Schwarzes Gold Roman
Mal
etwas gesagt, das einen Funken Wahrheit enthielt?«
Vebjørn lächelte kühl. »Zwei Mal bin ich von einer Person
kontaktiert worden, die im Auftrag eines sogenannten dänischen
Geschäftsmannes anruft. Aus unerfindlichen Gründen ist dieser Däne im
Stande, mich des Mordes an einer Frau in Trondheim zu beschuldigen.«
Erling schluckte.
»Der Betreffende hat auch Forderungen gestellt. Sie sind
eindeutig. Aber ich verstehe nicht, warum du nicht selbst anrufst. Du könntest
diese Forderungen jetzt und hier oder wann auch immer stellen. Sie wären
ebenso schwer zu begreifen, aber du würdest wenigstens rechtschaffen
handeln.«
Erling schwieg.
»Im tiefsten Herzen habe ich nicht geglaubt, dass man so
tief sinken kann wie du – oder wie ich, in diesem Fall. Aber mir ist klar,
dass ich keine Wahl habe. Grüß deinen Freund und bestell ihm, dass er nicht
weiter anzurufen braucht. Ich akzeptiere deine Forderungen. Im Übrigen möchte
ich mir von nun an verbitten, von dir als Freund bezeichnet zu werden.«
Er griff nach der Türklinke.
»Strictly business«,
sagte er und schloss die Tür
hinter sich.
Später an diesem Nachmittag stieg Vebjørn in Labben in den
Keller. Ganz hinten in einer Ecke fand er die Kartons, die er vor bald dreizehn
Jahren aus seinem Büro bei Spenning & Co geräumt hatte. In einem der
Kartons befand sich ein Haufen Unterlagen. Vebjørn musste nicht lange suchen.
Er überprüfte das Datum, den Absender und die Unterschrift auf dem Dokument,
faltete es zusammen und steckte es in die Innentasche. Er holte tief Luft und
dachte an den Tag, an dem er Georg Spenning zuletzt gesehen hatte. Er gefror
innerlich, als er sich herumdrehte, und zurück, die Treppe hinauf und aus dem
Haus ging.
31
Es ist 23.00 Uhr, Dagsnytt mit den Nachrichten des Tages. Die
außerordentliche Hauptversammlung der Firma Spenning AS ist soeben zu Ende
gegangen. Wir schalten um zur Parteizentrale der Konservativen.«
»Ja, wir befinden uns hier unmittelbar in der
Parteizentrale. Die Hauptversammlung ist ein Thriller der Extraklasse gewesen.
Die große Überraschung, ja, die Sensation würde vielleicht mancher sagen,
ist, dass Vebjørn Lindeman als Sieger hervorgegangen ist. Es war schon eine
seltsame Vorstellung, die hier sehr verantwortungsbewusst und nahezu
militärisch unter der Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden und ehemaligen
Wirtschaftsministers Ulf Landstad gegeben wurde. Man war ja generell der
Überzeugung, dass die Reederei Néslien über ausreichend Aktien verfügte, um
Lindemans Vorschlag zur Aktienemission zu unterwandern. Es ging hoch her, als
Landstad mit Hinweis auf Beschlüsse und Fristen zum Stimmrecht bei
Aktienerwerb Nésliens Stimmrecht teilweise ablehnte. Doch das blieb nicht die
einzige Überraschung bei dieser Hauptversammlung. Die größte Verblüffung
rief hervor, dass die Vertreter der Riebergruppe unter der Leitung von Gunnar
Lie tatsächlich für den Vorschlag des Konzernchefs stimmten. Wer einen
Hahnenkampf zwischen dem Establishment und Brede Gran erwartet hatte, konnte
lediglich feststellen, dass Brede Gran nicht einmal zugegen war. Was für eine
Enttäuschung für all die Journalisten, die am Ring saßen. Reeder Néslien
hat den Verhandlungsort vor wenigen Minuten verlassen. Er war sehr aufgebracht
und wollte sich der Presse gegenüber nicht äußern. Bei mir ist aber Dagfinn
Bløgger … Bløgger … ja, ich stehe hier mit Nésliens Berater Bløgger.
Herr Bløgger, Ihr Kommentar zum Ausgang dieser Hauptversammlung
bitte.«
»Da gibt es nicht viel zu sagen. Die Macht regiert in
der norwegischen Wirtschaft, das ist nun ganz sicher.«
»Vor der Hauptversammlung haben Sie der Zeitung
Aftenposten gegenüber gesagt, dass Néslien …«
»Was ich der Presse gesagt habe, spielt wohl kaum eine
Rolle, solange jeder gesunde Menschenverstand in dieser Angelegenheit von einem
Sitzungsleiter niedergemetzelt werden kann, der Josef Stalin wie ein
Sozialarbeiter in einem Jungendclub erscheinen lässt.«
»Äh … Sie fühlen sich auf dieser Hauptversammlung
also falsch behandelt?«
»Falsch ist zu schwach ausgedrückt. Ich habe fünfzig
Redeanträge gestellt, bin aber nur ein einziges Mal mit einer Frage
drangekommen, die mir nicht beantwortet wurde. Diese ganze Veranstaltung war
ein Witz, eine Farce.«
»Ihr Kommentar zu Brede Grans Abwesenheit?«
»Da müssen Sie Gran fragen.«
»Ihr Kommentar zur überraschenden Abstimmung der
Weitere Kostenlose Bücher