Schwarzes Gold Roman
Arnes Arsch war der erste, auf
den ich wirklich aufmerksam geworden bin. Seine erste Liebe vergisst man nicht,
weißt du, Anders.«
»Was machst du jetzt?«
»Immobilien.«
Der Beckenscheißer schaltete sich ein. Er streckte seinen
parfümierten Kopf dazwischen und sagte: »Busken Immobilien. Wir gehen an die
Börse!«
Willie nickte. »Schade, dass du mit der Bude hier so schnell
warst, sonst hätte ich sie dir vor der Nase weggeschnappt!«
Anders hatte eine Palette Weißwein gekauft. Unter dem
Schleier, den dieser Saft über alle ausbreitete, war jeder des anderen Freund.
Bis dein Bruder auftaucht, dachte Anders, als er sah, wer Per Ole
begleitete.
Vielleicht war es ja ein Freundschaftsdienst, dachte er
einige umnebelte Sekunden – als er die beiden steif und unbehaglich im Flur
stehen sah. Vielleicht hatte Per Ole seinen Wagen zur Verfügung gestellt. Aber
in ihren Gesichtern erkannte Anders kleine Zeichen von Intimität. Per Ole, der
eine Tasche trug, die auch ihre Sachen enthielt. Dieser unsichere Blick, der
sagte: Tun wir das Richtige? Sind wir auf einer Wellenlänge? Anders
beobachtete. Sein Magen verkrampfte sich. Aber er unterdrückte den Schmerz mit
mehr Wein. Der Abend war noch jung, es konnte noch viel passieren.
Er war gerade dabei, in der Küche eine Flasche Wein zu
öffnen, als er ihre Anwesenheit spürte. Während er die Flasche zwischen die
Knie klemmte und den Korken herauszog, dachte er: Sie steht hinter mir, genau
jetzt. Er warf einen Blick über die Schulter. Sie stand mit dem Rücken zur
Tür. Sie anzusehen, war wie ein Schlag ins Gesicht. Langsam drehte er sich um
und stellte die Flasche auf der Anrichte ab. Ihre neue Frisur, ihr
Kleidungsstil gefielen ihm. Das war eine andere Renate. Sie war irgendwie
gewachsen. Aber sie wirkte distanziert, anwesend, ohne da zu sein.
»Ich bin mit deinem Bruder gekommen«, sagte sie steif.
»So kann man es auch ausdrücken«, sagte Anders. »Nennst
du ihn zu Hause auch so? Bruder?« Er wollte ihr in die Augen schauen.
»Mir gefällt das auch nicht, Anders.«
Er antwortete nicht. Hinter ein paar Wänden dröhnte die
Musik rhythmisch wie ein Bootsmotor. Plötzlich ging die Tür auf. Ein Blick
durch den Türspalt. »Ups!«
Die Tür fiel zu. Renate stand unbeweglich da. »Wir fallen
auf.«
Anders wartete auf einen Blickkontakt, der sich nicht
einstellte. Schließlich sagte er: »Stört dich das?«
Sie schwieg. Er überwand sich und die zwei Schritte, die sie
trennten.
»Tu das nicht«, sagte sie.
Doch er tat es trotzdem. Ihre Lippen erwiderten den Kuss. Ihr
Körper aber war wie eine Skulptur aus Stein. Genau wie ihre Augen. Zwei
geschlossene Lider – wie der blinde Blick der Venus von Milo.
Sie standen dicht beieinander. Sie, steif wie zuvor, atmete
durch den geöffneten Mund, ein Lufthauch an seinen Wangen.
»Tu was nicht?«
»Das.«
»Ich habe auf dich gewartet.«
»Hast du das?« Ihre Augen waren jetzt dunkel vor Wut. »Du
weißt nicht, was es heißt, zu warten.«
Dann war sie draußen.
Der Partylärm schlug durch die offene Küchentür wie ein
Sturm an einem späten Herbstabend. Er sah der Gestalt nach, die in den Flur
verschwand. Er fühlte den Geschmack ihres Mundes. Plötzlich erschien Per Ole
in der Tür – betrunken und lächerlich. Anders wurde bewusst, dass er seinen
Bruder noch nie betrunken gesehen hatte. Nun bewegte sich sein Mund. Doch
Anders hörte nichts. Er hob die Chardonnayflasche und trank, während Per Ole
mit geballten Fäusten vor ihm stand und schrie, dass die Spucke nur so aus den
schmalen Lippen hervorflog. Anders ließ die Flasche sinken und schaute seinem
Bruder ins Gesicht. Per Ole schwieg. Endlich.
»Tu mir den Gefallen und fahr zur Hölle«, sagte Anders
kalt. Der Satz wurde von einem Krachen unterstrichen. Die Wohnungstür. »Deine
Freundin«, sagte Anders, »sie ist gegangen. Läufst du hinterher, oder soll
ich sie zurückholen?«
Renate weigerte sich, in Per Oles Auto zu steigen.
»Warum?«
»Du bist betrunken. Wir nehmen ein Taxi.«
»Wir?«
Sie antwortete nicht. Hob einfach nur die Hand und winkte
einem herannahenden Mercedes.
»Wir?«, wiederholte er aggressiv.
Sie stieg ein. Er stakste mit langsamen Schritten um den
Wagen herum und folgte ihrem Beispiel.
Der Fahrer drehte sich herum. »Wohin?«
Renate starrte aus dem Fenster und hörte, wie Per Ole eine
Adresse murmelte. Seine Adresse.
Während der ganzen Fahrt sprachen sie kein Wort. Zum ersten
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