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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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Wassertropfen kämpften.
    Wenn sie Glück hatten und grausam waren, überlebten sie und nahmen ihren Platz unter den Plünderern des Eisenlords ein. Wenn nicht, gesellten sie sich im Bauch eines Ghaole zu Wurm.
    Kelland fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er selbst Futter für die Ghaole würde. Manchmal fiel ihm die Vorstellung schwer, dass es jemals mehr in seinem Leben gegeben hatte als das hier.
    Doch es hatte einmal mehr gegeben. Er erinnerte sich an Kämpfe in einem winterlichen Wald, das bloße Schwert in der Hand und die Macht seiner Göttin leuchtend wie Sonnenfeuer in seiner Seele. Er erinnerte sich an die Dornendame und an ihr Rudel totäugiger Ghaole und an die Berührung ihrer Magie, die sich wie Rost durch das Eisen seiner Entschlossenheit gefressen hatte. Er erinnerte sich an den Moment des Zweifels, der ihn zerbrochen hatte – und jetzt, während er eingekerkert in der Feste seiner Feinde lag, umgeben vom Gestank nach Schweiß, Blut und Kot, verzehrte ihn dieser Zweifel.
    Hier besaß er keine Magie. Seine Zelle war in die Eingeweide der Erde gemeißelt, im Stein versenkt und verbarrikadiert durch Eisen, sodass die Sonne ihn nicht erreichen konnte. Ohne Sonnenlicht war er machtlos. Kelland brauchte die Sonne ebenso zwingend, wie die Dornen Schmerz brauchten; das eine war die Manifestation seiner Göttin, das andere die Manifestation ihrer Göttin, und ohne die Berührung des Göttlichen war er nichts als Fleisch, Blut und Atem. Nur sterblich.
    Der Tod war nie weit entfernt. Das Fieber holte sich seinen Anteil an Seelen; eiternde Wunden und Misshandlung forderten andere. Einige Gefangene verloren einfach ihren Lebenswillen und wurden zu hohläugigen Phantomen, die stumm dasaßen, bis ihre Leiber ihrem Geist über die Letzte Brücke folgten. Der Gegenwart seiner Göttin beraubt, kalt und ohne Freund in der Dunkelheit, spürte Kelland manchmal, wie er auf diese letzte, absolute Verzweiflung zuglitt.
    Es war die Erinnerung an Bitharn, die ihn vom Abgrund bewahrte. Er dachte bloß in blitzartigen Fragmenten an sie, als warne ihn irgendein Instinkt, dass es zu schmerzhaft wäre, sich zur Gänze an sie zu erinnern. Wenn er zu lange bei dem verweilte, was er verloren hatte, würde es ihn zerbrechen.
    Stattdessen gestattete er sich Augenblicke der Erinnerung: die Sonne, die sich golden in ihrem Haar fing; die Wärme ihrer Hand auf seinem Arm bei einer schnellen Berührung; die Silhouette Bitharns, wenn sie am Feuer Wache hielt, unermüdlich und wachsam. Ihr Mut und ihre Klugheit und die Intensität, die ihre Augen – manchmal grau, manchmal haselnussbraun mit grüngoldenen Einsprengseln, je nach den Lichtverhältnissen – in dem Bruchteil eines Herzschlags zwischen dem Moment schärfte, da sie einen Pfeil zurückzog, und dem, da sie ihn fliegen ließ. Sie hatte dieselbe Intensität, ob sie nun auf eine mit Stroh gefüllte Puppe schoss oder auf ein angreifendes Wildschwein. Und manchmal auch dann, wenn sie ihn ansah. Wenn sie ihn küsste.
    Dieser Gedanke war so gefährlich wie glühende Kohlen, und die Wahrscheinlichkeit, dass er zu brennen begann, ebenso groß. Kelland riss sich immer wieder davon los und kehrte immer wieder zu ihm zurück, außerstande, das Geschenk und die Bürde der Wahrheit loszulassen.
    Bitharn hatte ihn geliebt. Sie hatte es nie ausgesprochen, aber er hatte es trotzdem gewusst. Ein Blinder hätte es gesehen. Und er hatte sie seinerseits geliebt – sie geliebt und sie begehrt, trotz seines Keuschheitsgelübdes als Gesegneter.
    Er hatte sie nie berührt, aber er hatte es gewollt … Und dieses Wollen war sein Untergang gewesen. Ein Fehler, die Wahrheit in seiner eigenen Seele nicht zu sehen. Begehren hatte seinen Willen geschwächt und den Glauben untergraben, der die Quelle seiner Macht war. Die Dornenlady hatte es noch vor Kelland erkannt. Ohne Glauben hatte er keine Magie; ohne Glauben war er schutzlos gegen die Dornen. Außerstande, zwischen seiner Dame und seiner Göttin zu wählen, verlor er beide.
    Er wusste nicht, was Bitharn nach seiner Gefangennahme zug estoßen war. Vielleicht hatte man sie ebenfalls gefangen g enommen; vielleicht war ihr nichts weiter zugestoßen, was Kelland hoffte. Er wusste es nicht. Aber der Gedanke daran, sie könne in Ang’arta in der Falle sitzen, war trostloser als die Abwesenheit des Sonnenlichts, und so schob er den Gedanken an sie von sich. Stattdessen schlief er, suchte Zuflucht in der Traumlosigkeit vor dem Albtraum, der ihn erwartete,

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