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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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bringt Erfahrung aus dem Bank- und Reedereiwesen
mit.

8
    Ein guter Makler ist sowohl des Käufers als auch des
Verkäufers bester Freund. Er stellt beide zufrieden. Ein Käufer ist
unzufrieden, wenn er denkt, er hätte die erstandene Ware zu einem geringeren
Preis bekommen können. Das Gleiche gilt für den Verkäufer. Wenn ein
Verkäufer hundertfünf Kronen pro Aktie erhält, wird er unzufrieden sein,
wenn er denkt, er hätte sie zu einem höheren Kurs verkaufen können. Der Ruf
eines Maklers basiert auf seinem Erfolg oder seinem Scheitern. Das Besondere am
Erfolg oder Scheitern des Maklers ist, dass die Geschichte dazu so kurz ist. Es
spielt nur eine untergeordnete Rolle, was der Makler letztes Jahr oder im Jahr
davor oder auch nur im vergangenen Monat gemacht hat. Man erinnert sich nur an
das, was gestern passiert ist.
    Doch Erling erkannte schnell, dass zwischen Theorie und
Praxis ein himmelweiter Unterschied bestand. Nach einer Woche in seiner neuen
Stellung begegnete er einem Kollegen von der CBK, der pfeifend die Treppe
hinunterkam. Der Mann klopfte sich auf die Tasche. Erling hob beide
Augenbrauen. Der andere blieb stehen und flüsterte, den Zeigefinger
theatralisch an die Lippen gelegt:
    »Ssssch. Zehn Riesen für mich und zwei für die Frau.«
    Erling betrachtete den Mann abwartend und kühl.
    »Jøtul«, fügte der Mann erklärend hinzu und
verschwand.
    Zwölftausend Kronen. Der Mann hatte in einem Deal mit Aktien
der Ofengießerei Jøtul den Kursunterschied zwischen Käufer und Verkäufer
für sich ausgenutzt. Er war nicht der Einzige, der so handelte. Im Verborgenen
wurde andauernd an den Kursen gedreht – die Makler gingen als
Zwischenhändler dazwischen, um selbst Gewinn zu machen.
    Die meisten benutzten für ihre Betrügereien ein
Anwaltskonto. Man konnte schließlich nicht den eigenen Namen auf die
Schlussnote schreiben. Einen Anwalt dazwischenzuschalten war ebenso geschickt
wie sicher. Die Handelsüberwachung würde niemals die Klientenlisten oder
Klientenkonten des Anwalts überprüfen können.
    Erling hingegen blieb sauber. Nur um seine Geldbörse
kurzfristig zu füttern, wäre er niemals zum Kleinkriminellen geworden. Ihm
war durchaus bewusst, dass dieses Gebrechen der norwegischen Börse eine
Möglichkeit barg. Aber diese Möglichkeit war noch nicht reif. Erling dachte
nie im Kleinen. Wenn er zuschlagen würde, dann im großen Stil.
    Aus all den hektischen Gestalten auf dem Börsenparkett stach
eine besonders hervor: Terje Plesner. Er war ein schmalschultriger Mann mit
gewaltiger Energie. Er schrie lauter als alle anderen, er hatte längere Arme
als die anderen, sie reckten sich in den Himmel, blitzschnell. Er war immer
überall. Der Ausrufer konnte ihn gut erkennen, denn er trug dunkle Hosen und
einen weinroten Blazer. Er arbeitete für die Maklerfirma PARI.
    Erling studierte Plesner heimlich, wie ein Matador die
Techniken und Tricks anderer studiert. Terje Plesner war kleingewachsen, mager
und sehnig. Er zeigte den Ansatz zu einer Glatze, legte jedoch die Reste seiner
Haarpracht zurück und hielt die Strähnen mit Brillantine an Ort und Stelle.
Er bewohnte eine billige Wohnung im Aslakveien im Stadtteil Røa in Oslo. Er
fuhr einen Ford Taunus 17M – den Wagen der Arbeiterklasse. Verheiratet war er
mit einer Lehrerin, die an der Schule in Huseby teilzeitbeschäftigt war. Mit
anderen Worten: Er strahlte eine Bürgerlichkeit aus, die ihn, privat gesehen,
nahezu unangreifbar machte. Bei der Arbeit strahlte er hingegen Autorität und
Respekt aus. Es kursierten diverse Geschichten über Plesners Coups und seine
abenteuerlichen Geschäfte. Aber keine der Geschichten ließ ihn als unredlich
dastehen. Terje Plesner war einfach verdammt gut. Der Unterschied zwischen
Plesner und den anderen war, dachte Erling, dass dieser Mann nicht laut über
seine Erfolge sprach. Aber, dachte er weiter, im Grunde war Plesner auch nicht
anders als die anderen. Er löste die Dinge nur eleganter.
    Erlings Stärken waren seine Erfahrung mit Firmen und sein
fotografisches Gedächtnis. Er benötigte keine Anschlagtafel. Er hatte die
Kurse mehrerer Tage im Kopf, wie sie in der Wirtschaftszeitung
Sjøfarten
gestanden hatten. Er war schnell wie der Wind, und er fiel
auf - nicht zuletzt Terje Plesner. Erling begann seine Karriere mit einigen
schwindelerregenden Deals für die Reederei Bergesen und die Arendals
Fossekompani. Das sorgte für den Ruf, den er brauchte. Auch

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