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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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ist denn in dich gefahren, reg
dich ab!«
    »Verdammte Scheißpflanze, verdammte Scheißfamilie, haltet
doch alle die Klappe.«
    Auf dem Weg nach draußen trat Anders noch gegen die Tür. Er
konnte an dieser Situation nichts Komisches finden. Auch er hatte am Samstag
noch mit der Sprühflasche die Blätter der Sukkulente geduscht. Aber ihm war
es peinlich, dass er einen so schlechten Blick gehabt hatte, peinlich, dass er
sich jahrelang wie ein Idiot benommen hatte. Ein Mann hatte auf einer Messe die
Dekoration abgebaut und kichernd gesagt, dass dieses Ding kein Wasser
bräuchte, der Vater hatte ihn beim Wort genommen, und die ganze Familie war
seinem Schildbürgerstreich aufgesessen.
    Doch was Anders am meisten aufregte, war, dass diese Pflanze
ein völlig willkürlicher Gegenstand war, entnommen aus einer Serie anderer
zufälliger Ereignisse. Die Geschichte konnte demnach nicht als eine isolierte
lustige Familienepisode gesehen werden. Die Geschichte der Pflanze war ein
zufälliges Ereignis in einer ganzen Kette anderer Ereignisse. Kraft ihrer
bloßen Existenz war die Pflanze der Beweis für die Unwissenheit, den Verfall
und die Idiotie dieser Familie.

18
    Im Mai 1981 wurde Anders neunzehn und beendete nach zwölf
Jahren seine Schullaufbahn. Vor den Prüfungen merkte er, dass er nur wenig von
dem wusste, was in den Lehrbüchern stand. Darum klemmte er sich seine Bücher
unter den Arm und zog sich nach Bakketeig zurück. In seinem Rucksack hatte er
eine Flasche Schnaps, die er auf der Dänemarkfähre gekauft hatte, als die
Klasse das Jahresende mit einer Reise nach Kopenhagen beging. Und im Rucksack
blieb die Flasche auch bis zum Tag vor seiner Rückkehr nach Hause.
    Es war ein milder Tag. Der Schnee war überall
weggeschmolzen, nur zwischen den Fichtenstämmen im nach Osten liegenden
Schatten lagen noch Reste. Anders schlenderte den alten Karrenpfad zu Martin
hinunter, der gemütlich an der Sonnenwand seiner heruntergekommenen und ein
wenig windschiefen Scheune saß. Der schmale Weg war von Holzzäunen gesäumt,
und Anders schlurfte in der Mitte zwischen den Traktorspuren durch das Gras vom
Vorjahr. Er wusste, dass er bereits entdeckt worden war, als er um die Kurve
oben bei der Landstraße kam. In blauen Arbeitshosen und einem rot-karierten
Flanellhemd mit abgeschnittenen Ärmeln saß Martin in der Sonne. Sein Haar war
inzwischen ganz weiß geworden, und auch die Bartstoppeln zwischen den tiefen
Runzeln waren weiß.
    Als Anders ihn erreichte, grüßte er zurückhaltend, setzte
sich auf ein rostiges Dieselfass, schaute über das Wasser oder hinauf in die
Sonne, und sie sprachen über Gott und die Welt. »Heute ist es ja wirklich
schön, du brutzelst nicht schlecht hier in der Sonne, was?«
    »Ja, schön warm. Wie sieht’s oben in Bakketeig aus? Und
wie steht’s mit deinen Eltern?«
    Anders schloss die Augen und atmete den Duft von trockenem
Heu, Harz, frischer Erde, Diesel und einer süßen Spur Tabakrauchs ein. Er
zündete sich auch eine Teddy an, lehnte sich an die Scheunenwand und ließ
sich die Sonne aufs Gesicht brennen, während die Schwalben wie kleine
Düsenjäger ins Dachgebälk hinein und wieder herausschossen, er sprach
darüber: »Dass die Schwalben schon da sind …, die kommen doch immer als
Letzte im Frühling. Ich glaube, es wird auch in diesem Jahr wieder
Sommer.«
    »Kannst du mal mit anfassen, Anders?«
    Martin erhob sich, seine ölverschmierten Hände griffen nach
dem Schraubenschlüssel. Er setzte die Arbeit fort, von der er sich in der
Sonne ausgeruht hatte: Er reparierte den alten Ferguson TE20, der ein Leck in
der Ölleitung hatte.
    Anders kniete sich hin und drückte dagegen, sodass Martin
den Hydraulikschlauch wieder anbringen konnte. Er änderte seinen Griff und
hielt fest, während Martins schwarze Finger die Mutter festzogen.
    »So, jetzt sitzt sie wieder.«
    Seite an Seite betrachteten sie den Traktor.
    »Gut, dass du gekommen bist, manchmal wünscht man sich doch
mehr als zwei Hände«, sagte Martin und erklomm den Metallsitz, der mit alten
Stofffetzen gepolstert war. Er ließ den Trecker an und drückte den Hebel für
die Schaufel nach unten. Sie warfen sich einen kurzen Blick zu, dann zog er den
Hebel zu sich heran, und die Gabel hob sich. Wieder sahen sie sich an, und
Martin grinste. »Fast dreißig Jahre alt, und es gibt keinen besseren
Traktor.« Er bewegte die hintere Gabel, hinunter, hinauf.
    Anders behielt den Schlauch im

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