Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
Vom Netzwerk:
Bürovorstand. Er fängt heute an.«

8
    Das Gespräch mit dem Polizisten hatte Vebjørn aus dem
Konzept gebracht. Er nahm die Beine in die Hand und ging zu Fuß zurück ins
Büro. Sein Hemd klebte am Rücken. Sein Vorzimmer meldete zwei Anrufe. Der
eine war ein ihm völlig unbekannter Name – ein Mann von der
Nachrichtenredaktion
Dagsnytt
des norwegischen Rundfunks NRK. Der
zweite Name war schlimmer: Dagfinn Bløgger – Redakteur des Magazins
Avanse
. Vebjørn gab Bescheid, dass er den Rest des Tages nicht zu
erreichen sei. Er war zu einer Person geworden, der die norwegische
Staatsgewalt auf den Zahn fühlte. Er fühlte sich beschmutzt.
    Es war Freitag. Er hatte sich auf zwei freie Tage gefreut.
Jetzt freute er sich auf nichts mehr. Er wollte nur fort aus dem Büro. Er
beschloss, nach Hause zu gehen. Doch zuvor erledigte er noch den Dollardeal des
Tages: Er verkaufte dreihundert Millionen Dollar.
    Danach erhob er sich steif, schaute noch einmal kurz in
seiner Abteilung vorbei, wo wie immer rege Aktivität herrschte. Er lächelte
blass, entschuldigte sich mit einem überraschenden Termin und fuhr nach
Hause.
    Er schlief schlecht in dieser Nacht. Er lag wach und ihm war
schlecht, als er unten das Telefon läuten hörte. Er setzte sich auf und
taumelte die Treppe hinunter. Es war halb vier Uhr. Das mussten die Jungs von
der Valuta sein. Sie hatten die Order, ihn auf jeden Fall anzurufen, wenn etwas
passierte. Er griff nach dem Hörer.
    »Vebjørn?«, sagte ein bekannte Stimme. »Hier ist nichts
los!«
    Vebjørn hielt den Hörer ans Ohr und hörte, wie die Jungs
von der Nachtschicht kicherten. Er seufzte schwer und hängte ein.
    Er legte sich im Wohnzimmer aufs Sofa. Der Anruf hatte seinen
Zustand irgendwie verändert. Er merkte nicht, dass er einschlief, wachte aber
gerädert und mit Unwohlsein wieder auf. Es war Samstag. Er zählte an den
Knöpfen ab, ob er nach Østerås fahren sollte, um zum Monopolgeschäft zu
gehen. Er ließ es sein und empfand das als Sieg. Draußen schneite es. Das
dichte Schneegestöber zwang die Menschen, sich im Wind zu ducken. Die wenigen
vorüberfahrenden Autos schlitterten durch die Kurve. Es wurde zwölf Uhr, es
wurde eins. Das Monopolgeschäft schloss. Es war ohnehin zu spät. Er starrte
so lange Löcher in die Luft, bis ihm nichts anderes mehr übrigblieb, als Livs
düsterem Blick von der Küchentür zu begegnen.
    »Mir geht’s nicht so gut, ich glaube, ich brüte irgendwas
aus.«
    Der Sonntag begann besser. Blauer Himmel. Endlich konnte er
über sich selbst lachen. Lächerlich. Sich von einem Polizisten in Schlaghosen
so aus dem Konzept bringen zu lassen.
    Es war Traumwetter. Fünf Grad unter Null, Sonnenschein und
zehn Zentimeter Neuschnee. Er nahm seine Skier, packte eine Dose blauen Swix in
die Tasche seiner Knickerbocker und fuhr mit dem Wagen zum Skytterkollen.
    Richtung Kampen waren die Loipen mit dem Scooter gespurt und
seidenweich. Es wurde eine dieser Skitouren, von der man lange zehren konnte.
Gute Haftung und gute Gleitqualität, die Abstimmung von Oberarmen und Brust,
Oberschenkeln und Rücken lief wie von allein in dieser Landschaft aus
einsamen, mit Schnee bestäubten Fichten, die aussahen wie mit Sahne
verziert.
    In der Nacht auf Montag schlief Vebjørn gut. Er stand wie
gewöhnlich um sieben Uhr auf. Kochte Kaffee für sich und Liv, briet zwei
Spiegeleier und ein bisschen Speck. Er schaltete das Radio ein. Leichte
Morgenmusik vor den Nachrichten. Vebjørn wollte gerade das Messer in die
getoastete Weißbrotscheibe drücken, als es passierte:
    Hier ist NRK Dagsnytt, es ist acht Uhr. Die Norwegische
Staatsbank hat die norwegische Krone um zehn Prozent entwertet.
    Den Rest hörte Vebjørn nicht. Wie versteinert und ohne
einen Gedanken ans Essen saß er da. Er sah es nicht. Sein Kopf rechnete. Der
Verkauf von 300 Millionen Dollar – grob gerechnet entsprach das dem Kauf von
2,1 Milliarden Kronen. Aber das war am Freitag gewesen. Er hatte einen Deal
abgewickelt, der der Bank einen Verlust von weit über 200 Millionen Kronen
beschert hatte. Das hätte nie geschehen dürfen.
    Und er sollte zum Seminar nach Trondheim. Plötzlich sah er
die Gestalt von Rita Hayworth vor sich. In irgendeinem Film hatte sie
Put
the blame on mame
gesungen.
    Vebjørn sah auf die Uhr. Der große Zeiger war auf dem Weg
um die Kurve. Er stellte sich die Gesichter in der Valutaabteilung vor. Die
Blicke. Hier gab es nur einen, der
the blame
auf

Weitere Kostenlose Bücher