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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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nicht mehr um das arme Wesen kümmern würden.
    Nun zeigten sie aber, dass sie sehr wohl imstande waren, für ein Lebewesen zu sorgen, regelmäßig und über Wochen. Ein Pferd machte weder Gestank noch Dreck in der Wohnung. Und wäre jetzt nicht eine wundervolle Gelegenheit, mich als liebevoller, großzügiger Vater zu geben?
    Dann wieder: das Geld. Was brauchte man nicht alles für ein Pferd: einen Platz in einem Stall, selbstverständlich kostenpflichtig. Jede Menge Stroh – was kostete wohl Stroh? Und was fraß so ein großes Tier den lieben langen Tag? Vermutlich eine Menge. Hufschmied – wie oft? Tierarzt – vermutlich ständig. Bruno war nicht mehr der Jüngste, und alte Pferde werden bestimmt ebenso oft krank wie alte Menschen. Im Grunde war es wie bei der Anschaffung eines gebrauchten Autos – was man am Kaufpreis spart, das legt man bei den Reparaturen drauf.
    So ging es hin und her in meinem Kopf, und was am Ende blieb, waren zweimal fünfhundert Euro von Herrn Fahlenberg.
    Natürlich hatte der alte Mann es gut gemeint. Er konnte sich vermutlich einfach nicht vorstellen, dass tausend Euro für meine Töchter ein Vermögen darstellten. Ungefähr ein Drittel Pferd.
     
    Die Zwillinge saßen in der Küche vor ihrem üblichen vegetarischen Zuckerbombenfrühstück, begrüßten mich mit tödlichen Blicken und straften mich anschließend durch vollständiges Ignorieren.
    »Ich habe nachgedacht«, fing ich an und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Sofort saßen sie senkrecht. »Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich sage noch nicht Ja. Aber ich sage auch nicht mehr kategorisch Nein. Erst müssen wir die Rahmenbedingungen klären.«
    Ich schaltete die Espressomaschine ein, füllte Wasser nach und setzte mich zu ihnen an den Tisch.
    Nie hatte ich sie so aufmerksam gesehen. Sie schienen nicht einmal mehr zu atmen.
    »Das Geld von Herrn Fahlenberg müsst ihr wirklich zurückgeben, so leid es mir tut. Aber das geht einfach nicht.«
    »Aber wieso denn?«, quengelte Louise los, wurde aber durch einen Blick ihrer Schwester gestoppt.
    »Ihr könnt nicht einen solchen Betrag annehmen von jemandem, den ihr kaum kennt.«
    »Dann musst du uns geben, was noch fehlt.« Sarah hatte den Braten sofort gerochen.
    »Wir können ja nicht dafür bestraft werden, dass du so komische Ansichten hast«, sekundierte Louise eifrig.
    Das Lämpchen an der Espressomaschine ging aus. Ich füllte den Brühkopf mit Kaffeepulver und spürte dabei die Blicke meiner Töchter im Rücken. Sie waren klug genug, mich jetzt nicht zu drängen.
    »Ich weiß, wie wichtig dieses Pferd für euch ist«, fuhr ich fort, als ich mit meinem dampfenden Tässchen wieder am Tisch saß.
    Sie legten mit so braven Mienen die Hände in den Schoß, als wären sie vor hundert Jahren im gehobenen Bürgertum erzogen worden. Mit treuen Augen blickten sie mich an. Vertrauensvoll. Ergeben.
    »Eigentlich wollte ich ja dieses Jahr ein neues Auto kaufen.«
    »Ein neues Auto?«, fragten sie, als hätte sie noch nie davon gehört. »Der Peugeot fährt doch noch total super!«
    Ich erinnerte mich an anderslautende Stellungnahmen, weil alle ihre Freundinnen richtige Autos in der elterlichen Garage stehen hatten, mit Klimaanlagen und Navidings, elektrischen Fensterhebern, eingebauten MP3-Playern und Einparkpieps. Nur wir fuhren noch mit so einem absolut uncoolen Steinzeitkombi herum.
    »Wir lieben unser Auto!«, erklärte Louise treuherzig.
    »Das hält doch bestimmt noch hundert Jahre, bei der Qualität!«
    Sie waren wirklich außerordentlich schnell von Begriff.
    »Und das mit der Taschengelderhöhung, das geht in Ordnung. Ihr müsst mir aber versprechen, dass ihr zusammen fünfzig Euro im Monat verdienen werdet, okay?«
    »Aber klar!« Ein zweistimmiger Schwur.
    »Auch wenn’s regnet und schneit. Ihr tut es nicht für mich, denkt immer daran, sondern für euren Bruno. Und wenn irgendwas nicht klappen sollte, wenn ihr betteln kommt, auf einmal Vorschüsse braucht, wenn die Kosten unerwartet steigen sollten …«
    Sie versprachen alles, alles, alles, und dann hatte ich zwei jauchzende Mädchen am Hals, die ihren Paps liebten und herzten, und fast hätten wir alle drei vor Rührung geweint.
    Anschließend legten sie mir einen fix und fertig ausgefüllten Kaufvertrag vor, betreffend einen Wallach, Farbe fuchsbraun, der gegen dies und jenes geimpft war, an keinen bekannten Krankheiten litt, von irgendwelchen Vorfahren mit beängstigenden Namen abstammte, elf Jahre und drei Monate

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