagen Sie ihnen, eine Nacht warten wir noch. Ich habe heute über die Pressestelle verbreiten lassen, die Frau sei auf dem Wege der Besserung. Wenn in der nächsten Nacht nichts passiert, dann blasen wir die Sache ab.«
    »Gott sei’s getrommelt und gepfiffen!«, ächzte Runkel. »Ich werd mein Leben lang nicht mehr Mensch-ärgere-dich-nicht spielen!«
    Noch immer keine E-Mail von Theresa. Es war ihr doch hoffentlich nichts zugestoßen? Unsinn. Theresa war nicht der Mensch, dem etwas zustößt. So war sie eben: glücklich, wenn wir zusammen waren, und sobald wir uns trennten, schien sie mich zu vergessen. Wie hatte Tucholsky geschrieben? Was ich ihr war, habe ich nie ergründen können.
    Wieder fand ich erstaunlich wenige Spam-Mails. Vor meinem Urlaub war das noch eine wahre Plage gewesen. Jemand dort draußen hatte offenbar endlich begriffen, dass ich weder Viagra kaufen noch schweinische Bildchen ansehen oder mein Geld in dubiosen Aktiengeschäften verzocken wollte.
    Ich sichtete die Post und dachte an unsere Unbekannte. Unwillkürlich tat ich es Susi gleich: Ich überlegte, wovon sie wohl lebte, womit sie ihr Geld verdiente. Als Lehrerin konnte ich sie mir vorstellen. Sie hatte etwas im Blick, als würde sie sich für Menschen interessieren. Eine angenehme Wärme neben dieser merkwürdigen Trauer, die von tief innen zu kommen schien.
    Zum Glück waren die meisten Briefe von der Sorte, die man ungeöffnet wegwerfen durfte. Werbung für Büromaterialien, Einladungen zu irgendwelchen Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen. Den Rest erledigte ich in den folgenden zwei Stunden, unterschrieb einige unwichtige Papiere, studierte die Berichte der Gruppe, die sich um die Einbruchserie kümmerte. Dann inspizierte ich ein letztes Mal meinen E-Mail-Eingang und später noch ein allerletztes Mal.
    Theresa hatte mich offenbar wirklich vergessen. Sollte es kein Zufall sein, dass das Wort »Untreue« weiblich ist?
     
    An diesem Abend waren meine Zwillinge nicht ganz so ausgelassen wie an den Tagen zuvor. Die süüüße Donna war Louise auf den Fuß getreten. Doch als ich aufbrausen wollte, nahmen sie das arme Tier sofort in Schutz.
    »Bin ja selber schuld«, jammerte Louise. »Ich hätte eben besser aufpassen müssen. Donna kann überhaupt

Weitere Kostenlose Bücher