Schwarzes Gold Roman
und der
Riebergruppe, um sich so die Zweidrittelmehrheit auf der Hauptversammlung zu
sichern.
Ulf Landstad redete. Er war ein guter Redner, ein Stratege,
der viele Jahre in der Gewerkschaft und der Arbeiterpartei hinter sich hatte
– Jahre der Konfliktbewältigung. Er war mehrere Jahre lang
Fraktionsvorsitzender im Parlament gewesen. Niemand konnte besser eine
Landschaft der herrschenden Gegensätze und möglichen Handlungskonsequenzen
zeichnen als Ulf Landstad. Seine Schlussfolgerung war ziemlich eindeutig: Es
gab nicht viel zu diskutieren. Nachdem Néslien ins Bild gekommen war, gab es
für Brede Gran nur eine einzige Hoffnung auf Einfluss bei Spenning: die
Zusammenarbeit mit der Konzernspitze – mit Vebjørn Lindeman und dem
amtierenden Aufsichtsrat. Für den amtierenden Aufsichtsrat von Spenning war
die Sache ebenso klar. Der einzige Weg, eine Mehrheit für Néslien zu
verhindern, bestand darin, dass sich der Aufsichtsrat mit ausgewählten
Aktionären verbündete. Der Aufsichtsrat verließ sich auf den Rat des
Konzernchefs, und Lindeman empfahl nun eben eine Kooperation mit der
Riebergruppe.
Landstad, der im Stehen gesprochen hatte – eine
Angewohnheit aus Parlamentstagen –, vergrub die Hände in den Taschen,
nachdem er geendet hatte. Er schaute von der einen Seite des Tisches zur
anderen.
»Nun, was wird daraus?«
Die beiden neuen Verbündeten wurden sich rasch einig.
Vebjørn ergriff noch einmal das Wort: »Néslien ist fest
davon überzeugt, dass er meinen Vorschlag auf der Hauptversammlung sabotieren
kann. Wie kommt das?«
»Beat me«,
sagte Brede Gran. »Keinen
Schimmer.«
»Das sollte Ihnen Sorgen machen«, sagte Lindeman.
Gran legte den Kopf schief.
»Kapitalinvest saß auf ungefähr fünfzehn bis zwanzig
Prozent der Aktien. Wenn sie ihren Pott an Néslien verkauft haben, und der
plötzlich glaubt, er hielte fast vierzig Prozent, kann er entweder nicht
rechnen, oder irgendjemand in dieser Schmierenkomödie verschweigt etwas
ziemlich Wesentliches.«
Gran erbleichte. In der nächsten Sekunde tauschte er einen
Blick mit Gunnar Lie.
»Was meinen Sie genau?«, brummte Gunnar Lie zögerlich.
»Wenn wir zusammenarbeiten wollen, müssen wir ja etwas
haben, wofür wir zusammenarbeiten«, sagte Lindeman und klappte die Schlösser
seines Aktenkoffers zu. »Sollte die Riebergruppe keine Spenning-Aktien halten,
entfällt die Grundlage einer Kooperation. Dann muss ich mir Allianzpartner
suchen, die nachweislich Aktien des Konzerns besitzen.«
Er und Landstad gingen zur Tür. Dort drehte sich Vebjørn
noch einmal um und sagte kryptisch: »Sieht aus, als hätten Sie bis zum
nächsten Mal gut zu tun. Wir sehen uns.«
Aftenposten, 13. August 1985
Redakteur ist Drahtzieher einer
Großfusion
Nach neuestem Kenntnisstand hält Reeder Freddy Néslien nun
cirka vierzig Prozent der Aktien des Konzerns Spenning AS. Es besteht folglich
die Möglichkeit einer großen Fusion zwischen Néslien und Spenning. Resultat
einer solchen Verbindung kann die Bildung eines der absolut größten Shipping-
und Industriekonzerne in Nordeuropa sein. In Börsenkreisen wird die Übernahme
der Spenning-Aktien durch Néslien als Coup gewertet. Drahtzieher hinter diesem
Coup scheint das allgegenwärtige Enfant terrible der norwegischen Finanzwelt
zu sein – Dagfinn Bløgger, Redakteur der Zeitschrift Avanse.
29
Von einer Sache war Vebjørn fest überzeugt: An dieser
Aktientransaktion war etwas faul.
Von außen betrachtet, konnte das Ganze wie simple
Wegelagerei wirken. Zwei Männer hatten um ein wertvolles Objekt gekämpft.
Dann kam ein dritter daher und schnappte es den beiden vor der Nase weg. Das
wäre denkbar, überlegte Vebjørn, wenn er sich nicht selbst im Vorfeld gegen
diesen Fall abgesichert hätte. Ihm war klar, dass Erling Sachs mit dem Verkauf
seines Aktienpostens an Néslien einen Trick angewandt hatte. Das war an und
für sich auch nicht zu verurteilen. Kapitalinvest, Sachs und Plesner, waren
rechtmäßige Besitzer der Spenning-Aktien. Diese Aktien konnten sie verkaufen,
an wen sie wollten. Rein wirtschaftlich aus der Perspektive der Investoren
betrachtet war der Entschluss, an Néslien zu verkaufen, möglicherweise auch
vollkommen korrekt. Doch es wollte Vebjørn nicht einleuchten, wie ihr Verkauf
eine Sabotage seiner Strategie ermöglichen sollte. Für ihn sah die
Wegelagerei anders aus: Zwei Männer hatten um ein Objekt gekämpft. Dann kam
der dritte und riss
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