Schwarzes Gold Roman
überlegen, welche moderne Ausrüstung er zum
Lachsfischen mitnehmen würde.
»Der Vertrag ist bindend und geheim«, schloss Landstad.
»Ist das klar?«
Alle nickten.
»Also fahren Sie jetzt zum Angeln«, sagte Vebjørn mit
fester Stimme.
»Jetzt?«
»Jetzt!«
Brede Gran sah sich unsicher um. Er ließ den Blick von einem
zum anderen schweifen.
Niemand sagte etwas. Keiner außer Vebjørn Lindeman und Ulf
Landstad begegneten seinem Blick.
»In Ordnung«, sagte Brede Gran schließlich. »Ich fahre.
Gut, diesen ganzen Mist nicht mitmachen zu müssen.«
Ulf Landstad grinste. »Schön, dann wird in die Hände
gespuckt. Gehen Sie packen!«
30
Als es auf fünf Uhr am Nachmittag zuging, hatte Vebjørn nur
noch eine Sache zu erledigen. Er tauchte unangemeldet am Empfang von
Kapitalinvest auf. Er grüßte die geschäftige Frau, die dabei war, ihre
Sachen für heute zusammenzupacken. Sie schaute neugierig auf, als er um ein
Treffen mit Erling Sachs bat.
Sie hatte die Hand schon zur Sprechanlage ausgestreckt,
entschied sich dann aber doch für das Telefon. »Wen darf ich melden?«
»Vebjørn Lindeman.«
Der Name verursachte keinerlei Reaktion, die Frau drehte
ihren Stuhl zur Seite, während sie sprach. Anschließend führte sie ihn in
den Konferenzraum im Erdgeschoss.
Es war ein langer Tag für Vebjørn gewesen. Seit dem
Frühstück hatte er nichts mehr gegessen, und plötzlich wurde ihm
schwindelig. Trotzdem blieb er mitten im Raum stehen, unbeweglich, ohne Licht
zu machen. Draußen fuhren Autos vorüber. Nach einigen langen Minuten ging die
Tür auf. Herein kam Erling Sachs.
»Seltener Besuch«, sagte er und schloss die Tür hinter
sich.
Vebjørn nickte. Keiner der beiden machte Anstalten sich zu
setzen. Vebjørn dachte, dass Erling wusste, warum er gekommen war. Er suchte
Blickkontakt, doch Erlings Gesicht lag im Schatten. Still standen sie einander
im Halbdunkel gegenüber und sahen sich an. Die Szene war die gleiche wie vor
zwölf Jahren, dachte Vebjørn, als Erling ihn gefragt hatte, ob er bei seiner
Hochzeit Trauzeuge sein würde. Er sagte: »Ich will wissen, was eigentlich
dahintersteckt.«
»Ich fürchte, du musst mir erklären, was du meinst.«
»Hegst du Groll gegen mich?«
Erling schüttelte verständnislos den Kopf, als die letzten
Worte im Gebrumm eines Dieselmotors untergingen. Die Müllabfuhr hielt vor dem
Fenster. Das rotierende Licht des Wagens warf einen orangefarbenen Schein an
die Wände. Es streifte Erlings Gesicht und ließ seine Brillengläser
blitzen.
»Ich glaube, du weißt genau, was ich meine. Ich spreche von
dem Groll, den du gegen mich hegst, seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind,
und der jetzt dazu geführt hat, dass ich Mühe habe, die Aasgeier von dem
Unternehmen fernzuhalten, dass dein Schwiegervater und ich aufgebaut
haben.«
»Solche Gespräche solltest du besser mit einem Therapeuten
führen, nicht mit mir.«
»Du warst immer eifersüchtig auf mich, ebenso wie auf
Georg. Wann bist du endlich zufrieden?«
Erling seufzte müde. »Du sprichst in Rätseln.«
»Wann hörst du auf, Fallen zu stellen, zu manipulieren und
Strippen zu ziehen?«
»Ich verstehe ja, dass du frustriert bist, Vebjørn. Du
stehst unter Druck. Aber wer den größten Aktienposten in Spenning hält, wird
nicht von Groll und Gefühlen bestimmt. Das ist
strictly business.
Das
Geschäft von Kapitalinvest ist der Handel mit Aktien. In diesem Fall ist
Kapitalinvest das Maklerbüro für Brede Gran und Néslien. Nicht mehr und
nicht weniger. Wieso glaubst du, dass wir beide keine Freunde mehr sind?«
»Freunde?«, sagte Vebjørn leise. »Ich hatte die stille
Hoffnung, dass wir die Masken ablegen und einander unter vier Augen begegnen
könnten«, fuhr er fort.
»Ich trage keine Maske.«
Die Müllabfuhr leerte krachend die Mülltonnen. Im Fahrzeug
kam eine weitere Maschine in Gang. Mit kreischenden Geräuschen wurde der Müll
zerkleinert. Vebjørn betrachtete die steife Gestalt Erlings, während er
wartete, bis der Müllwagen davongefahren war und sich erneut Stille zwischen
den Wänden ausbreitete. »Zum ersten Mal, seit du diesen Raum betreten hast,
sagst du etwas Wahres.«
Er griff nach seiner Aktentasche und ging in Richtung der
Tür. Er passierte Erling, ohne ihn anzusehen.
»Warte«, sagte Erling mit leiser Stimme.
An der Tür blieb Vebjørn stehen und drehte sich herum.
Wieder sahen sie einander an, bis Erling sagte: »Wann hast du zum letzten
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