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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Anblick des großen, eckigen Bassins vor unserem Gebäude überwältigte mich beinahe der Drang, mich ins kalte Wasser zu werfen, mit ausgebreiteten Armen, und lange nicht wieder aufzutauchen.
    Zum Glück erschien Balke bald und brachte mich auf andere Gedanken.
    »Unser Auftragskiller, dieser Wiktor Rada, ich hatte es ja geahnt.« Seufzend nahm er Platz. »Der Mann ist putzmunter und betreibt eine Art Café und Minispielhölle in dieser ukrainischen Stadt mit dem unaussprechlichen Namen. Seine Papiere sind ihm vor acht Wochen geklaut worden. Angeblich.«
    Ich faltete die Hände im Nacken und sah meinem Untergebenen dabei zu, wie er sich missmutig am Ohr kratzte.
    »Was mir seit gestern durch den Kopf geht«, sagte ich langsam. »Diese Aktion muss doch irgendwen eine ziemliche Stange Geld gekostet haben.«
    »Zehntausend, schätze ich.«
    »Sagen wir lieber zwanzig.«
    »Plus Spesen. Der Herr ist ja Business Class geflogen.«
    »Jemand möchte diese Frau buchstäblich um jeden Preis zum Schweigen bringen. Und dieser Jemand hat offenbar gute Verbindungen zur Unterwelt.«
    Balke nickte. »Einen Killer engagiert man nicht bei eBay.«
    Wir sahen uns ratlos an.
    »Ach ja.« Plötzlich hellte seine Miene sich auf. »Es gibt auch gute Neuigkeiten. Wir haben keine undichte Stelle im Haus. Einer, der rechnen kann, hat einfach nur eins und eins zusammengezählt.«
    Ich hatte Balke beauftragt, sich vorsichtig umzuhören, wie die heikle Information über den Verbleib von Frau de Santos an die falschen Leute hatte geraten können.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Er war genauso schlau wie wir und hat sich überlegt, dass wir sie in einer Klinik verstecken würden, die in unserer Nähe liegt. Und da hat er einfach die infrage kommenden Krankenhäuser angerufen und den Telefonistinnen ein schönes Märchen erzählt. Er vermisse seit längerem eine Bekannte, die ihn in Heidelberg besucht habe. Und dann hat er die Patientin beschrieben. Die arme Frau im Sankt Josef ist total zerknirscht. Aber sie hatte natürlich keine Ahnung, dass sie keine Auskunft geben durfte.«
    Das war richtig. Hätten wir allen Klinikmitarbeitern eingeschärft, dass sie nicht über Mrs Miller sprechen durften, dann hätten wir nur ihre Neugier geweckt.
    »Ein Mann war es?«
    Balke nickte. »Von wo er angerufen hat, lasse ich gerade checken. Aber ich wette, es war wieder eine Zelle. Der Anruf war am Freitag, daran kann die Frau sich erinnern. Und er hat mit hiesigem Akzent gesprochen.«
    Vermutlich wieder einmal unser Unbekannter im dunklen Anzug. Ich nahm die Brille ab und rieb mir die Augen. Noch immer fühlte ich den Kuss auf meinem Mund.
    Ich setzte die Brille wieder auf.
    Balke sah an mir vorbei auf die Aktenordner in meinem Rücken. »Da ist noch was, was mir dauernd durch den Kopf geht …«
    Ich zwang mich, aufmerksam zu gucken.
    »Frau de Santos hat, nachdem sie in Heidelberg war, mindestens zweimal versucht, Nunda telefonisch zu erreichen.«
    »Aber wie es aussieht, war er da schon tot.«
    »Nunda muss Erfolg gehabt haben bei seiner Suche, wonach auch immer, sonst hätte er sie nicht in Angola angerufen. Und sie wäre nicht hergeflogen.«
    »Das klingt irgendwie logisch.«
    »Aber jetzt wird’s auf einmal ziemlich unlogisch. Sie kommt am neunzehnten Juli hier an, hält sich fast eine Woche in ihrem Zimmer auf, ohne dass irgendwas passiert. Sie verlässt das Haus praktisch nur zum Telefonieren, soweit wir wissen. Und dann, auf einmal, versucht jemand, sie totzuschlagen.«
    Plötzlich sah auch ich den Fehler.
    »Sie hat nicht ihren Mörder gefunden. Er hat sie gefunden. Vielleicht war er durch Nunda gewarnt und hat sie erwartet. Er wusste, dass sie kommt.«
    »Und warum hat er dann eine ganze Woche stillgehalten?«
    Balke wiegte zweifelnd den Kopf. »Ich denke eher, Nunda hat ihr irgendwie eine Nachricht hinterlassen. Und sie hat eben eine Woche gebraucht, um sie zu finden.«
    Eine Weile kaute er gedankenverloren auf der Backe. Dann schlug er sich auf den Oberschenkel.
    »Wir sind ja blöd! Entschuldigen Sie, ich meine natürlich …«
    »Sie haben völlig recht«, stöhnte ich. »Sie muss in seinem Zimmer gewesen sein. Wenn er ihr eine Nachricht hinterlassen hat, dann dort. Wir sind wirklich blöd.«
    »Ich fahre sofort hin.« Balke war schon aufgestanden. »Vielleicht ist ja inzwischen auch dieser Pierre wiederaufgetaucht, der ein paar Tage mit Nunda zusammengewohnt hat.«

15
    »Was gibt’s, Doc Watson?«, fragte ich und legte die Füße auf den

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