Schwarzes Gold Roman
rutschte über den
blank gescheuerten Tisch auf Sachs’ Schoß, der es ergriff und einen Blick
auf den obersten Zettel warf. Er löste das Gummiband und blätterte den Stapel
schnell durch, dann sah er Huseby mit gesteigertem Interesse an. Doch er sagte
nichts. Er band lediglich die Unterlagen wieder zusammen, während sein Blick
weiterhin intensiv und unerbittlich auf Huseby ruhte. Die Stille, die sich
erneut in Erling Sachs’ Büro ausbreitete, war schwer und erdrückend.
Plötzlich klingelte das Telefon. Doch Erling ließ sich nicht ablenken, er sah
das Telefon nicht einmal an. Doch das tat Huseby. Er schaute erst zum Telefon,
dann zu Erling, der kühl lächelte, während der Apparat sein dunkles
piependes Klingeln von sich gab – es klang fast wie Alarm.
»Warum gehen Sie nicht dran?«, platzte Huseby nervös
heraus.
»Ich warte.«
»Worauf?«
»Darauf, dass Sie mir das erklären.«
Huseby deutete mit dem Kinn auf die Papiere. »Bedürfen die
noch einer Erklärung?«
»In höchstem Maße.«
»Das sind Kopien von Schlussnoten, die beweisen, dass Sie
als Fondsmakler bei der DnC kriminelle Handlungen vorgenommen haben.«
»Was machen diese Unterlagen jetzt auf meinem
Schreibtisch?«
»Sie leugnen also nicht?«
»Was leugne ich nicht?«
Huseby langte in seine Gesäßtasche und nahm einen Kamm
heraus. Er begann den seine Ohren umgebenden Haarkranz damit zu kämmen. Es war
eine Übersprunghandlung, die er immer ausführte, wenn er auf der Kopfhaut
schwitzte. »Ich habe bei der Handelsüberwachung gearbeitet.«
»Gekündigt?«
»Nein, nein.«
»Sie sind im Rahmen ihrer Arbeit bei der Handelsüberwachung
in den Besitz dieser Unterlagen gekommen?«
Huseby nickte.
»Aber warum kommen Sie damit zu mir?«
»Man braucht schließlich Geld.«
»Sie sind also eine Art Erpresser?«
»Eine Art?«
»Naja, vielleicht sollten wir zur Sache kommen.«
Wieder zog Huseby den Kamm aus der Tasche, kämmte sich.
»Eine Provision«, murmelte er. »Ich dachte so an zehn Prozent.«
»Zehn Prozent wovon?«
»Vom Gewinn, mit dem Sie und Plesner sich aus dem Staub
gemacht haben.«
Erling begann zu lachen.
Huseby lächelte ebenfalls und steckte den Kamm wieder
ein.
Erling verschloss die Lippen.
Huseby fiel auf, dass das Telefon nicht mehr läutete. Wieder
herrschte Stille im Raum. Schließlich war Erling derjenige, der sie brach.
»Warum zu diesem Zeitpunkt?«
»Er ist genauso gut oder schlecht wie jeder andere.«
Erling legte den Kopf schräg. Husebys Blick flackerte. »Das
ist fünf Jahre her«, sagte Erling. »Etwas sagt mir, dass der Zeitpunkt nicht
willkürlich gewählt ist.«
Huseby antwortete nicht.
»Sie werden nichts bekommen.«
Huseby schluckte. »Dann gehe ich an die Presse.«
»Tun Sie das.«
Huseby erhob sich. Seine Finger zitterten. Er riss die
Unterlagen an sich und stopfte sie in die Jackentasche. Erling betrachtete ihn
mit einem leisen Lächeln. Huseby machte auf dem Absatz kehrt und ging zur
Tür.
»Warten Sie.«
Huseby erstarrte und wandte sich langsam um.
»Etwas sagt mir, dass der Zeitpunkt nicht willkürlich
gewählt ist«, wiederholte Erling. »Etwas sagt mir, dass Sie selbst unter
Druck stehen.«
»Meine Mutter ist krank. Sie …«
»Schluss«, sagte Erling und hob abwehrend die Hand.
»Schweigen Sie.«
Huseby schwieg.
»In Anbetracht der Tatsache, dass Sie hierherkommen und mich
erpressen wollen, gehe ich davon aus, dass Sie diese Papiere niemand anderem
gezeigt haben. Habe ich recht?«
»Selbstverständlich.«
»Hervorragend«, sagte Erling lächelnd.
Huseby erwiderte das Lächeln hohl. An einem der
Schneidezähne zeigte sich eine bläuliche Krone.
»Kennen Sie das Büro meines Freundes Plesner?«, fragte
Erling.
Huseby schüttelte den Kopf.
»Es ist diesem recht ähnlich. Abgesehen davon, dass er am
Fenster zum Hafen ein Podest hat bauen lassen. Auf diesem Podest steht sein
Schreibtisch – ein Stück original englische Handwerkskunst aus
Kirschbaumholz. Zwischen Podest und Boden verläuft eine Schräge, die
ungefähr einen halben Meter breit ist. Auf dieser Rampe liegen Schienen – so
welche, wie sie auf der Treppe der Haltestelle am Nationaltheater für
Rollstuhlfahrer verlegt sind. Was glauben Sie, warum hat er diese Rampe mit
Schienen angefertigt?«
»Ich verstehe nicht, wovon Sie reden oder worauf Sie
hinauswollen.«
»Stellen Sie sich das doch einfach mal vor. Ein Büro. Ein
Podest mit einem Schreibtisch und einer Rampe
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