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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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nahm Kampfhaltung ein und überlegte, ob dieses Lächeln raubtierhaft war. »Sie sind gekommen, weil sie Zuflucht suchten und helfen wollten. Sie haben es getan, eine Zeit lang … Aber die Last wurde zu schwer für sie, und sie mussten sie niederlegen. Selbst die Getreuen. Es waren einige dabei … es waren einige dabei, die nicht gläubig waren. Ungeheuer. Ungeheuer, ja … Aber Ungeheuer kann man jagen oder in Schach halten. Man kann sie kontrollieren.« Er hob den Blick seiner schwarzen Augen zu Asharre empor. »Nicht wahr?«
    »Noch besser«, erwiderte sie, starrte den Mann an und sandte Evenna die stumme Botschaft, sie möge den Befehl in ihren Worten hören. »Man kann sie erschlagen.«
    »Nein«, sagte die Erleuchtete langsam und sanft, als kämpfe sie sich aus einem bösen Traum heraus. »Nein, das ist nicht richtig.«
    »Tötet ihn«, knurrte Asharre.
    »Nein. Das ist … das ist es, was er will: Er will, dass sterbliche Hände ihm das Schwert geben. ›Hoffnung war Köder der Falle.‹ Oh, Strahlende, allerdings. Allerdings. Und wir wären fast darauf hereingefallen.« Das Klappern von Metall auf Stein erklang, als Evenna die Klinge von sich warf.
    »Seit Ihr wahnsinnig?«, fragte Asharre scharf. »Tötet ihn!«
    »Nicht wahnsinnig«, flüsterte Gethel. »Aber enttäuschend, ja. Enttäuschend. Ich hatte gehofft … ihr würdet vielleicht helfen. Ihr habt Magie. Ich kann sie spüren. Ich kann sie schmecken. Aber es scheint, dass Ihr … besudelt seid. Ich kann auch das schmecken.« Er machte kleine Bewegungen mit den Händen. Evenna schrie auf, brach zusammen und schlug mit dem Kopf gegen eine gewölbte Mauer aus Knochen. Die Zeichen auf ihrer Stirn waren wieder aufgetaucht und rauchten. Asharre stürzte auf den alten Mann zu, und ihr Caractan fuhr kreischend durch die Luft.
    Sie war nicht schnell genug. Er wiederholte die Geste und trat mit einer Schnelligkeit, die sie nicht für möglich gehalten hätte, um eine niedrige Mauer herum. Schmerz spaltete Asharres Kopf wie ein roter Blitz. Sie hörte sich aufschreien, hörte ihren Caractan klappernd zu Boden fallen, hörte, wie sie neben ihn fiel.
    Die Runen, die sie sich auf die Stirn gemalt hatte, waren glühend heiß. Ein entsetzlicher Schmerz bohrte sich in ihren Schädel, heißer als das Eisen eines Folterknechts. Warum? Sie sollten uns beschützen, fragte sie sich, bevor eine neue Welle des Schmerzes alles aus ihrem Geist vertrieb, was auch nur annähernd an einen Gedanken erinnerte.
    Allmählich verebbte die Qual. Tränen tropften ihr von den Wangen. Sie klammerte sich schwächlich an den glühend heißen Stein des Bodens.
    Schritte kamen näher und hielten vor ihrer Nase inne. Es kostete sie ungeheure Anstrengung, die Augen nach oben zu richten und Gethels leerem schwarzem Blick zu begegnen.
    »Es war einen Versuch wert«, flüsterte er und ließ sich neben ihr auf die Knie nieder. Sanft griff er nach ihrer Hand. Sie konnte keinen Widerstand leisten. Sie konnte nur mit großen Augen zusehen, wie er die schmutzverkrusteten Verbände abwickelte und die aufgeplatzten Blasen freilegte, vier über vier, die schwarze Flüssigkeit vergossen. Die Flüssigkeit verwandelte sich in Rauch, als sie über die Handfläche tropfte. »Mutig, ja. Mutig. Aber seine Berührung ist in Euch. Und Ungeheuer müssen beherrscht werden.«

20
    Der letzte Maelgloth bettete das Kinn auf den Rand der Grube und starb. Ein letztes Beben erschütterte seinen unbehaarten Leib. War es Qual, fragte Kelland sich, oder Erleichterung? Die Maelgloth wollten sterben – hatten um den Tod gebettelt, sobald Malentir genug von ihrem Verstand wiederhergestellt hatte, dass sie begriffen, zu welchen Monstern sie geworden waren –, aber sie hatten dem Dorn ihren Tribut an Schmerz geleistet, bevor sie die Letzte Brücke überqueren durften.
    Er hatte sie gezwungen, ihre Leiber zu einer Leiter zu verbiegen und Arme und Beine um die Leichen ihrer Gefährten zu schlingen, um für ihn einen Weg hinaus aus der Grube zu bauen. Wo ihre Glieder zu unbequem hervorstanden, schlug der Dornenlord sie ab und fädelte sie neu in das groteske Gerüst ein. Die Maelgloth ertrugen auch das reglos, obwohl einige der Gier erlagen, an den entblößten Knochen zu kauen – an den Knochen der anderen wie an den eigenen.
    Kelland hatte so wenig wie möglich hingesehen. Er hätte den Maelgloth lieber ein schnelles, barmherziges Ende bereitet. Sie waren Ungeheuer, aber nicht aus freien Stücken, und sie verdienten das Leid

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