Schwarzes Gold Roman
mit Schienen. Sehen Sie das vor
sich?«
»Natürlich.«
»Dann sage ich Ihnen, welchen Zweck die Schienen haben. Er
hat sie für ein Rolltischchen gelegt. Diesen Rolltisch nennt er Lunch-Wagen.
Terje Plesners Problem ist nur, dass sein Lunch-Wägelchen nicht in Betrieb
ist. Wissen Sie, warum?«
Huseby kämmte sich nervös.
»Niemand hier im Haus hat Zeit, es zu schieben. Muss ich
noch deutlicher werden?«
Husebys Gesicht war ein einziges Fragezeichen.
»Willkommen an Bord«, sagte Erling nach einer Kunstpause.
»Aber Sie müssen sich besser kleiden. Arbeitszeit ist von neun bis vier. Sie
werden sich Bürovorstand nennen. Ich bin ihr nächster Vorgesetzter. Sie
werden von mir weitere Aufgaben zugeteilt bekommen.«
Husebys Blick zitterte. »Sie haben vielleicht nicht gehört
…«
»Ihre Forderungen sind lächerlich«, unterbrach Erling.
»Aber es spricht für Sie, dass Sie hierherkommen und nicht woanders hingehen.
Dafür möchte ich Sie belohnen. Ich biete Ihnen deshalb hier bei Kapitalinvest
eine Stelle an. Sie werden gut bezahlt. Ihre Hauptaufgabe wird es sein, den
Lunch-Wagen meines Kollegen Terje um 11.30 Uhr zu füllen und ihn anschließend
die Rampe hinauf aufs Podest an seinen Kirschbaumholzschreibtisch zu schieben.
Aber ich garantiere Ihnen Aufgaben, die wesentlich größere Herausforderungen
darstellen werden. Wir sind bei Kapitalinvest. Norwegens erfolgreichste
Maklerfirma und kompetenteste Finanzanalytiker. Hier liegt die Zukunft.
Entweder nehmen Sie den Job oder Sie können zur Hölle fahren und von mir aus
auch dort bleiben.«
Huseby stand immer noch am selben Fleck, stumm.
»Und?«, sagte Erling.
»Wann kann ich anfangen?«, fragte Huseby.
»Sofort«, sagte Erling und lehnte sich auf seinem Stuhl
vor. »Wir, also Kapitalinvest, sind dabei, ein Seminar für wichtige Leute
unserer Branche zu arrangieren. Sie sind kreativ, Sie kommen mit diesen
lächerlichen Zetteln hierher und gehen davon aus, dass Sie mit einem Gewinn in
der Tasche durch diese Tür gehen. Das ist geglückt. Ich gratuliere.
Außerdem: Ihre Eigenschaften gefallen mir – Fantasie und Entschlusskraft.
Nun, dieses Seminar, an dem wir arbeiten, könnte Ihre erste Herausforderung
sein. Es beginnt am Montag in Trondheim. Lise, vom Empfang, wird Ihnen die
Details zu Hotelunterbringung, Programm und Bewirtung mitteilen. Kennen Sie
sich in Trondheim aus?«
»Ich bin dort geboren und aufgewachsen.«
»Sie sprechen keinen Dialekt.«
»Ich bin auch in Las Vegas und Hong Kong geboren und
aufgewachsen. Vertrauen Sie mir einfach.«
»Nun, also, dieses Seminar ist sehr wichtig für
Kapitalinvest. Dort wird sich alles versammeln, was in der Bank-und
Finanzbranche Rang und Namen hat. Die Leute bezahlen eine symbolische
Teilnahmegebühr, damit Sie sich gähnend durch trockene Vorträge schleppen
dürfen, deren Inhalt die meisten ohnehin schon vorher kennen – während sie
eigentlich im Büro sein und Geld verdienen könnten. Anschließend werden sie
gut essen und sich unterhalten, Cognac trinken, Zigarren rauchen und neue
Kontakte und Verbindungen knüpfen. Fragen Sie sich: Warum sollten wir von
Kapitalinvest für so etwas die Rechnung übernehmen?«
»Weil Ihnen der Gewinn bleibt.«
Erling nickte anerkennend und fragte: »Und was für ein
Gewinn könnte das sein?«
Huseby schnitt eine vorsichtige Grimasse. »Gute Kritiken,
Anerkennung, gute … Gefühle bei Kunden und Partnern?«
Wieder nickte Erling anerkennend. »Und hier kommen Sie ins
Bild. Ich möchte, dass Sie dieselbe Fantasie und Kreativität gebrauchen, mit
der Sie durch diese Tür gekommen sind – und sich etwas ausdenken! Ich will,
dass diese Herrschaften, die unsere Gäste sein werden, in Trondheim etwas
wirklich Gutes erleben, etwas Außergewöhnliches, etwas, das dieses Seminar
unvergesslich macht, verstehen Sie? Ich will, dass diese Kerle, die sich
sozusagen nie treffen, außer vor Gericht oder am Weihnachtsbuffet im
Theatercafé – ich will, dass sie, wenn sie sich in zwei, drei Jahren auf dem
Flur treffen, stehen bleiben, einander vergnügt zuzwinkern und sagen: ›Warst
du nicht auch in Trondheim? Auf diesem Seminar von Kapitalinvest?‹ Verstehen
Sie, worauf ich hinauswill, Huseby?«
Huseby sah Erling in die Augen. Ȇberlassen Sie das ruhig
mir«, sagte er kurz.
Als die beiden Männer wenige Minuten später bei Lise im
Vorzimmer auftauchten, sagte Erling: »Lise, das ist Ole Gunnar Huseby, Ihr und
unser neuer
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