Schwarzes Gold und rote Locken
Decke bis ans Kinn. „Ist alles in Ordnung?"
Nein, nichts war in Ordnung. Wie auch, nachdem sie sich so hatte gehenlassen?
Daran mussten die Tabletten und die Erschöpfung schuld sein.
„Ich bin okay", log sie. „Ehrlich." Sie atmete tief durch. „Es war ein langer Tag, Cade. Ich glaube, es ist Zeit, dass du gehst."
„Ja." Er stand auf. „Ich finde allerdings, du solltest nicht allein bleiben. Hast du etwas dagegen, wenn ich Emily anrufe? Sie wird dir bestimmt gern ein paar Tage Gesellschaft leisten."
Angelica zögerte. Was gerade passiert war, bewies, dass der Stress und die Schmerzen ihr mehr zusetzten, als sie vermutet hatte. „Wahrscheinlich hast du recht.
Ihre Nummer steht auf einem Zettel neben dem Telefon in der Küche."
Hastig verließ Cade das Zimmer. Draußen atmete er tief durch und schalt sich einen unverbesserlichen Narren. Er musste Dallas so schnell wie möglich den Rücken kehren.
Die Ereignisse der letzten Minuten hatten ihm gezeigt, dass er die Grenze seiner Belastbarkeit erreicht hatte und für nichts mehr garantieren konnte.
Er wählte Emilys Nummer. Während er dem Freizeichen lauschte, versuchte er, sich auf die Frau zu konzentrieren, die in Dumai auf ihn wartete. Er durfte nicht länger an Angelica denken. Wie hieß die Araberin? Wie sah sie aus? Es ärgerte ihn, dass er sich nicht erinnern konnte.
Das Gespräch mit Emily verlief nicht so, wie Cade es sich erhofft hatte. Die sonst so muntere Sekretärin klang total heiser. Es stellte sich heraus, dass sie an einer fiebrigen Erkältung litt und das Bett hüten musste.
Nachdem er ihr gute Besserung gewünscht hatte, legte Cade seufzend auf. Was nun?
Er konnte Angelica nicht einfach dort oben liegen lassen und ins Hotel fahren. Sie brauchte Pflege.
Er würde eine Privatschwester für sie engagieren. Allerdings musste er damit bis morgen warten, denn um diese Zeit waren die einschlägigen Agenturen bereits geschlossen.
Vielleicht hatte sie Freunde, die sich um sie kümmern konnten. Eine Frau? Ein Mann? Gab es einen Mann in ihrem Leben?
Cade presste die Lippen zusammen. Angelicas Privatleben ging ihn nichts an - aber warum machte ihn dann die Vorstellung, sie könnte einen Freund haben, so wütend?
Weil ich müde und hungrig bin, dachte Cade. Nun, zumindest für dieses Problem gab es eine Lösung.
Er öffnete die Kühlschrank und schaute hinein. Darin befanden sich ein Päckchen mit undefinierbarem Inhalt, ein Brotkanten, der auf dem besten Weg war, sich in Stein zu verwandeln, und ein paar Becher Joghurt. Bei einer Inspektion der Schränke entdeckte er lediglich, dass er ernste Schwierigkeiten bekommen würde, wenn er sich einen Kaffee, Tee oder Kakao kochen wollte.
Entnervt kehrte Cade in das kleine Schlafzimmer zurück. „Angelica", begann er - und verstummte.
Sie war eingeschlafen und wirkte herzzerreißend schutzlos.
Resigniert setzte er sich in den alten Schaukelstuhl neben dem Bett und lehnte den Kopf zurück. Was jetzt? überlegte er.
Das war eine gute Frage, doch leider hatte er keine Antwort darauf.
Cade schloss die Augen. Sekunden später war auch er eingeschlafen.
Als Angelica erwachte, schien die Morgensonne strahlend hell durchs Fenster.
Schützend legte sie den Arm über die Augen und stöhnte auf. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihre Hand. Benommen richtete sie sich auf.
Der Anblick, der sich ihr bot, ließ sie vernehmlich nach Luft schnappen.
Cade schlief tief und fest in dem alten Schaukelstuhl neben ihrem Bett. Er hatte die Beine ausgestreckt und den Kopf in einem Winkel zurückgelehnt, der äußerst unbequem sein musste. Jeder andere Mann hätte in dem viel zu kleinen Stuhl lächerlich ausgesehen, Cade hingegen wirkte noch maskuliner als sonst.
Instinktiv zog Angelica das Laken bis zum Kinn. Was tat Cade hier? Sie erinnerte sich nur sehr vage an die vergangene Nacht. Diese vermaledeiten Pillen!
Bruchstückhafte Szenen kamen ihr in den Sinn: der Flug von Notrees, die Fahrt nach Hause, Cade, der sie die Treppe hinauftrug, sie auszog_
Angelica errötete. Es war eine peinliche Situation gewesen, aber nicht demütigend.
Cade war so vorsichtig, so unpersönlich gewesen, als er ihr die Kleidung abgestreift hatte, und mehr Einfühlungsvermögen bewiesen, als sie ihm je zugetraut hätte.
Aber es gab auch andere, viel beunruhigendere Bilder: Cade, der sie ins Bett brachte.
Cade, der sie in die Arme nahm und küsste. Cades Hände, die über ihren Körper glitten und ein Feuer in ihr entfachten,
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