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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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dicken Stück Fleisch
und einer Krone aus Zwiebeln bestand. Nachdem er sein Frikadellenbrötchen
aufgegessen hatte, trank er den Orangensaft aus.
    Plesner fuhr fort: »Sie kaufen schon seit einer Weile
Hydro.«
    Erling musste sich sehr darauf konzentrieren, sein Gesicht
unter Kontrolle zu halten. Schließlich nickte er knapp.
    Plesner hatte ihn mit einem kühlen Lächeln auf den Lippen
betrachtet. Er sah Erling in die Augen, als er fortfuhr: »Ich glaube, wir
sitzen im selben Boot, Sachs.«
    Erling sagte nichts.
    »Ich hab eine
standing order
von einem Scheich in
Dubai.«
    Erling versuchte zu erspüren, was dieses Gespräch bei ihm
auslöste.
    »Gestern habe ich für diesen Scheich fünftausend Aktien
gekauft«, sprach Plesner mit leiser Stimme. »Er hatte Glück.«
    »Glück?« Erling zog die Augenbrauen eine Winzigkeit
hoch.
    Terje Plesner zuckte vielsagend die Achseln.
    Erling dachte gründlich nach, ehe er sprach: »Scheint so,
als hätten wir beide einiges zu besprechen.«
    »Das freut mich«, sagte Terje Plesner.
    Sie sahen sich an. Sie verstanden einander.
    »Aber das sollten wir in einer ruhigeren Umgebung tun«,
sagte Erling.
    Plesner nickte. »Wie wäre es, wenn Sie und Ihre Frau zu uns
zum Essen kommen, am Samstag zum Beispiel?«
    Erling überlegte. Bette Line war schwanger. Eine Einladung
zum Essen wäre eine schöne Abwechslung für sie. Außerdem mochte er
Plesner.

10
    Als Erling am nächsten Tag zur Arbeit kam, lag auf der
grünen Schreibtischunterlage ein brauner Hauspostumschlag. Er griff nach dem
Umschlag und entnahm den Inhalt. Es war ein Zettel von Gråtun, dem
Generaldirektor. Es war ein Befehl. Sachs sollte um zehn Uhr in Gråtuns Büro
erscheinen.
    Einen Augenblick wog Erling den Brief in der Hand. Er holte
tief Luft und betrachtete sein Gesicht im Spiegel an der Wand. Er schaute auf
seine Hände hinunter. Sie zitterten leicht. Er atmete durch, dann trat er
hinaus auf den Flur. Vor Gråtuns Vorzimmer blieb er stehen und klopfte
höflich an, bevor er eintrat.
    Die Vorzimmerdame öffnete die Tür zu Gråtuns Büro einen
Spaltbreit, woraufhin dort drinnen mit leiser Stimme etwas gemurmelt wurde.
    »Es dauert noch ein paar Minuten.« Fräulein Jonassen
setzte sich wieder auf ihren Platz und schaute gequält auf den Tisch.
    Erling verschränkte die Arme hinter dem Rücken und blickte
ins Leere. Die Stille im Raum sirrte wie die Luft vor einem Gewitter. Fräulein
Jonassen nahm ihre Handtasche, öffnete sie, holte ein Taschentuch heraus,
putzte sich die Nase, legte das Taschentuch zurück und knipste die Tasche
wieder zu. Bald war nichts außer dem Ticken der Wanduhr über der Tür zu
hören. Erling drehte sich zu Fräulein Jonassen um. Sie bewegte sich nervös
auf ihrem Stuhl, ohne aufzusehen.
    Schließlich wurde die Tür zu Gråtuns Büro geöffnet.
    Kein Handschlag, keine einladenden Gesten, nur ein langer und
bebender Zeigefinger zur Sitzgruppe in der Ecke, während der Chef die Tür
hinter ihnen schloss.
    Erling blieb mitten im Raum stehen.
    Sigval Gråtun war ein großer, schmaler Mann mit braunem,
zurückgekämmtem Haar. Sein Mund war entschlossen, wie ein schiefer Riss in
dem sonst symmetrischen Gesicht, das an diesem Tag unnatürlich bleich
erschien. Eine hohe Stirn erhob sich über den tiefliegenden Augen, darunter
dunkle Ringe, die von Schlafmangel zeugten. Sein Nasenrücken war scharf und
schmal – ebenso wie sein Kinn. Gråtun setzte sich steif hinter den
Schreibtisch und nahm verschiedene Unterlagen zur Hand, während er fragte:
    »Wissen Sie, warum ich Sie einbestellt habe?«
    »Dann könnte ich Gedanken lesen, Gråtun, und das kann ich
nicht.«
    Gråtun erhob sich, unangenehm berührt von der Tatsache,
dass er derjenige in diesem Raum war, der zum anderen aufsah. »Seit vier
Jahren leite ich diese Bank, davor habe ich fast fünfzehn Jahre lang die
Fondsverwaltung geleitet.«
    Gråtun rutschte auf die Schreibtischkante und faltete die
Hände. »In der Fondsabteilung hat in all diesen Jahren keine Veränderung von
Bedeutung stattgefunden. Während der gesamten sechziger Jahre haben wir nichts
anderes getan, als den friedlichen Austausch von Geldern abzuwickeln. In
Norwegen kauft man Den Norske Amerikalinjen, wir verkaufen Den Norske
Amerikalinjen. Wir kaufen Bergenske, wir verkaufen Bergenske, wir kaufen Norsk
Hydro, wir verkaufen Norsk Hydro …«
    Gråtun verstummte und starrte Erling direkt an, der den
Blick ausdruckslos erwiderte.

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