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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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Lampenschirmen, in denen zahlreiche tote Insekten klebten, schwirrten die
Fliegen.
    Anders betrachtete die drei Penner, die jeder an einem
eigenen Tisch saßen. Einer der Brüder holte eine Flasche Aqua Velva
Rasierwasser heraus und kippte es in den Kaffee, der eine leicht grünliche
Färbung bekam. Ein Übelkeit erregender Geruch breitete sich im Raum aus.
    Anders nippte an seiner mit saurem Kaffee gefüllten Tasse
und überlegte, was nun zu tun war. Entschlossen stand er auf und ging zum
Telefon, das in der Ecke hing.
    Er rief bei SASA International an. Es klingelte drei Mal.
    »Ja, hallo. Ist Høydal da?«
    »Mit wem spreche ich?«
    »Anders Lindeman, ich bin Journ…«
    Weiter kam er nicht. Høydal hatte aufgelegt.
    Er setzte sich wieder zu seinem Kaffee. Er war in eine
Sackgasse geraten. Was tat man in einer solchen Lage? Er dachte an Renate. Er
dachte an die Typen, die bei dem Treffen mit Renate dabei gewesen waren. Leute,
die Dialekt sprachen, datt und watt sagten und über das proletarische
Fundament der neuen Punkbewegung diskutierten. Diese Typen fanden die Sex
Pistols oder The Stranglers nicht gut, weil ihre Musik klasse war – sie
hörten sie sich an, weil sie irgendwo gelesen hatten, dass die Musik
rebellisch sei. Diese schwache Haltung war für Anders Grund genug, diese Musik
nicht zu mögen.
    Anders dachte an Erling Sachs. Er dachte an die
Erinnerungsmünze, die er nicht mehr besaß. Er dachte an Bette Line Sachs und
schwenkte den Kaffee in seiner Tasse.
    In der Nähe von Skaugum stieg er aus dem Bus und begann zu
suchen. Schließlich fand er die Straße mit den Einfamilienhäusern und folgte
ihr. Das milde Wetter verwandelte die Schneekronen auf den Zaunpfählen zu
kleinen Törtchen. Die Bäume streckten ihre Äste nackt in den Himmel. Er
schlenderte an einem Maschendrahtzaun entlang, als ein Kind mit einem Bob ihn
ansprach. Das Mädchen war vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Sie sagte:
»Die Straße ist geschlossen.«
    Im selben Augenblick vernahm er eine bekannte Stimme.
    »Ulrikke? Komm her, Ulrikke.«
    Die Mutter des Kindes hatte ihr blondes Haar zu einem
Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trug einen grünen Poncho und hellbraune
Stiefeletten. Bette Line hätte für eine Comic-Serie Modell stehen können:
lange, muskulöse Beine, schlanke Taille, große Brüste und klare Linien in
einem bildschönen Gesicht.
    »Hallo!«
    »Anders, na sowas!«
    Bette Line Sachs lächelte. Sie sah ihn prüfend an und nahm
den Kopf zurück – beeindruckt:
    »Du bist erwachsen geworden, und so gutaussehend.« Anders
musste den Blick senken, dennoch registrierte er das Lächeln, das ihre Lippen
umspielte.
    »Na, los«, sagte sie. »Komm doch rein, Erling und ich
wollten gerade ein Glas Sherry trinken.«
    Das Haus unterschied sich deutlich von den anderen
Holzhäusern und den aufgemotzten Villen im Schweizer Stil in der Straße. Das
Haus, das hinter den Obstbäumen thronte, war zweistöckig und aus rotem
Backstein mit runden weißen Fenstern gebaut. Das Dach lief in einem fast
orientalischen Schwung aus und war mit schwarz glasierten Dachziegeln
verschindelt. Aus den Fenstern leuchtete es hell. Anders musste an das
Knusperhaus im Wald denken, als er durch die Tür trat. Aus der Anlage drang
leise Musik. Eine Melodie im James-Last-Stil, in der mit Streichern und
Hammondorgel ein an und für sich schönes Lied von John Lennon vergewaltigt
wurde. In der Luft hing der saure Geruch von Tabak. Da saß Erling in einem
Norwegerpulli, die Füße auf einem Fußschemel, im Mundwinkel eine
merkwürdige Krummpfeife. Der Qualm war wirklich sauer. Der ganze Raum roch
nach verbrannten Autoreifen. Anders hielt die Luft an.
    Erling paffte und paffte an seiner Pfeife. »Na, Anders, wie
geht’s deinen Eltern?«
    Anders absolvierte die ganze Leier, wie ein Konfirmand bei
der Prüfung: Erzählte von Mutter, Vater, von der Schule, von dem geplanten
Artikel (er log und sagte, es handle sich um eine umfangreiche Arbeit in
Gesellschaftskunde). Und er erzählte von Høydal, der einfach den Hörer
aufgelegt hatte.
    »Lieber Anders« – paff, paff, – »ich beschäftige mich
mit der Börse. Ich habe kein Interesse an Kommanditgesellschaften.« Paff,
paff. »
That’s not my cup of tea,
wie der Engländer sagt.«
    Anders wartete einfach ab.
    Paff, stink, stink, paff. Das James-Last-Orchester fing jetzt
an,
You’ve Got a Friend
von Carol King zu malträtieren. Endlich
legte Erling die

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